| # taz.de -- Kommentar Hausräumung im Wedding: Bewohner sind Kollateralschaden | |
| > Wenn der Bezirk Mitte sich um die Gesundheit der BewohnerInnen des | |
| > geräumten Hauses sorgt, warum kümmert er sich nicht um ihren Verbleib? | |
| Bild: Polizisten bereiten die Räumung des Hauses Kameruner/Ecke Lüderitzstra�… | |
| Schön, dass es ab 1. Mai ein Gesetz gibt, mit dem die Politik endlich eine | |
| Handhabe gegen Hausbesitzer bekommt, die ihre Immobilie aus spekulativen | |
| Gründen leer stehen lassen. Und das am Montag geräumte Haus im Wedding ist | |
| auch ein gutes Beispiel dafür, dass Überbelegung und gezielte Verwahrlosung | |
| in der Tat eine Form von „Zweckentfremdung“ sind. | |
| Eigentum verpflichtet, heißt es so schön im Grundgesetz. Wer diesem | |
| Grundsatz zuwiderhandelt und Schrottimmobilien zu Wucherpreisen vermietet, | |
| sollte mindestens mit temporärer Enteignung und treuhänderischer Verwaltung | |
| seines Besitzes rechnen müssen – das ist Wohnungspolitik ganz im Sinne der | |
| betroffenen MieterInnen. | |
| Andererseits macht es sich der Bezirk Mitte jetzt aber auch ein bisschen | |
| einfach. Denn er hat sich, um ein Exempel zu statuieren, ein Haus | |
| ausgesucht, in dem sich gar keine MieterInnen befinden – sondern | |
| BewohnerInnen, die nie offizielle Mietverträge hatten. | |
| Die wurden weder vorher über die Räumung informiert, noch scheint sich | |
| jetzt jemand dafür zu interessieren, was aus ihnen wird. Erst lässt man sie | |
| jahrelang mit ihrem Problem allein, obwohl bekannt ist, in welch schlechtem | |
| Zustand das Haus ist und dass sie Wucherpreise für einzelne Zimmer zahlen | |
| mussten. Dann setzt man dem skandalösen Treiben endlich ein Ende – und die | |
| BewohnerInnen enden quasi als „Kollateralschaden“ auf der Straße. | |
| Denn kurzfristig werden sie zwar vom Sozialamt untergebracht, | |
| längerfristige Ansprüche aber werden die meisten als EU-Bürger aber kaum | |
| bei hiesigen Ämtern durchsetzen können – auch wenn diese Rechtspraxis bei | |
| ExpertInnen umstritten ist. Der Bezirksbürgermeister hat es direkt nach der | |
| Räumung gesagt: Gegebenenfalls müssten die früheren BewohnerInnen eben in | |
| ihre Heimatländer zurückkehren, wenn sie keine neue Wohnung finden. Eine | |
| Politik im Sinne der BewohnerInnen ist das wohl eher nicht. | |
| 17 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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