# taz.de -- Neue Provinzpräsidentin in Istanbul: Lieblingsfeindin der Regimeme… | |
> Canan Kaftancıoğlu solidarisiert sich mit sozialen Bewegungen – und ist | |
> die erste Frau aus der CHP, die Provinzvorsitzende in Istanbul wurde. | |
Bild: Die Attacken gegen sie nahmen nach ihrer Wahl zu: Canan Kaftancıoğlu | |
Ihre Wahl zur ersten weiblichen Provinzvorsitzenden von Istanbul aus den | |
Reihen der Republikanischen Volkspartei CHP im Januar war eine Sensation. | |
Nun wird die sozialdemokratische Politikerin Canan Kaftancıoğlu von | |
regierungsnahen Medien in der Türkei beschuldigt, „Terrorpropaganda“ zu | |
betreiben und „den Staat zu erniedrigen“. Der Grund dafür ist, dass | |
Kaftancıoğlu sich immer wieder öffentlich mit sozialen Bewegungen | |
solidarisiert. Das reichte dem türkischen Innenministerium offenbar nun als | |
Grund, um Ermittlungen aufzunehmen. | |
Dabei ist die Haltung der 1972 in Ordu an der Schwarzmeerküste Geborenen | |
sattsam bekannt. Bereits als Medizinstudentin war Kaftancıoğlu in der | |
Demokratiebewegung aktiv. Das prägt auch ihr privates Leben: Sie ist mit | |
Ali Naki Kaftancıoğlu verheiratet, dem Sohn des Journalisten Ümit | |
Kaftancıoğlu, der nach dem Militärputsch von 1980 vor seinem Haus ermordet | |
wurde. | |
Nach Studienabschluss 1995 arbeitete Canan Kaftancıoğlu im | |
zentralanatolischen Sivas als Ärztin, 1997 begann sie an der medizinischen | |
Fakultät in Istanbul eine Ausbildung als Gerichtsmedizinerin. Seit 2011 | |
hatte sie verschiedene Aufgaben in der CHP inne. Nach der Niederschlagung | |
der Proteste gegen die Bebauung des Geziparks im Zentrum Istanbuls im Jahr | |
2013 schloss sie sich der Bewegung Vereinigter Juni an. | |
Zudem trat Canan Kaftancıoğlu seit Beginn ihrer Politkarriere dafür ein, | |
dass sich die Türkei endlich auch den negativen Seiten ihrer Geschichte | |
stellt. Sie war maßgeblich an der Gründung der „Plattform für das | |
gesellschaftliche Gedächtnis“ beteiligt. Nachdem sie vor zwei Jahren die | |
Armenienresolution des deutschen Bundestags unterstützt hatte, wurde sie | |
als Vaterlandsverräterin verleumdet – und das nicht nur aus regierungsnahen | |
Kreisen, sondern auch innerhalb ihrer eigenen Partei. | |
## „Anscheinend bin ich auf dem richtigen Weg“ | |
Die Attacken gegen Kaftancıoğlu nahmen nach ihrer Wahl zur | |
CHP-Provinzvorsitzenden von Istanbul zu. Sie wurde unter anderem als | |
„Religionsfeindin“ bezeichnet, weil sie Regierungsanhängern vorgeworfen | |
hatte, sie würden religiöse Gefühle in der Bevölkerung ausbeuten. | |
Zu den aktuellen Anschuldigungen gegen sie sagt die Ärztin und Mutter einer | |
Tochter: „Mein ganzes Leben lang habe ich mich für die Verteidigung der | |
Menschenrechte eingesetzt und mich immer deutlich gegen Terror und | |
Terrororganisationen ausgesprochen. Die Verleumdungen werde ich juristisch | |
verfolgen lassen.“ | |
Gegenüber der taz betont Canan Kaftancıoğlu zudem, sie bereue nichts von | |
dem, was sie gesagt und geschrieben habe: „Anscheinend bin ich ja auf dem | |
richtigen Weg, ansonsten wäre ich nicht solcher Kritik ausgesetzt.“ | |
Offenbar ist die Politikerin nicht die Einzige in der Türkei, die das so | |
sieht: Auf Twitter kursiert seit Sonntag der Hashtag | |
[1][#CananKaftancıoğluyalnızdeğildir], zu Deutsch: „Canan Kaftancıoğlu | |
ist nicht allein“. | |
Aus dem Türkischen Volkan Ağar und Ebru Taşdemir | |
16 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/hashtag/canankaftanc%C4%B1o%C4%9Fluyaln%C4%B1zde%C4%9Fi… | |
## AUTOREN | |
Erk Acarer | |
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