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# taz.de -- Google in Kreuzberg: Nach Protest muss man hier nicht suchen
> Gegen den Google-Campus im Umspannwerk Kreuzberg formiert sich
> Widerstand. „Freiheit wird erkämpft, nicht gegoogelt“ ist Slogan eines
> Treffens am Samstag.
Bild: Hier soll das Café des Google-Campus im ehemaligen Umspannwerk Kreuzberg…
„Es ist noch nicht die perfekte Lösung: Noch ragt ein Kabel aus der
Schädeldecke, aber schon bald wird es ohne gehen.“ Das ist sie also, die
schöne neue Welt, von der Felix, dessen Nachname nicht in der Zeitung
stehen soll, da am Mittwochabend in der Lausitzer Straße 10 mit Blick auf
den Kreuzberger Google-Campus gerade spricht. Es geht um Neuroimplantate:
Maschinen, die in den Kopf des Menschen eingepflanzt werden. Und die den
Menschen ein bisschen mehr zu einer Maschine machen: effizient, fehlerfrei,
berechenbar. Steuerbar.
„Was für ein Quatsch“, mag jemand ohne körperliche Beeinträchtigung denk…
Ein Querschnittsgelähmter dürfte das anders sehen. Mit einem solchen
Implantat könnte er wieder ein Bild malen. Oder Geige spielen. Vielleicht
sogar Fußball. Vereinfacht gesagt geht das so: Nervenzellen senden Signale
an einen PC, und der PC kommuniziert mit Elektroden, die wiederum Muskeln
aktivieren.
Google – beziehungsweise seine zahlreichen Subunternehmen – macht das
möglich. So wie Google ganz viel möglich macht, was weit über die
Suchmaschinenfunktion hinausgeht: eine „smarte“ Heizung, die spürt, wenn
jemand zu Hause ist. Autos, die von selbst fahren. Kostenloses Internet für
Afrika. Roboter.
Oder Vitamintabletten, die sich im Magen festsetzen, sodass der Proband
geortet werden kann. Das „Baby auf Bestellung“, das genau mit den Merkmalen
zur Welt kommt, die Forscher genetisch „programmiert“ haben, bevor sie den
Embryo in die Gebärmutter einsetzen. „Smarte“ Kontaktlinsen, also PC und
Digitalkamera in einem – die Weiterentwicklung der Google-Brille, die das
Unternehmen vom Markt nehmen musste, nachdem es zahlreiche Angriffe auf
Probanden gegeben hatte. Von Google-Gegnern.
## Etwas gegen Datenklau
Auch Felix ist ein Google-Gegner. Er gehört zu den Betreibern des
Kreuzberger Anti-Google Cafés. Felix hat nichts dagegen, dass Kranken
geholfen wird. Aber Felix hat etwas gegen Datenklau, Überwachung und
Fremdbestimmtheit. „Die arbeiten an der Abschaffung der Menschheit.“ Sein
Publikum guckt ihn fragend an, sodass er hinterherschiebt: „Das ist kein
Witz. Die Spezies Mensch ist für die überholt.“ Er zitiert Sergey Brin, der
zusammen mit Larry Page Google gegründet hat, damals, 1998: „Wir wollen,
dass Google zur dritten Hälfte unseres Gehirns wird.“
Felix will verhindern, dass sich Google in seinem Stadtteil niederlässt.
Google hat Berlin entdeckt, die Stadt mit den meisten Firmenneugründungen
in Deutschland. Google mag Start-ups. Fast täglich kaufe es welche auf,
sagt Felix. Um die anzulocken, will der Konzern auf dem Gelände des
ehemaligen Umspannwerks in der Ohlauer Straße einen Campus einrichten, den
mittlerweile siebten weltweit. Ein Gebäude, wo Start-ups Büros beziehen.
Und wo es Infrastruktur gibt: schnelles WiFi, das bis auf die Dachterrasse
reicht, kostenlose Schulungen, Konferenzräume, die Erlaubnis, seinen Hund –
oder sein Kind – mitzubringen und ein Café, in das jeder, nicht nur die
Start-up-Mitarbeiter, gehen kann. Unentgeltlich – aber nicht ohne Preis.
Denn für die Nutzung bezahlt der Interessent mit seinen Daten. „Bei Google
ist nichts umsonst“, sagt Felix. Die Veranstalterin gibt ihm ein Zeichen,
er muss zum Ende kommen. Es ist an diesem Mittwochabend die erste
Veranstaltung in der Reihe „Interlause“, bei der sich AktivistInnen aus der
Lausitzer Straße 10, dem Anti-Google-Café und der Nachbarschaftsinitiative
GloReiche zusammenschließen, um Widerstand zu mobilisieren. Gegen Google
und andere Player. Felix holt tief Luft und setzt zu einem Plädoyer an.
Noch sei nicht gesagt, dass es so kommen müsse. Für Samstag um 19 Uhr rufen
die Veranstalter zum „Cornern“ vor dem Umspannwerk auf. Ihr Slogan:
„Freiheit wird erkämpft, nicht gegoogelt“.
2 Nov 2017
## AUTOREN
Lea Wagner
## TAGS
Google
Kreuzberg
Protest
Google Campus
Gentrifizierung
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Nullen und Einsen
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