# taz.de -- Anwalt von Deniz Yücel: Veysel Ok kämpft für Menschenrechte | |
> Der türkische Jurist setzt sich seit Jahren für Presse- und | |
> Meinungsfreiheit ein. Nicht nur mit Yücels Freilassung ist ihm kürzlich | |
> ein Erfolg gelungen. | |
Bild: Der Anwalt für Presse- und Meinungsfreiheit in einer Straße in Istanbul | |
Der deutschen Öffentlichkeit ist er erst seit Kurzem bekannt – als Anwalt | |
von Deniz Yücel. In der Türkei kennt man ihn seit Jahren als Verteidiger | |
von Prominenten in Fällen der Presse- und Meinungsfreiheit. Veysel Oks | |
Engagement für Menschenrechte ist biografisch begründet. Geboren 1984 in | |
einer der ärmsten Stadtteile im südostanatolischen Diyarbakir, wuchs er als | |
das jüngste von sechs Kindern einer Arbeiterfamilie auf. Seine Mutter Xeme | |
war Hausfrau, sein Vater Abbas arbeitete in einer Tabakfabrik. Zu Hause | |
wurde Kurdisch und Türkisch gesprochen. | |
Yıldız Ok, die ältere Schwester, erinnert sich, dass ihr Bruder Veysel „ein | |
recht hyperaktives Kind“ gewesen sei: „Bei Familienbesuchen ließ er in den | |
Wohnungen von Freunden und Verwandten einiges zu Bruch gehen.“ Später sei | |
er ruhiger geworden und hätte als Teenager kaum noch das Haus verlassen. | |
Das erste Buch, dass Ok gelesen hat, war „Herz“, ein Roman von Edmondo De | |
Amicis. Seine Schwester Yildiz, eine gewerkschaftlich engagierte | |
Krankenpflegerin, hatte es ihm geschenkt. „Er war immer schon sehr sensibel | |
und hatte einen starken Sinn für Gerechtigkeit“, sagt sie. Außerdem sei er | |
ein Bücherwurm und ein fleißiger Schüler gewesen. | |
2002 erhielt er die Zulassung für ein Jura-Studium an der | |
Istanbul-Universität. Finanziert wurde er vom „Verein für ein aufgeklärtes | |
Leben“ (Çağdaş Yaşamı Destekleme Derneği), einer landesweiten säkularen | |
Organisation, die Bildungsstipendien vergibt. 2005 leitete die Universität | |
ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, sodass er für eine Zeit vom Studium | |
ausgeschlossen wurde. Grund dafür war seine Teilnahme an | |
Newroz-Feierlichkeiten auf dem Uni-Campus, zum kurdisches Neujahrsfest | |
also. | |
Ok verteidigt Chefredakteure und Menschenrechtler | |
Nach Abschluss seines Jura-Studiums begann er als Anwalt für Presse- und | |
Meinungsfreiheit zu arbeiten. Er verteidigt etwa den ehemaligen | |
Chefredakteur der inzwischen eingestellten Tageszeitung Taraf, Ahmet Altan, | |
und weitere prominente Journalist*innen. | |
2016 bei der Verhaftung von Şebnem Korur Fincancı, dem Vorsitzenden der | |
Menschenrechtsstiftung der Türkei, Erol Önderoğlu, dem Türkei-Beauftragten | |
von Reporter ohne Grenzen und des Journalisten Ahmet Nesin war Ok der erste | |
Anwalt, der sich um deren Verteidigung bemühte. Die drei hatten für einen | |
Tag symbolisch den Posten der Chefredaktion der kurdischen Zeitung Özgür | |
Gündem übernommen – ein klarer Akt der Solidarität. | |
Seit dem Putschversuch am 15. Juli 2016 erschweren die staatlichen | |
Repressionen Oks ohnehin herausfordernde Arbeit immens. Jedoch gelang ihm | |
kürzlich ein Teilerfolg, als er im Fall von Şahin Alpay und Mehmet Altan | |
vor das Verfassungsgericht zog. Dieses entschied am 12. Januar 2018, dass | |
die Inhaftierung der beiden Journalisten verfassungswidrig sei. Das Urteil | |
hatte das Zeug, eine der größten verfassungsrechtlichen Krisen im Land | |
auszulösen. | |
Jedoch beugten sich die unteren Strafkammern nicht dem Urteil des | |
Verfassungsgerichts. Şahin Alpay sitzt noch in Haft, Mehmet Altan wurde am | |
vergangenen Freitag gemeinsam mit fünf anderen zu erschwerter lebenslanger | |
Haft verurteilt. Am selben Tag kam Deniz Yücel aus dem Gefängnis Silivri | |
frei. Doch dazu will sich Ok vorerst in der Öffentlichkeit nicht äußern. | |
Übersetzung: Ebru Taşdemir, Canset İçpınar | |
18 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Barıs Altıntaş | |
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