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# taz.de -- Kampf um Strandgebühren: Wegweisendes aus Wangerland
> Das Aus für die Strandgebühr im ostfriesischen Wangerland könnte
> Signalwirkung auch für andere Gemeinden in Niedersachsen haben.
Bild: Der Aufenthalt am Strand kostet an vielen Ecken Norddeutschlands Geld
HAMBURG taz | „Gott sei Dank bringt das Thema einen in Wallung“, sagt Janto
Just von der „Initiative Freie Strände für freie Bürger“, und dieses Wal…
ist ihm deutlich anzuhören. „Die Gemeinde ist wie ein Dieb, der sich
darüber beschwert, dass ihm die Polizei die Beute abgenommen hat.“
Gemeint ist die ostfriesische Gemeinde Wangerland, der im September
vergangenen Jahres das Oberverwaltungsgericht Leipzig untersagte, von
Tagesgästen eine Zugangsgebühr an unbewirtschafteten Stränden zu verlangen.
Nun müsse man, so der Wangerlander Bürgermeister Björn Mühlena (SPD), über
neue Finanzierungswege nachdenken, um die Instandhaltung der Strände zu
gewährleisten.
Eine Million Euro koste dies jährlich, sagt der Bürgermeister. Bislang
hätten die Tagesgäste über die Strandzugangsgebühr mit rund 400.000 Euro
dazu beigetragen. Den Rest hätten die rund zwei Millionen
Übernachtungsgäste und die Wangerländer selbst beigetragen – ein
„solidarisches Modell“. Janto Just, der den Prozess auch nach zwei
Niederlagen in niedrigeren Instanzen weiter trieb, lässt an dieser Rechnung
kein gutes Haar.
Zum einen, so sagt Just, beliefen sich die Kosten für die Pflege und den
Unterhalt der Strände nicht auf eine Million, sondern auf 800.000 Euro. Vor
allem aber hätten die Tagesgäste in der Vergangenheit unverhältnismäßig
dafür aufkommen müssen. Ihr Anteil an den Strandnutzern mache nur zehn
Prozent aus – folglich müssten sie nur für 80.000 Euro Strandkosten
aufkommen. „Von solidarischem Modell kann da keine Rede sein“, meint Just.
Überdies gebe die Gemeinde das Geld, das sie mit der Strandgebühr und dem
Kurbeitrag der Übernachtungsgäste einnehme, gar nicht für die Strandpflege
aus. Es fließe in das 1,7 Millionen Euro-Defizit der beiden Schwimmbäder –
laut Just ist eines davon überflüssig – sowie ein nicht benötigtes
Gästehaus.
## Potenziell grundsätzliche Auswirkungen
Man mag den Konflikt ab dieser Stelle für lokal halten, seine Auswirkungen
könnten grundsätzlicher sein. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das
mit nichts geringerem als der im Grundgesetz verbrieften Freiheit zur
Entfaltung der Persönlichkeit argumentiert, kann durchaus Signalwirkung
entfalten.
Derzeit sind nach Zählung der Initiative für freie Strände lediglich 14 von
134 Strandkilometern in Niedersachsen ohne Gebühr zu betreten. Nach dem
Leipziger Urteil hatte der damalige niedersächsische
Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) gesetzlichen
Neuregelungsbedarf gesehen, der war jedoch vor der Regierungsneubildung
nicht umgesetzt worden. Nun heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium,
das Thema sei „auf der Agenda“, es werde aber noch Monate bis zu einer
Neufassung dauern.
Auch in Wangerland ist noch nichts beschlussreif. Bürgermeister Mühlena
sagt, dass man ihm die Ostseeorte als Modell vorgehalten habe, doch ein
Besuch in Heiligendamm habe ihn eines Besseren belehrt: dort hätten zwei
Stunden Parken acht Euro gekostet, am Strand habe man einen Tageskurbeitrag
von weiteren drei Euro zahlen müssen. Derzeit prüft man in Wangerland
verschiedene Modelle, auch die Einführung von Parkgebühren. Das sei nicht
abwegig, sagt Mühlena – schließlich sei Wangerland Teil des Nationalparks
Wattenmeer – „da müssen wir uns ökologisch vermarkten“.
5 Jan 2018
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Strand
Gebühren
Juist
Tourismus
Tourismus
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