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# taz.de -- Deniz Yücel nach seiner Freilassung: „Es bleibt etwas Bitteres z…
> Der Journalist ist zurück in Deutschland. Doch ganz ungetrübt ist seine
> Freude über die Haftentlassung nicht, wie er in einer ersten
> Videobotschaft erklärt.
Bild: Noch am Freitagabend fanden mehrere „Jubel-Autokorsos“ für den freig…
Berlin/Istanbul dpa | Für den Welt-Journalisten Deniz Yücel hat seine
Freilassung aus türkischer Haft einen schalen Beigeschmack. „Ich weiß immer
noch nicht, warum ich vor einem Jahr verhaftet wurde, genauer, warum ich
vor einem Jahr als Geisel genommen wurde – und ich weiß auch nicht, warum
ich heute freigelassen wurde“, sagte Yücel in einer am Freitagabend [1][per
Twitter verbreiteten Videobotschaft]. „Natürlich freue ich mich, aber es
bleibt etwas Bitteres zurück.“
Der deutsch-türkische Journalist saß in der Türkei rund ein Jahr wegen
Terrorvorwürfen ohne Anklage in Untersuchungshaft. [2][Ein Istanbuler
Gericht nahm am Freitag die Anklage] wegen „Propaganda für eine
Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und
Feindseligkeit“ an. Gleichzeitig verfügte das Gericht aber Yücels
Haftentlassung, ohne eine Ausreisesperre zu verhängen. Am Abend landete der
44-Jährige landete an Bord einer Chartermaschine in Berlin-Tegel. Das
Verfahren in der Türkei geht aber weiter. Yücel drohen dort bei einer
Verurteilung zwischen vier und 18 Jahre Haft.
„So wie meine Verhaftung nichts mit Recht und Gesetz und
Rechtsstaatlichkeit zu tun hatte, hat auch meine Freilassung nichts mit
alledem zu tun“, sagte Yücel sichtlich bewegt in dem Statement, das auf dem
Twitter-Account „Freundeskreis #FreeDeniz“ verbreitet wurde. Er danke
allen, die in der ganzen Zeit an seiner Seite gestanden hätten.
Nach Angaben von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) wurden der Türkei für
die Freilassung keine Gegenleistungen zugesagt. „Ich kann Ihnen versichern,
es gibt keine Verabredungen, Gegenleistungen oder, wie manche das nennen,
Deals in dem Zusammenhang“, sagte er in Berlin. Auf die Frage, ob jetzt
wieder alles gut sei im Verhältnis zur Türkei, antwortete Gabriel: „Ich hab
ja gerade gesagt, dass das der Anfang einer Arbeit ist und nicht das Ende.“
Am Abend unterstrich er im ZDF, die türkische Seite habe keine Forderungen
gestellt, und die deutsche Seite habe nichts anbieten können.
## Türkei setzt auf Normalisierung
Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim sieht die
deutsch-türkischen Beziehungen nun auf dem Weg der Normalisierung. Yildirim
appellierte an die Bundesregierung, die Auseinandersetzungen der
vergangenen Monate zu begraben. „Die Wahlen sind vorüber, das Referendum
ist vorbei, und diese Schwierigkeiten liegen nun hinter uns“, sagte der
türkische Ministerpräsident am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz in
einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Einzelfälle wie der von
Deniz Yücel sind nicht in der Lage, unsere Beziehungen zu stören oder
gänzlich zu zerstören.“
Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 waren die
Beziehungen zwischen beiden Ländern auf einen Tiefpunkt abgestürzt.
Yildirim macht dafür vor allem die Wahlkämpfe um das Verfassungsreferendum
in der Türkei und vor der Bundestagswahl in Deutschland verantwortlich.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) dämpfte hingegen Hoffnungen auf ein
besseres Verhältnis zur Türkei. Die Freilassung Yücels bedeute nicht, dass
nun alle Probleme ausgeräumt seien, sagte er der Rheinischen Post. „Wir
denken nur an andere Inhaftierte, darunter auch Deutsche, die ebenfalls
unter rechtsstaatlich fragwürdigen Bedingungen in den Gefängnissen sitzen.“
Sorge bereite zudem die Lage der Menschenrechte und der Religionsfreiheit
in der Türkei. Bis zu einer Normalisierung der Beziehungen auf ein Niveau,
wie es unter Nato-Partnern üblich wäre, sei es ein weiter Weg. „Ein Schritt
ist nun immerhin gemacht.“
Yücel erinnerte in seiner Videobotschaft daran, dass immer noch viele
Kollegen in der Türkei in Haft sitzen. Er habe seinen Zellennachbarn
zurückgelassen, einen türkischen Journalisten, der nur wegen seiner
journalistischen Tätigkeit in Haft sitzt – „und viele andere Journalisten,
die nichts anderes getan haben, als ihren Beruf auszuüben.“ Nach Angaben
des Auswärtigen Amtes sitzen noch fünf Deutsche aus politischen Gründen in
der Türkei in Haft. Ihre Namen werden aus Gründen des
Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt.
Justizminister Heiko Maas (SPD) forderte rechtsstaatliche Verfahren auch
für weitere Inhaftierte in der Türkei. „Alle in der Türkei zu Unrecht
Inhaftierten haben Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Wir werden
weiter nichts unversucht lassen, damit auch sie freikommen“, sagte Maas.
Echte Rechtsstaatlichkeit gebe es nur, wenn die Justiz unabhängig sei. Die
Freilassung Yücels könne nur ein Anfang sein.
Der Berliner Menschrechtler Peter Steudtner wünscht sich für Yücel weiter
Solidarität. „Es ist eine große Erleichterung, dass Deniz raus ist“, sagte
er der Deutschen Presse-Agentur. „Wichtig ist nicht nur die Solidarität in
der Haftzeit, sondern auch danach. Weil die Haft nicht mit der Entlassung
aufhört“, ergänzte er. Steudtner war 2017 rund drei Monate lang wegen
angeblichen Terrorismusverdachts in der Türkei inhaftiert und Ende Oktober
freigelassen worden.
17 Feb 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/FreeDenizYuecel/status/964602748414189569
[2] /Deniz-Yuecel-ist-frei/!5485240
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