# taz.de -- Belästigungsvorwürfe beim WDR: Ist ein Aktenvermerk genug? | |
> Nach Vorwürfen wegen sexueller Belästigung wird ein WDR-Korrespondent | |
> beurlaubt. Das bisherige Vorgehen des Senders stößt auf Kritik. | |
Bild: Dunkle Wolken über dem WDR: Wie umgehen mit den Vorwürfen sexueller Bel… | |
BERLIN taz | Seit vergangener Woche steht der Westdeutsche Rundfunk (WDR) | |
in der Kritik. Ein Fernsehkorrespondent habe in den vergangenen 20 Jahren | |
mehrfach junge Frauen sexuell belästigt, wie der [1][Stern gemeinsam mit | |
dem Recherchezentrum Correctiv] vergangene Woche als erste berichteten. In | |
der Debatte geht es nicht nur um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, | |
sondern auch um die Frage, wie der WDR mit den Vorwürfen umgeht. Reicht ein | |
Eintrag in der Personalakte als Sanktion? | |
Am Wochenende hat nun WDR-Intendant Tom Buhrow den Korrespondenten mit | |
sofortiger Wirkung beurlaubt, wie die Bild-Zeitung am Sonntag aus | |
Senderkreisen berichtete. Demnach hätten sich in den letzten Tagen weitere | |
Betroffene beim Sender gemeldet. Der WDR bestätigte die Beurlaubung. | |
Der Artikel von Correctiv und Stern berichtet von insgesamt drei | |
betroffenen Frauen. So soll besagter Korrespondent etwa eine ehemalige | |
Praktikantin 2012 auf einer Dienstreise belästigt haben. Die damals | |
22-Jährige sagt, er habe sie auf sein Hotelzimmer eingeladen, ihr | |
Champagner eingeschenkt und ihr einen Porno auf dem Laptop gezeigt. Im | |
zweiten Fall geht es um eine feste Mitarbeiterin des WDR. Sie habe von dem | |
Korrespondenten mehrere E-Mails erhalten, in denen er ihr sexuelle Avancen | |
machte. Er habe unter anderem geschrieben: „Ich kriege (boah, ist das | |
arrogant) immer, was ich will.“ Correctiv und Stern erwähnen außerdem eine | |
dritte bekannte WDR-Journalistin, die ebenfalls Vorwürfe erhoben haben | |
soll. | |
Der Bild-Zeitung zufolge waren erste Vorwürfe dem Sender bereits seit 1991 | |
bekannt. Damals habe es womöglich auch einen Eintrag in die Personalakte | |
gegeben, der jedoch auf Intervention des Korrespondenten einige Jahre | |
später gelöscht worden sei. | |
## Gremien müssen gestärkt werden | |
Seit 2015 gibt es bei dem Sender ein sogenanntes Interventionsteam | |
bestehend unter anderem aus Vertreter*innen des Personalrats, Betriebsrat, | |
dem Justiziariat – auch WDR-Chefredakteurin Sonja Mikich ist Mitglied | |
dieses Gremiums. Dieses führte Anfang 2017 eine interne Untersuchung | |
mehrerer Fälle durch. Am Ende folgte ein Eintrag in die Personalakte, | |
jedoch keine Abmahnung. Im Interview mit Spiegel Online verteidigte Mikich | |
das Vorgehen des WDR. Es habe durchaus spürbare Folgen für den | |
Korrespondenten gegeben, er dürfe zum Beispiel kein Auslandsstudio leiten. | |
Senderintern stößt das Verhalten des WDR auf viel Kritik: Christiane Seitz, | |
Vorsitzende des WDR-Personalrats, ist aus Protest aus dem | |
WDR-Interventionsausschuss ausgetreten. Sie warf den Senderverantwortlichen | |
Untätigkeit vor. | |
Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) sieht große Versäumnisse beim | |
WDR: „Ein Vermerk in der Personalakte reicht in diesem Fall sicher nicht | |
aus. Die ganze Geschichte ist höchst irritierend“, sagt Anna-Maria Wagner, | |
Referentin für Chancengleicheit und Diversity des DJV. | |
„Die Causa WDR zeigt: Gremien wie Betriebs- und Personalräte und | |
Gleichstellungsbeauftragte müssen offenbar weiter gestärkt werden, um die | |
Interessen der Beschäftigen auch und gerade bei Fällen von sexueller | |
Belästigung effizient vertreten zu können“, sagt Wagner vom DJV. | |
Berichtigung, 12.31 Uhr: Die Referentin des DJV, Anna-Maria Wagner, wurde | |
in einer früheren Version dieses Artikels mit einem falschen Vornamen | |
erwähnt. Wir haben den Fehler korrigiert. | |
10 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://correctiv.org/recherchen/stories/2018/04/04/er-nannte-sich-alpha-ti… | |
## AUTOREN | |
Amna Franzke | |
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