# taz.de -- Nach Angriff auf Flüchtlinge: Rechte hetzen in Wurzen | |
> Nach einer Auseinandersetzung zwischen Geflüchteten und Deutschen | |
> verbreiten rechte Gruppen in Wurzen Lügen über den Vorfall. | |
Bild: Kerzen und Blutflecken vor einem Supermarkt in Wurzen | |
WURZEN taz | Am Dienstagabend demonstrierten in Wurzen rund 100 Neonazis, | |
Hooligans und rechte Jugendliche aus Stadt und Umland. „Wahrheit schaffen“ | |
steht auf ihrem Flugblatt, das sie hundertfach ausgedruckt und in | |
Klarsichtfolien gesteckt haben. Presse und Polizei würden Lügen darüber | |
verbreiten, [1][was in Wurzen am vergangenen Freitag passierte]. | |
Der Pulk teilt sich in Keingruppen, die in die Stadt ausströmen und die | |
Flugblätter verteilen und an Wände kleben. Den Inhalt der Blätter | |
bezeichnet die sächsische Polizei später [2][via Twitter als „Fake News“]. | |
Was aber war am Freitag geschehen? Aus Polizeibericht und Zeugenaussagen | |
ergibt sich ein mögliches Bild. | |
Flüchtlinge und Deutsche standen sich am Bahnhof Wurzen gegenüber und | |
beleidigten sich gegenseitig. Als sich die Flüchtlinge in ihre Unterkunft | |
in der Dresdner Straße zurückzogen, wurden sie von zwei Deutschen verfolgt. | |
Mit einem schweren Stein schlugen sie die Scheibe der Haustür ein. | |
Acht bis zehn Geflüchtete kamen wieder runter und verfolgten die beiden | |
Deutschen bis in den Stadtpark – und wurden dort von einer größeren Menge | |
Deutscher wieder zurück zu ihrer Unterkunft gejagt. Aus der Gruppe der | |
Deutschen wird behauptet, die Flüchtlinge seien im Haus verschwunden, dann | |
seien einer oder zwei mit Messern bewaffnet wieder herausgekommen und | |
hätten auf sie eingestochen. | |
Klar ist, dass Blut floss: Davon zeugen Blutspuren, die noch am Montag auf | |
der Straße gegenüber dem Haus zu sehen sind und hundert Meter entfernt vor | |
einem Lidl-Parkplatz, wohin sich ein Verletzter offenbar geschleppt hat. | |
Die Polizei bestätigt, dass zwei Menschen verletzt wurden, 16 und 21 Jahre | |
alt. | |
Doch die Auseinandersetzung war damit noch nicht vorbei. Mindestens vier | |
der Deutschen stürmten nach der Stecherei das Haus, in dem einige der | |
Geflüchteten leben. Sie brachen in Wohnungen ein und schlugen die zusammen, | |
die sie dort antrafen, berichtet einer der Bewohner, selbst ein | |
Geflüchteter. Die Polizei bestätigt später drei leicht verletzte | |
Flüchtlinge. | |
## Rechtsextreme verbreiten Lügen | |
Rechte Gruppen schlachten den Vorfall nun aus, seit Freitag kursieren wilde | |
Gerüchte. Die Geflüchteten hätten Macheten und Elektroschocker benutzt – | |
Andreas Loepki, Polizeipressesprecher, bestätigt das nicht. Einer der | |
Deutschen habe im Koma gelegen – die Polizei dementiert. Ein Stich in den | |
Bauch, einer ins Bein, zwei ins Gesicht? Laut Polizei haben beide Deutschen | |
Verletzungen an den Beinen. | |
Am Blutfleck vor dem Lidl-Parkplatz wurden Kerzen aufgestellt – und manche | |
Wurzener dachten tatsächlich, hier sei jemand ermordet worden. Wurzen ist | |
anfällig für solche Lügen. Und die rechten Demonstranten am Dienstagabend | |
fördern sie mit ihrem Flugblatt nach Kräften. | |
Eine der Gruppen, die zu der Kundgebung mobilisierten, nennt sich | |
„Lebenszeichen MTL“. Bis 2014 gab es in der Region Neonazis der „Autonomen | |
Nationalisten“, die unter dem Namen „Lebenszeichen NS“ auftraten. Die Log… | |
der Gruppen sind identisch. | |
17 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Angriff-auf-Fluechtlinge-in-Wurzen/!5474434 | |
[2] https://twitter.com/PolizeiSachsen/status/953531397687439361 | |
## AUTOREN | |
Henrik Merker | |
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