# taz.de -- Notverkauf wegen sexueller Belästigungen: Massagen für den Chef | |
> Die Carolina Panthers stehen zum Verkauf. Ex-Besitzer Richardson zieht | |
> sich auf Druck der NFL zurück. Ihm wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. | |
Bild: Jerry Richardson (Mitte) will seine Carolina Panthers verkaufen | |
Noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für die sportverrückte | |
Gattin? Oder ein extravagantes Spielzeug für den Feierabend? Und zufällig | |
liegen auch noch ein paar Dollars auf dem Festgeldkonto untätig herum? Dann | |
hätten wir da was für sie: Seit Montag stehen die Carolina Panthers zum | |
Verkauf. Der Wert des Football-Klubs wurde vom Wirtschaftsmagazin Forbes | |
unlängst auf 2,3 Milliarden US-Dollar geschätzt. | |
Ein Schnäppchen wird das also nicht, aber es könnte sein, dass die | |
Franchise für ein paar Millionen weniger weggeht. Handelt es sich doch um | |
einen Notverkauf: Wenige Tage zuvor war öffentlich geworden, dass Jerry | |
Richardson, der Eigentümer der Panthers, Mitarbeiterinnen sexuell belästigt | |
und einen Angestellten rassistisch beschimpft haben soll. | |
Bevor der Skandal richtig Fahrt aufnehmen konnte, hat die um ihr Image | |
besorgte National Football League (NFL) offensichtlich die Reißleine | |
gezogen – und den 81-jährigen Richardson hinter den Kulissen derart unter | |
Druck gesetzt, dass er keine andere Wahl gesehen hat, als sich aus der Liga | |
zurückzuziehen und den Verkauf seines Klubs zum Ende der Saison | |
anzukündigen. | |
#metoo hatte nach Hollywood und der Politik schon zuvor den Sport erreicht: | |
Der ehemalige Teamarzt der US-Turnerinnen steht bereits vor Gericht und | |
auch gegen den Sportsender ESPN wurden Vorwürfe laut. Nun aber steht mit | |
der NFL der umsatzstärkste Sport-Entertainment-Betrieb der Welt am Pranger: | |
Schon bevor die Carolina Panthers in den Fokus rückten, waren in der | |
vergangenen Woche nach Belästigungsvorwürfen mehrere Moderatoren und | |
Experten des ligaeigenen TV-Senders NFL Network beurlaubt worden. | |
Richardson, der Ende der 50er Jahre selbst in der NFL gespielt hatte, war | |
mit Fast-Food-Ketten zum reichen Mann geworden. Einen Teil seines Geldes | |
legte er an, indem er mit den Panthers 1995 nicht nur die erste | |
NFL-Franchise, sondern überhaupt den ersten bedeutenden Sportklub nach | |
Charlotte brachte und damit zum Volkshelden in der Südstaatenmetropole | |
wurde. | |
## Ein „creepy old man“ | |
Nun beschreibt eine Enthüllungsstory in der US-Zeitschrift Sports | |
Illustrated, wie es bei den Panthers zuging: Der Teambesitzer, von dem vor | |
dem Stadion der Panthers eine vier Meter hohe Statue zu bewundern ist, | |
kommentierte regelmäßig den Körperbau von weiblichen Angestellten und | |
begrapschte sie. Er wollte höchstpersönlich ihre Beine rasieren oder | |
verlangte von ihnen Fußmassagen. Er sei ein „creepy old man“ gewesen, | |
zitiert das Magazin eine Betroffene. | |
In mindestens vier Fällen, belegt Sports Illustrated, kam es zu | |
außergerichtlichen Einigungen, in denen die Panthers sich mit erheblichen | |
Summen das Schweigen ehemaliger Mitarbeiterinnen erkauften. Auch ein | |
männlicher Scout, den Richardson mit einem rassistischen Schimpfwort belegt | |
haben soll, erhielt ein Schweigegeld. | |
Die Vorwürfe waren dermaßen konkret, dass die Panthers am Freitag | |
verkündeten, sie hätten Anwälte angeheuert, um den Anschuldigungen | |
nachzugehen. Am Sonntag übernahm die NFL die Untersuchung, spätestens dann | |
war Richardson, obwohl einer der einflussreichsten Besitzer in der NFL, | |
nicht mehr zu halten. Vertraute, die von Richardsons unbotmäßigem Verhalten | |
gewusst haben müssen, halten sich noch bedeckt. | |
## Der Bär ist erlegt | |
Panthers-Chefcoach Ron Rivera lobte sein Verhältnis zu seinem Chef, will | |
aber den Fall nicht weiter kommentieren, solange die Untersuchung nicht | |
abgeschlossen ist. Und Quarterback Cam Newton, der unangefochtene Star des | |
Klubs, bezeichnet den Klubeigner als Vaterfigur und „hofft, dass ich meine | |
Meinung von Mister Richardson nicht ändern muss“. | |
Nun, da der Bär erlegt ist, stehen allerdings die ersten schon bereit, die | |
am Fell interessiert sind. Als Erster twitterte Sean Combs, als Puff Daddy | |
zu Reichtum gekommener Rapper und Musikmogul, er wolle die Panthers kaufen. | |
Gleich darauf antwortete Stephen Curry, Basketballballstar von NBA-Meister | |
Golden State Warriors, er würde auch mit einsteigen. Combs antwortete | |
begeistert: „Bisher gibt es noch keine schwarzen Mehrheitseigentümer eines | |
NFL-Teams. Lasst uns Geschichte schreiben.“ | |
20 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
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