| # taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Sand raus aus den Städten! | |
| > Kommt der Sommer, kommt der Spielplatz, kommt der Sand – in mein Bett. | |
| > Viel besser wäre Rasen. Den nimmt man nicht mit nach Hause. | |
| Bild: Steht auf Sand, kommt aber nicht ins Bett: ein Kamel | |
| Der Frühling ist da! Er tut sogar so als wäre er der Sommer. Alle sind | |
| glücklich, flanieren, grüßen sich, trinken abends draußen noch was. Es | |
| könnte alles so schön sein, wäre da nur nicht die Geißel der Menschheit: | |
| Sand. | |
| Ich hasse Sand. Und seit ich Kinder habe, ist dieser Hass noch größer | |
| geworden. Viel größer. Sand ist die Spielplatzuntergrund gewordene Pest. | |
| Ja, Winter mit Kindern ist auch scheiße, weil: kalt, nass, ständig | |
| anplünnen, ausplünnen. Alles dauert für immer. Aber: Immerhin geht man in | |
| der Zeit wenig bis gar nicht auf den Spielplatz, bleibt also von diesem | |
| Sandmist verschont. | |
| In jede Ecke kriechen diese krümeligen Ministeine – und man kann als Eltern | |
| nichts dagegen tun. Selbst wenn man die Schuhe der Kinder (in denen sich | |
| ungefähr drei bis vier Kilo Sand verstecken) und auch die Hose (ca. zwei | |
| Kilo Sand), das T-Shirt (500 Gramm), alles schon vor der Wohnungstür | |
| auszieht, irgendwo versteckt sich immer noch ein bisschen Sand – und der | |
| landet dann bei mir im Bett. Mit Sicherheit. | |
| ## Danke für nichts! | |
| Und das merke ich dann erst, wenn ich mich abends schon hingelegt habe und | |
| dann muss ich aufstehen und die Matratze entsanden und das ist gar nicht so | |
| einfach, denn diese kleinen Körner springen beim Drüberwischen einfach kurz | |
| hoch und landen an anderer Stelle wieder auf dem Laken, meine Freundin ist | |
| genervt, ich bin genervt, Streit, Umzug mit Decke und Kissen ins | |
| Arbeitszimmer. Danke für nichts, Sand! | |
| Dabei geht es auch anders. Ich bin am Meer aufgewachsen. Ich habe ganze | |
| Sommerferien am Wasser verbracht (wir hatten ja nichts und konnten deshalb | |
| auch nicht in den Urlaub fahren). In Husum fährt man dafür zum Dockkoog. | |
| Schönes von Menschenhand dem Meer abgetrotztes Land. | |
| Hinradeln, Badehose an, ins kalte Nordseewasser, wieder raus, unter die | |
| Dusche stellen, Schlick und Salz abbrausen und dann – betritt man Rasen. | |
| Schönen Rasen. Auf dem kann man Fußball spielen und sich auf ein Handtuch | |
| legen, das nicht voller Sand ist. Rasen klebt auch nicht an der Haut oder | |
| bohrt sich in die Ohren oder die Nase. Und man kann auch barfuß darauf | |
| laufen. | |
| ## Ich? Nö! | |
| Rasen ist also wie Sand. Nur viel besser. Ist auch beim Tennis so. Oder | |
| warum ist Wimbledon das geilste der Grand Slams? Viel besser als die French | |
| Open? | |
| Das Problem: Meine Töchter lieben alle Spielplätze. Und was sollen wir | |
| sonst machen nach der Kita? Auf ’nem Parkplatz spielen? | |
| Ich weiß also, dass mir wieder ein Sommer voller Sand bevor steht. Und wenn | |
| ich nur daran denke, krieg ich dieses Kurz-nach-dem-Friseurbesuch-Gefühl, | |
| wenn einen überall Haare pieksen und man nichts anderes will als zu | |
| duschen. | |
| Ich habe übrigens viel darüber nachgedacht, ob das Problem mit dem Sand | |
| nicht bei mir zu suchen ist …? Ist es nicht. | |
| 19 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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