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# taz.de -- Fehlbildungen durch Hormonpräparat: Freispruch für Duogynon
> Ein britisches Gremium kommt zu dem Ergebnis, dass das ehemalige
> Schering-Präparat nicht für embryonale Fehlbildungen verantwortlich ist.
Bild: Proteste bei der Hauptversammlung 2016 der Bayer AG in Köln
Das Hormonpräparat Duogynon der Berliner Pharmafirma Schering ist nicht
verantwortlich für die Fehlbildungen, mit denen Hunderte Babys zwischen
1950 und Ende der 1970er Jahre in Großbritannien und Deutschland geboren
wurden. Zu diesem Ergebnis kommt ein von der britischen Regierung
eingesetztes Expertengremium zur wissenschaftlichen Untersuchung möglicher
Ursachen embryonaler Fehlbildungen.
Zwei Jahre lang hatten Mediziner, Biologen, Gesundheitspolitiker des
britischen Parlaments und Vertreter der britischen
Arzneimittelaufsichtsbehörde alle verfügbaren
medizinisch-wissenschaftlichen Studien zum Thema ausgewertet, Zeugen und
Sachverständige befragt: „Die Gesamtheit der begutachteten
wissenschaftlichen Daten deutet nicht auf einen kausalen Zusammenhang
zwischen der Verwendung von Duogynon und Geburtsfehlern hin“, heißt es in
dem [1][144 Seiten starken Abschlussbericht (pdf-Datei)], den das Gremium
am Mittwoch in London veröffentlichte.
Eltern betroffener Kinder reagierten enttäuscht: „Der Bericht ist eine
einzige Vertuschung, er ignoriert wichtige Beweisstücke“, sagte Marie Lyon,
Vorsitzende der Association for Children Damaged by Hormone Pregnancy
Tests, der BBC.
Der bayerische Grundschullehrer André Sommer, der Geschädigte in
Deutschland vertritt, sagte der taz, er habe sich erhofft, dass das Gremium
zumindest einen „möglichen Zusammenhang“ zwischen der Einnahme des
Medikaments und den Fehlbildungen erkenne. Diese Hoffnung habe sich
zerschlagen.
Duogynon, eine Östrogen-Progesteron-Kombination, wurde in Form von Dragees
und Spritzen bis in die späten 1970er Jahre in Großbritannien und auch in
Deutschland als hormoneller Schwangerschaftstest und zur Behandlung von
Menstruationsstörungen eingesetzt. Löste das Medikament bei der Frau keine
Regelblutung aus, dann galt diese als schwanger.
## Vom Markt genommen
Der Verdacht, dass der starke Hormoncocktail die Organe ungeborener Kinder
schwer geschädigt haben könnte, war zuletzt durch interne, über Jahrzehnte
geheim gehaltene Schering-Dokumente, unter anderem zu Tierversuchen mit
Duogynon, genährt worden, die inzwischen im Landesarchiv Berlin für die
Öffentlichkeit einsehbar sind. Das Pharmaunternehmen Bayer als
Schering-Nachfolger hat den Zusammenhang zwischen der Medikamenteneinnahme
und den Fehlbildungen stets bestritten. Ende der 1970er Jahre wurde das
Medikament aus wirtschaftlichen Gründen vom Markt genommen.
Das britische Expertengremium verwies am Mittwoch auf die „methodischen
Beschränkungen“ der damaligen Zeit und erklärte, es habe keine
Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen dem Präparat und den
Geburtsfehlern und Fehlgeburten finden können. Zu einem ähnlichen Ergebnis
war 2012 in Deutschland eine – kleinere – retrospektive Fallstudie des
Instituts für klinische Pharmakologie der Berliner Charité im Auftrag des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gekommen.
Das britische Expertengremium empfiehlt nun allen Frauen, die Duogynon in
den 1950er, 1960er und 1970er Jahren eingenommen hatten, einen genetischen
Test zu machen, um andere mögliche Ursachen für die Fehlbildungen ihrer
Babys abklären zu lassen.
Außerdem fordern die Experten die Einrichtung eines elektronischen
Meldesystems, damit künftig eventuell medikamentös bedingte Schädigungen
während oder nach der Schwangerschaft frühzeitig erfasst und untersucht
werden können.
16 Nov 2017
## LINKS
[1] https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/6…
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
Duogynon
Hormone
Schering
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Duogynon
Schwerpunkt Bayer AG
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