# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Mafia-Mülltrennung, Timing à la Siemens, das Geräusch von Gorbatschows | |
> Haustür und nicht vergessen: Veganer schlucken keine Kröten. | |
Bild: Hier geht's lang zur neuen Sicherheitspolitik | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Jamaika bettelt um einen Ordnungsruf vom | |
Bundespräsidenten. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Bundespräsident hat geliefert. | |
Die Grünen sind der Union in der Flüchtlingspolitik entgegengekommen. Einen | |
„atmenden Rahmen“ von 200.000 Asylbewerbern pro Jahr wollen sie | |
akzeptieren. Ist das die Veggie-Obergrenze? | |
Veganer schlucken keine Kröten. Merkels Schläue, die CSU schon in der | |
Vorsondierung auf einen verbalen Schwamm einzusingen, den sie nun alle | |
gemeinsam an die Wand nageln. Entscheidend: Das bisher forcierte Thema | |
„Familiennachzug“ wird zum Deal angeboten gegen die Flüchtlingsaufnahme | |
insgesamt. Unschön für die Grünen, dass sie letztlich damit eine umbenannte | |
„Obergrenze“ mittragen. | |
Oury Jalloh kam 2005 in einer Dessauer Polizeizelle ums Leben – er | |
verbrannte. Hier bestehe der begründete Anfangsverdacht auf Mord, schrieb | |
ein Oberstaatsanwalt laut WDR-Magazin „Monitor“ im April 2017. Auch | |
potenzielle Täter sollen genannt worden sein. Dennoch stellte die | |
Staatsanwaltschaft Halle im Oktober dieses Jahres die Ermittlungen ein. Was | |
ist da los in Sachsen-Anhalt? | |
Offenkundig wenig, das zur Wahrheitsfindung beitrüge: In bisherigen | |
Verfahren wurden der Dessauer Polizei „Schlamperei“ und „Falschaussagen“ | |
richterlich attestiert. Das Feuerzeug, mit dem Jalloh seine schwer | |
entflammbare Matratze entzündet haben soll, tauchte nachträglich auf; bei | |
der Obduktion wurde nicht geröntgt, Beamte zogen Aussagen zurück. Kurz: Die | |
Indizienfantasie von der „Selbstverbrennung“ steht nun einem Gutachten | |
gegenüber, wonach der Brand mindestens ebenso gut die Vertuschung eines | |
Mordes hätte sein können. Der Generalbundesanwalt kann Verfahren an sich | |
ziehen, wenn er die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet sieht | |
oder die Tat sich gegen Verfassungsgrundsätze richtet. Oder er war an dem | |
„Monitor“-Abend im Kino, Pech halt. | |
In New York stehen gerade drei Fifa-Granden vor Gericht. Und ein Zeuge hat | |
ausgesagt, dass ein ehemaliger und mittlerweile verstorbener | |
Fifa-Funktionär eine Million Dollar dafür erhalten haben soll, für die | |
Vergabe der Weltmeisterschaft nach Katar gestimmt zu haben. Was braucht es | |
noch, damit sich Vereine, Landesverbände und Zuschauer von der Fifa | |
abwenden? | |
Die Leute haben auch nicht aufgehört, den Eimer runterzutragen, als die | |
Müllabfuhr längst der Mafia gehörte – in New York. Auch deshalb stehen dort | |
offenbar Ermittler und juristische Werkzeuge bereit, die „MaFifa“ wirksam | |
zu untersuchen. Nachdem im Fußball aus allem Geld gemacht wird, hätte die | |
Fifa ihre eigene „Ethikkommission“ als Comedy-Format an Sky verkaufen | |
können. Sie war zu dem Ergebnis gekommen, die Vergaben an Russland und | |
Katar seien „weitgehend sauber“ verlaufen. Dann verdonnerte sie doch | |
Blatter, Valcke und Platini zu langen Sperren. Prompt feuerte die Fifa ihre | |
eigenen Ethik-Richter. Die WM in Katar wird ein Videobeweis für Korruption. | |
Ach, wo wir da gerade sind: Die Italiener haben sich schon abgewandt und | |
fahren nicht zur WM nach Russland. Sind Sie darüber sehr traurig? | |
Uns alte Herren charmiert der Vorschlag, der 39-jährige Torwart Buffon möge | |
als Spielertrainer weitermachen. Mit 20 Jahren Nationalteam hat er mehr | |
Erfahrung als die meisten Trainerkandidaten. Der italienische Fußball | |
scheint in einem Spätstadium Ribbeck zu sein, überaltert, von Intrigen und | |
Korruption metastasiert. 2006 haben sie die unseren aus dem „Sommermärchen“ | |
geweckt – aber so viel Rache will nicht mal ich. | |
Siemens streicht 6.900 Jobs weltweit, davon 3.300 in Deutschland. Die | |
Turbinenwerke in Leipzig und Görlitz werden ganz dichtgemacht. Siemens | |
solle seine Zukunft eher im Digitalen sehen, und außerdem sei die | |
Energiewende schuld, dass nicht mehr allzu viele Gasturbinen verkauft | |
würden. Alles Ausreden? | |
Zumindest mit der Ausrede „Gasturbinen“ müssen sie sich beeilen, bevor | |
„Jamaika“ die Kohlekraftwerke zusammenstreicht: Um deren Energieleistung zu | |
ersetzen, bräuchte es nämlich: Gasturbinen. Halbtolles timing bei Siemens, | |
also Uhren würde ich da nicht unbedingt kaufen. | |
In der EU haben sich mindestens 20 Staaten in einer Militärkoalition | |
zusammengefunden, um eine engere Kooperation bei Rüstung und Ausbildung zu | |
schaffen. Gibt es nicht schon genug Militärbündnisse? | |
„Pesco“ – „permanent structured cooperation“. Oder das Geräusch, das… | |
hört, wenn die Tür von Gorbatschows „gemeinsamem Haus Europa“ zuschlägt. | |
Die Nato mit einem ADHS-Patienten als US-Präsidenten mag ein starkes | |
Argument sein für eine eigene europäische Militärmacht. | |
Nochverteidigungsministerin von der Leyen nennt gemeinsame Waffenkäufe als | |
Vorteil und etwas, für das noch ein nicht verharmlosendes Wort zu finden | |
wäre: Arbeitsteilung an der Front. Deutschland hat de jure eine | |
„Parlamentsarmee“, Europa nicht mal ein real regierendes Parlament. Dorthin | |
jedoch gehörte die Initiative zu einem gemeinsamen Militärbündnis. | |
Donald Trump junior, Sohn des US-Präsidenten Donald Trump, stand während | |
des Wahlkampfs und danach mit WikiLeaks in Kontakt. Die | |
Whistleblower-Website um Julian Assange wollte sich wohl als PR-Plattform | |
für den jetzigen US-Präsidenten andienen. Ist WikiLeaks damit jetzt am | |
Ende? | |
So bizarr, wie ein und derselbe Vorgang WikiLeaks komplett blamieren kann | |
und die Trumps völlig unbeschadet hinterlässt. Das Faszinosum Trump verhält | |
sich gegenüber moralischen Kriterien wie eine Sondersorte Mensch, die unter | |
Wasser atmen kann. Na ja, unter Morast, egal. | |
Und was machen die Borussen? | |
„Ein schöner Fußballnachmittag im Leben des Thomas Tuchel“, Folge 5. | |
Fragen: jük | |
19 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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