# taz.de -- Der Press-Schlag: Russisch bräunlich | |
> „Schaut, wie die Schokoladen in der Sonne schmelzen“: Der russische | |
> Fußballmeister Spartak Moskau leistet sich einen Rassismusskandal. | |
Bild: Spartak-Stadion in Moskau | |
Smiley. Nicht ernst gemeint. Man wird doch wohl noch. Auch Spartak Moskau, | |
amtierender russischer Fußballmeister, beherrscht den super Trick, mit dem | |
man einerseits seinem Rassismus freien Lauf lassen und auf der anderen | |
Seite sich selbst schon mal von jeder Kritik freisprechen kann. | |
Spartak hat nämlich aus seinem Trainingslager in den Vereinigten Arabischen | |
Emiraten via Twitter ein Video gepostet, auf dem die drei Brasilianer, die | |
beim Klub unter Vertrag stehen, Luiz Adriano, Pedro Rocha und Fernando, zu | |
sehen sind; dazu der Text: „Schaut, wie die Schokoladen in der Sonne | |
schmelzen.“ Plus natürlich drei Emojis mit lachenden Gesichtern. Damit | |
niemand von Rassismus redet. Ist ja nicht ernst gemeint. Weißte ja. | |
Ob dieser mittlerweile zum Klassiker avancierte super Trick, etwas im | |
gepflegten Diskurs eigentlich Verbotenes zu behaupten und dem durch ein | |
doofes Smiley die Angreifbarkeit zu nehmen, bei Spartak geklappt hat, steht | |
noch nicht fest. Als die berechtigten Anwürfe, das sei ja plumper | |
Rassismus, kamen, wurde zunächst der Tweet gelöscht. Und, quasi als dritte | |
Maßnahme aus dem in solchen Fällen greifenden Krisenmanagementkatalog, | |
wurde einer der drei geschmähten Angestellten des Vereins verpflichtet, für | |
seinen Arbeitgeber, der ihn doch gut bezahlt, in die Bresche zu springen. | |
Fernando musste also erklären: „Es gibt keinen Rassismus bei Spartak, wir | |
sind Freunde und eine Familie.“ | |
## Herrenmenschliche Häme | |
Den – interessanterweise: nur wenigen – Kommentatoren, die sich bislang des | |
Vorfalls bei Spartak annehmen, gilt dieser meist nur als Beleg dafür, dass | |
der russische Fußball, wenige Monate vor der WM, immer noch ein gewaltiges | |
Rassismusproblem hat. | |
Doch dieser Befund ist richtig und nichtssagend zugleich. Vor allem nämlich | |
zeigt der Fall, so traurig der Befund ist, dass der russische Fußball zu | |
Europa gehört. Diese Sorte Rassismus, bei der man einfach mal schwarze | |
Spieler als Schokolade verhöhnt, gibt es leider in jeder der großen | |
Profiligen, die ja alle in Europa angesiedelt sind. Ob Fans mit Bananen | |
werfen oder ihr ekliges „U-u-u“ anstimmen. Ob Trainer von den Schwarzen, | |
„die am Ball alles können“, erzählen. Ob Vereinsvorstände über typische | |
Faulheit oder Unzuverlässigkeit von Profis aus afrikanischen oder | |
lateinamerikanischen Ländern schwadronieren. Es ist doch immer sehr | |
ähnlich. Und die drei schamlosen Emojis, die Spartak in seinen Tweet | |
gepackt hat, verweisen darauf, dass die Verantwortlichen im Klub und seiner | |
Social-Media-Abteilung sehr wohl wissen, was sie da machen, und dass sie | |
gleichwohl von ihrer herrenmenschlichen Häme nicht lassen mögen. | |
Moderner Rassismus dürfte der passende Begriff dafür sein. Rassismus in | |
Zeiten, in denen niemand als Rassist gelten möchte. Ähnliche Phänomene | |
kennt man ja aus anderen Unterdrückungsideologien: Frauen zu hassen, sie | |
nieder- und lächerlich zu machen, sie als bloße Objekte fürs Bett zu | |
betrachten und zugleich „Aber deswegen bin ich doch kein Sexist“ zu rufen, | |
ist keine unübliche Männerattitüde. Schmierigste Verschwörungen von | |
hakennasigen Rothschilds in die Welt zu pusten und zu behaupten, „aber | |
einige meiner besten Freunde sind Juden“, gehört auch in diese Kategorie. | |
Das also ist das besonders Empörende an dem Vorfall bei Spartak Moskau: Er | |
zeigt nicht nur an, dass im Land des WM-Gastgebers 2018 ähnlicher Rassismus | |
herrscht wie im Land des, um irgendein Beispiel zu wählen, WM-Gastgebers | |
2006. Sondern er verweist auch darauf, dass der Rassismus dort ähnlich | |
schwierig zu bekämpfen ist wie hier: Ein Smiley, drei Emojis, ein Zitat | |
eines Betroffenen, der es doch gaaaar nicht so schlimm findet – und fertig | |
ist die sehr moderne Abwehrstrategie. | |
Man wird doch wohl noch. | |
14 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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