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# taz.de -- Kolumne Unter Leuten: Unterwegs mit „Heide-Willi“
> Manchmal wird Wilfried Steinmüller auch als „Heide-Papst“ bezeichnet. Er
> kennt sich bestens aus in der Rostocker Heide.
Bild: Gleich hinter dem Ostseestrand stehen schon die Bäume der Rostocker Heide
Es ist ein sonniger Nachmittag, der Winter hat sich längst verzogen, und
doch ist der Strand östlich von Rostock wie leergefegt. Kein Mensch weit
und breit – bis auf Wilfried Steinmüller, der in einen Anorak gehüllt durch
den Sand stapft. „Da liegt es, direkt vor uns“, brüllt er gegen den Wind
und deutet auf einen mit Gräsern und Sträuchern bewachsenen Hügel. Dort
liegt „de hohe Sung“, „die hohe Schnautze“. Es ist einer der schönsten
Plätze in der Rostocker Heide, dem größten geschlossenen Küstenwald
Deutschlands.
Wellen brechen sich am Ufer, der Wind rauscht in den Ohren. Der Strand ist
mit grünen Stängeln und Knubbeln übersät: Salzmieren, eine Pflanzenart, die
sich vom Meerwasser ernährt. Gleich dahinter erhebt sich der Wald aus
Buchen, Kiefern und Eichen. Die knorrigen Stämme sind vom Wind verbogen.
Bis zum Horizont reihen sich die Baumwipfel.
Ich soll eine Geschichte über die Naturlandschaft zwischen Rostock und
Graal-Müritz schreiben. Seit mehr als 100 Jahren erholen sich hier
stressgeplagte Berliner von der Großstadt. Erich Kästner kam regelmäßig zum
Urlaub hierher, Franz Kafka hat in der Heide gar seine letzte große Liebe
kennengelernt. Was macht ausgerechnet diesen Strand so anziehend?
Wenn einer diese Frage beantworten kann, dann Wilfried Steinmüller. Sein
halbes Leben lang schreibt der Heimatkundler über die Rostocker Heide. Er
ist so etwas wie das wandelnde Gedächtnis dieser Landschaft. „Heide-Willi“
wird er von den Anwohnern genannt. Manche sprechen gar vom „Heide-Papst“.
12.000 Hektar Wald umfasst die Rostocker Heide, zusammen mit dem
Gelbensander Forst, erklärt Steinmüller. „Hier mischt sich das
sauerstoffreiche Waldklima mit dem Seeklima, das sehr jodhaltig ist“, sagt
Steinmüller. „Pure Naturmedizin ist das!“ So sehen das offenbar auch die
Ärzte: 1880 wurden die damals noch getrennten Dörfer Graal und Müritz zu
Kurorten erklärt.
## Acht Meter Sand
Wir spazieren durch den Wald. Zwischen den Bäumen wuchern Gräser, Farne und
Sträucher. „Wer das erste Mal hier ist, fragt immer: Wo ist denn nur die
Heide? Ich seh’ nur Bäume!“, sagt er. Dabei müssen auf nährstoffarmen
Heideböden nicht nur Zwergsträucher wachsen: Unter der dünnen Humusschicht,
erklärt Steinmüller, befinden sich acht Meter Sand.
Sein Wissen hat Steinmüller über 30 Jahre gesammelt. So lange schreibt er
schon über die Rostocker Heide – obwohl er dort gar nicht geboren ist. Er
kam in Naumburg an der Saale als Sohn eines Mecklenburger Försters zur
Welt. Sieben Jahre später kehrte seine Familie mit ihm an die Ostsee
zurück. Heute möchte er nirgendwo anders mehr sein als hier, in
Graal-Müritz an der Seebrücke. „Wo es nach frisch geräucherter Makrele
duftet und die Sonne untergeht wie im Bilderbuch.“
8 Apr 2018
## AUTOREN
Philipp Eins
## TAGS
Ostsee
Fliegen
Reiseland Australien
Übersetzer
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