Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Henningway: Ohne Spinner keine Veränderung
> Zu wenige Trainer, zu wenige Organisatoren und Nachwuchs fehlt auch:
> Warum sich gute Ideen im Vereinssport nicht durchsetzen.
Bild: Hier lernen sie garantiert rückwärts laufen: Kinder und Eltern beim Bam…
Warum können Kinder nicht mehr rückwärts laufen, wenn sie eingeschult
werden? Ist das ein neues Naturgesetz? Und wieso hören so viele Jugendliche
mit dem Sporttreiben im Verein auf, also dann, wenn sie es am nötigsten
hätten? Liegt das an den Sportarten, sind die nicht gut genug? Und warum
heißt die „Sportschau“ am Samstag Sportschau, wenn dort ausschließlich
Fußball zu sehen ist?
Fragen sind die Grundvoraussetzung für Veränderung. Auf Fragen folgt die
Analyse und auf die Analyse folgen die Ideen, die zu Taten führen. Wie
entstehen Ideen im Sport und wie wird aus diesen Ideen etwas Neues? Ideen
entstehen nicht im luftleeren Raum. Es sind Leute vonnöten, die den Sport
kritisch unter die Lupe nehmen und frische Lösungen ins Leben rufen. Und
die sich letztlich daran messen lassen, dass diese auch etwas taugen.
Kein Job für jedermann, denn Menschen mit einer neuen Idee, so sagte es
Mark Twain einmal, gelten so lange als Spinner, bis sich eine Sache
durchgesetzt hat. Welcher Spinner entwickelt neue Bundesjugendspiele? Und
wie sähe ein von einem anderen Spinner gebauter „Trimm-dich-Pfad“ des 21.
Jahrhunderts aus? Wie sähe generell eine Zukunft des Sports aus?
Für den Landessportbund Niedersachsen sind wir unterwegs, um mit
Vereinsvertretern über ebendiese Fragen zur Zukunft von Sportvereinen zu
diskutieren. Wir fahren auf unserem Roadtrip Peine, Hameln, Emden und
Oldenburg ab und sitzen frühabends bei Wasser und Kaffee in Vereinsheimen
und Bürgerhäusern. Die Bilder gleichen sich: Nicht mehr ganz so junge
Vereinsleiter halten ihre Region und ihren Sport, vom Fußball bis zum
Reiten, schon immer und ewig am Laufen.
## Zu wenig Trainer und Nachwuchs
Und nun wissen diese Helden des Ehrenamts nicht mehr, wie es weitergehen
soll mit ihren Vereinen. Zu wenig Trainer, Organisatoren und Nachwuchs, ein
genereller Mangel an allem herrscht allerorten. Ihnen fehlen die Ideen, um
das zu ändern. Und so singen sie stattdessen Abend für Abend zusammen den
Sportblues, dadadadadam!
Im Prinzip folgt das politische Miteinander im deutschen Sportsystem
perfekt den Regeln der Demokratie: Hat jemand eine gute Idee, muss diese
nur mehrheitsfähig werden, dann wird sie ins System eingespeist. Ein
gewähltes Präsidium vertritt auf jeder Ebene die Interessen der einzelnen
Mitglieder. Im Prinzip. Denn warum sprechen die Vereinsvertreter vom
„Verband“, von denen da (oben), wenn es mal wieder nicht weitergeht –
obwohl sie doch selbst „der Verband“, also die da sind?
Und warum verweisen die gewählten Funktionäre zum jeweiligen Organ eine
Stufe tiefer respektive zum Ende der Fahnenstange, zum einzelnen Mitglied,
wenn richtungsweisende Initiativen gefragt sind? Man könnte das ein System
nennen, das für wechselseitig wirksame Verhinderung von zukunftsweisender
Handlung sorgt. Anders gesagt: Zukunftsweisende Ideen generiert dieses
geschlossene System gemeinhin nicht.
## Kein Mensch blickt durch bei der Spitzensportreform
In Deutschland ist vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und vom
Bundesinnenministerium eine Spitzensportreform beschlossen worden. Fast
kein Mensch blickt durch, was es damit wirklich auf sich hat. Eins ist
immerhin klar: Unter dem Namen PotAs (Potenzialanalyse) werden sogenannte
Attribute gesammelt, die bei der Entscheidungsfindung helfen sollen,
welcher Sportler und welche Sportart in Zukunft an welchen Orten mit Geld
und Infrastruktur gefördert werden sollen.
PotAs klingt wie die Kurzform von Pocahontas und hat viel mit Excel zu tun.
Die Synthese davon spiegelt die Sehnsucht nach mehr Goldmedaillen oder nach
der DDR wider, offeriert aber noch keine Idee, wie das in echt laufen soll.
Fangen wir also ganz von vorne an: Warum können Kinder nicht mehr rückwärts
laufen, wenn sie in die Schule kommen?
8 Mar 2018
## AUTOREN
Henning Harnisch
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Henning Harnisch
Sportverein
Sportschau
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Handball
Henning Harnisch
Henning Harnisch
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Nach Geburt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Pressschlag: Potas, Pusher und Plaketten
Die Reform des deutschen Spitzensports ist spalterisch. Sie sorgt für ein
Sport-Prekariat. Die Frage drängt sich auf: Wieviel sind sportliche Erfolge
wert?
Nachwuchs für Handballerinnen: Erst Mathe, dann Sport
Wie können Vereine neben Ganztagsschulen bestehen? Zum Beispiel, indem sie
Sport in den Schulunterricht integrieren.
Kolumne Henningway: Ich pfeife, also bin ich
Im Spiel soll Fluss entstehen. Das ist die Hauptaufgabe eines
Schiedsrichters. Christoph Schröder hat ein schönes Buch darüber
geschrieben.
Kolumne Henningway: Palermo statt Pisa
Seit Jahren nehmen deutsche Schüler*innen international am
Schulleistungswettbewerb teil. Sport, Musik und Kunst sind aber auch
wichtig.
Internationales Turnfest in Berlin: „Die Sportvereine werden flexibler“
Ab Freitag findet das Internationale Deutsche Turnfest in Berlin statt. Es
soll die Berliner zu mehr Sport im Verein motivieren, sagt Organisatorin
Kati Brenner.
Reform der Spitzensportförderung: Viel Potenzial nach oben
Das Spitzensportförderungskonzept der DOSB soll die Athleten in den
Mittelpunkt stellen. Die aber können darauf kaum Einfluss nehmen.
Kolumne Nach Geburt: Neoliberaler Kinderfußball halt
Schluss mit der Leistungsdruckscheiße. Statistisch fällt Ihr Kind eher beim
Schuhebinden vor den Bus, als dass es Fußballprofi wird.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.