# taz.de -- Nach Havarie der „Glory Amsterdam“: Debatte über Küstenschutz | |
> Nach der Strandung des Massengutfrachters „Glory Amsterdam“ steht das | |
> Havariekommando in der Kritik. Niedersachsen will es nun besser | |
> ausstatten. | |
Bild: Wer kümmert sich um Küstenschutz? 2015 kam die Bundespolizei zur „Pur… | |
HAMBURG taz | Die Strandung des Massengutfrachters „Glory Amsterdam“ im | |
Oktober vor der Insel Langeoog beschäftigt vier Monate später nun auch die | |
geschäftsführende Bundesregierung. Dem Havariekommando unter Hans-Werner | |
Monsees war es nicht gelungen, das auf die Küste zutreibende Schiff | |
rechtzeitig zu bergen – obwohl der moderne Notschlepper „Nordic“ | |
rechtzeitig vor Ort und das Wetter nicht extrem stürmisch war. Das | |
Havariekommando sieht sich allerdings zu Unrecht angeprangert. Man habe | |
„alle Voraussetzungen erfüllt“, teilte es auf Anfrage mit. | |
Dennoch strandete die „Glory Amsterdam“. Ein Ausschuss des | |
niedersächsischen Landtages befasste sich in der vergangenen Woche mit dem | |
Seeunfall. Zuvor hatte sich die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste | |
(SDN), ein überregionaler Dachverband von Kommunen, Gebietskörperschaften | |
und Vereinen, in einem offenen Brief an den kommissarischen | |
Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) um den Küstenschutz gesorgt. | |
Die Antwort von Schmidts Staatssekretär Enak Ferlemann bezeichnet die SDN | |
als „lapidar“: Der CDU-Kreisvorsitzende in Cuxhaven hatte in seinem | |
Antwortschreiben das havarierte Havariekommando gelobt. | |
Daraufhin verschärfte Dieter Harrsen (Wählergemeinschaft), Vorsitzender der | |
SDN und Landrat des Kreises Nordfriesland, in einem zweiten offenen Brief | |
seine Attacke gegenüber dem letztlich verantwortlichen Minister: „Wenn ein | |
Havarist zehn Stunden durch deutsche Küstengewässer getrieben und | |
schließlich gestrandet ist, dann kann Ihr Haus doch nicht allen Ernstes von | |
einer hervorragenden Arbeit sprechen.“ | |
Offenkundig hatte sich der chinesische Kapitän der „Glory Amsterdam“, die | |
unter der Billigflagge Panamas fährt, wenig kooperativ gezeigt. Dessen | |
Anwalt bestreitet dies zwar. Doch ein Sprecher der SDN fragt gegenüber der | |
taz besorgt: „Was passiert, wenn der Kapitän unwillig, bösartig oder gar | |
ein Terrorist ist?“ Das Bundesverkehrsministerium hat versprochen, auch den | |
zweiten Brandbrief zu beantworten. | |
Zwei Jahrzehnte nach der katastrophalen Havarie der „Pallas“, die der | |
Anlass für die Gründung des Havariekommandos 2003 war, gibt es grundlegende | |
Zweifel am Rettungskonzept der Zentralstelle in Cuxhaven. Letztlich sind | |
die Möglichkeiten des Havariekommandos, das ist nicht einmal eine eigene | |
Behörde ist, offenbar eher auf das Handling von Schönwetterunfällen | |
ausgelegt. | |
Der Leiter des Havariekommandos Monsees konterte denn auch gegen ihn | |
gerichteten Vorwürfe mit einem Elf-Punkte-Programm, in dem er notwendigere | |
Verbesserungen fordert: Mehr Personal, mehr Schiffe, mehr Kompetenzen. | |
Niedersachsens neuer Umweltminister Olaf Lies (SPD) zeigte sich nach der | |
Anhörung im Landtag in Hannover irritiert. Er bezeichnete es als | |
„ungewöhnlich“, dass Monsees diese elf Punkte nicht früher angesprochen | |
habe. „Wir dürfen nicht den Fehler machen und nur reagieren wenn es zu | |
Umweltschäden kommt“, wetterte Lies. „Wir können von Glück reden, dass | |
nicht mehr passiert ist.“ | |
Lies hat eine „Organisationsuntersuchung“ des Havariekommandos veranlasst. | |
Das Personal soll aufgestockt werden und eine Vogelpflegestation für | |
Notfälle ist geplant. Vor allem aber müsse nun der Bund seine Lehren aus | |
der Fast-Katastrophe ziehen. | |
So ist die Koordinierungsstelle in Cuxhaven gegenüber einem „unwilligen“ | |
Kapitän auf die Amtshilfe von Bundespolizei oder Marine angewiesen. Doch | |
das kann dauern. Im Fall der „Glory Amsterdam“ musste offenbar erst noch | |
ein Boarding-Team der Bundeswehr aus der Nähe von Warnemünde angefordert | |
werden. Von dort soll es nach Helgoland geflogen sein, wo erst der | |
Landungshubschrauber wartete. | |
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste fordert daher in einem | |
16-seitigen Positionspapier eine „Deutsche Küstenwache“, die unabhängig v… | |
föderalen Grenzen und Kompetenzgerangel die Küsten schützt – zur Not | |
mittels staatlicher Gewalt. | |
14 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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