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# taz.de -- Die Wahrheit: „Allmählich reicht es mit Mauseln!“
> Das aktuelle Wahrheit-Interview: Der Berliner Kulturkritiker Kurt Scheel
> über sexuelle Belästigung und die von ihm entwickelte
> „Scheel-Verschärfung“.
Bild: Selbst Dschingis Khan belästigte die Welt bereits sexuell, sagt Kurt Sch…
Kurt Scheel (69) hat viele Jahre lang die Monatszeitschrift „Merkur“
herausgegeben und gilt inzwischen auch über die deutschen Landesgrenzen
hinaus als „veteran cultural observer“ („The Guardian“). Mit Verve misc…
er sich jetzt in die globale Debatte über sexuelle Belästigung ein.
taz: Herr Scheel, der britische Verteidigungsminister Michael Fallon ist
zurückgetreten, weil er einer Journalistin vor fünfzehn Jahren ans Knie
gefasst hat. Was sagen Sie dazu?
Kurt Scheel: Da waren sicherlich noch andere Dinge im Busch. Ich habe schon
vor längerer Zeit einen Vorschlag gemacht, der das Anbandeln, wie Sie es
wohl verharmlosend nennen würden, aus der Grauzone des Verdachts geführt
hätte. Erstens: Nein bedeutet Nein! Zweitens, und das nenne ich die
„Scheel-Verschärfung“: Ja bedeutet auch Nein! Hätten sich Michael Fallon,
Kevin Spacey oder Dschinghis Khan daran gehalten, hätte es keine
„Missverständnisse“ gegeben. Aber mir ist es, wieder einmal, wie Willy
Brandt ergangen, der für seinen Grabstein den Spruch vorgesehen hatte: „Ich
habe Vorschläge gemacht. Sie wurden abgelehnt.“ Und selbst dieser Vorschlag
wurde abgelehnt, es steht ganz etwas anderes auf seinem Grabstein!
Möchten Sie wirklich, dass diese „Verschärfung“, wie Sie das nennen, Ihren
Namen trägt?
„Die Scheel-Verschärfung“, das hat Potenzial, finde ich, das zeckt, so wie
damals „Die Bourne-Verschwörung“. Ob man daraus einen Bestseller machen
könnte, und dann einen Film, mit Kevin Spacey (kleiner Scherz)? Was meinen
Sie?
Der Filmtitel, den Sie zitieren, wird ohne Bindestrich geschrieben.
Stimmt. Der Film heißt albernerweise „Die Bourne Verschwörung“. Und dann
gibt's ja noch „Die Bourne Identität“, „Das Bourne Ultimatum“ und „D…
Bourne Vermächtnis“. Kein Mensch weiß, was das soll. Vielleicht haben die
Produzenten gedacht, dass die Titel ohne Bindestrich knackiger rüberkommen
und nicht so metrosexuell wie „Die Glenn-Miller-Story“. Die mit Abstand
dümmsten deutschen Verleihtitel sind allerdings „Der Babynator“ und „Mo�…
Money – Meh’ Geld“.
Sie bestehen also auf dem Bindestrich?
Wenn schon, denn schon. „Die Scheel-Verschärfung“, das ist nicht zu toppen.
Ich habe bereits Titelschutz beantragt.
Wenn Ihr Vorschlag sich doch noch durchsetzen sollte, könnte es zu
überhaupt keiner sexuellen Interaktion mehr kommen.
Aber dafür eben auch zu keiner sexuellen Belästigung mehr! Und nebenbei
wäre im Handumdrehen das Problem der Bevölkerungsexplosion gelöst.
Damit würden Sie die Menschen jedoch einer Freudenquelle berauben, die
selbst den Ärmsten der Armen kostenlos zur Verfügung steht …
Eckhard Henscheid hat mal ausgerechnet, wie oft in der
Menschheitsgeschichte bereits geschnackselt worden ist, nämlich 195.894
Milliarden Mal. Und das war im Jahre 1972. Mittlerweile sind wir zweifellos
bei einer mindestens doppelt so großen Schlagzahl angelangt, und ich möchte
meinen, dass es nun allmählich reicht.
Wäre das nicht unfair gegenüber dem Nachwuchs, der noch nicht zu seinem
Recht gekommen ist?
Unterschätzen Sie nicht die Opferbereitschaft der Jugend! Ich halte es mit
dem alten volkspädagogischen Grundsatz: Wo geführt wird, wird auch gefolgt.
Wenn wir Silver Ager mit gutem Beispiel vorangehen und der Wollust
entsagen, werden uns die jungen Leute schon folgen. Im übrigen haben
frühere Generationen sehr viel mehr entbehren müssen als das alte
Rein-Raus-Spiel. Denken Sie mal an den Steckrübenwinter 1916/17 oder an die
altgermanische Praxis, Ehebrecher im Moor zu ertränken. Oder an die
Adenauerzeit. Da waren auch nicht ständig Orgien angesagt. Das weiß ich aus
eigener Erfahrung.
Und hat es Ihnen geschadet?
Eben nicht! Das ist ja der Witz bei der Sache.
In den siebziger Jahren hat man Sie dann aber oft an der Seite deutscher
und internationaler Starlets gesehen: Heidi Brühl, Bo Derek, Linda
Lovelace, Lilli Palmer, Isabelle Huppert …
Das waren andere Zeiten. Wer sie nicht miterlebt hat, der trete vor und
schweige! Ich weiche jedenfalls um kein Jota von meiner Generallinie ab.
Wen wünschen Sie sich denn nun wirklich in den Hauptrollen des Gruselfilms
„Die Scheel-Verschärfung“?
Als Feminist ab ovo und in toto kann ich nur dafür werben, das
traditionelle, heutzutage völlig obsolete Geschlechterverhältnis
(„Mann“/„Frau“) endlich aus dem Korsett der Zwangssexualität zu befrei…
Was der moderne Mann von Frauen will, ist doch nicht Sex, sondern
Bewunderung! Für eine deutsche Produktion wünsche ich mir Horror pur, also
Jürgen Vogel und Veronica Ferres. Sollte Hollywood Interesse zeigen, wären
George Clooney und Scarlett Johansson die Idealbesetzung, dann könnte es
sogar eine Fortsetzung geben, eine dieser verlogenen amerikanischen
„romantischen Komödien“: „Die Scheel-Verschärfung II – Jetzt wird wie…
gemauselt!“
Vielen Dank für das Gespräch und viel Glück. Sie werden es brauchen!
13 Nov 2017
## AUTOREN
Gerhard Henschel
## TAGS
sexuelle Belästigung
Harvey Weinstein
Generationen
Alice Schwarzer
Martin Schulz
Sexismus
Buchhandel
Klassenfahrt
Schwerpunkt AfD
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