# taz.de -- Doku-Regisseurin über Künstler Nekes: „Einen unschuldigen Blick… | |
> Mit dem persönlichen Dokumentarfilm „Werner Nekes. Das Leben zwischen | |
> Bildern“ zeigt die Hamburgerin Ulrike Pfeiffer, was den Künstler antrieb. | |
Bild: Werner Nekes konnte nur die Rohfassung des Filmes sehen: Er verstarb im J… | |
taz: Frau Pfeiffer, wie haben Sie Werner Nekes und seine Sammlung gefunden? | |
Ulrike Pfeiffer: Ich habe ihn erst 2005 kennengelernt. Ich habe im Altonaer | |
Museum gearbeitet und dort gab es eine riesige Ausstellung über sechs Räume | |
von der Sammlung von Nekes. So hatte ich die Gelegenheit, diese Ausstellung | |
täglich zu sehen. Ich konnte sie richtig studieren. Und je länger ich sie | |
mir anguckte, desto neugieriger wurde ich. | |
Was machte Sie so neugierig? | |
Nekes schöpfte seine Filmideen auch aus dem Potential seiner Sammlung und | |
das fand ich spannend. Parallel lief eine Retrospektive seiner Filme im | |
Metropolis Kino. So konnte man durch die Sammlung zurück in die | |
Vorgeschichte des Kinos blicken und hatte zugleich den Blick nach vorne mit | |
seiner avantgardistischen Filmarbeit. | |
Ist deswegen Ihr Film zugleich ein Künstlerporträt, ein Rundgang durch | |
Nekes Sammlung und eine Kompilation seiner Experimentalfilme? | |
Werner Nekes war ja auch vieles gleichzeitig: Wissenschaftler, Künstler, | |
Sammler und ich wollte mit meinem Film zeigen, wie das bei ihm zusammenkam. | |
Am bekanntesten ist Nekes wohl, weil er mit „Johnny Flash“ den ersten Film | |
mit Helge Schneider gemacht hat. | |
Die waren in Mühlheim fast Nachbarn. Werner Nekes hat Helge Schneider als | |
Musiker entdeckt. Sie hatten einen ähnlichen Humor und das merkt man auch | |
am Film, wie sie sich darin die Bälle zuspielen. | |
Sie haben Nekes Gesprächspartner in für sie typischen Situationen gefilmt: | |
Der Filmkritiker Daniel Kothenschulte stellt Fragen am Küchentisch, und der | |
emeritierte Ästhetik-Professor Bazon Brock fragt ihn gar nichts, weil der | |
ja eh schon alles weiß. | |
Bazon Brock und Werner haben viele Filme miteinander gemacht. Die waren | |
sehr vertraut miteinander. Und Brock hat sich auch sehr darum bemüht, dass | |
Werner ein Haus für die Sammlung findet. Im Film meinte er ja, das Vatikan | |
Museum sollte das übernehmen. Es war schön, dass er so hoch gegriffen hat. | |
Was wird denn nun aus Nekes Sammlung? | |
Das ist noch nicht entschieden. Und ein wenig hat er daran auch selber | |
schuld. Er hat selber von sich gesagt, er wäre ein „besessener Sammler“ und | |
wenn man so wie er an seinen Objekten hing, dann gibt man nichts weg. Es | |
ist mir ein wichtiges Anliegen, dass seine Sammlung jetzt nicht in | |
Einzelteilen veräußert wird und einer sich zum Beispiel nur die Apparaturen | |
nimmt und ein anderer die tollen Bücher. Das muss zusammenbleiben, denn | |
gerade die Kombination der Objekte war ja das Spannende. | |
Warum ist die Sammlung von Werner Nekes so wichtig? | |
Viele kennen ja gar nicht die Ausmaße und die Bedeutung seiner Sammlung: | |
40000 Objekte aus sechs Jahrhunderten hat er zusammengetragen. Und ein | |
Filmmuseum sollte nach meiner Meinung nicht nur die Schuhe von Klaus Kinski | |
und den Morgenmantel von Marlene Dietrich ausstellen, sondern auch die | |
Vorgeschichte des Kinos verdeutlichen. | |
Der schönste Moment in Ihrem Film ist der, wenn Werner Nekes einen seiner | |
Freunde sehr überlegen ansieht und ihn fragt: „Was, du kennst „Grandville�… | |
nicht?“ War Werner Nekes auch ein Besserwisser ? | |
Ja, diese Szene mit dem Musiker Anthony Moore ist für mich auch ganz | |
wichtig, denn immer wenn Werner mir etwas Neues gezeigt hat und ich erst | |
einmal nichts kapierte, dann kam diese Reaktion. Jeder, der Werner Nekes | |
kennt, hat das erlebt. Da fühlte man sich dann nicht so wohl. | |
Sie selbst machen ja ganz andere Filme als Werner Nekes. Hat er sie | |
trotzdem inspiriert? | |
Jetzt, wo man so vielen optischen Einflüssen ausgesetzt ist, finde ich es | |
umso wichtiger zu zeigen, wo das alles herkommt. Dann kann man auch besser | |
durchschauen, wo und wie manipuliert wird. Und wenn man dann jemanden hat, | |
wie den Werner Nekes, der nicht nur Kulturhistoriker, sondern eben auch | |
Künstler ist, der manchmal einen verspielten Blick auf die Dinge hat und | |
sie unterhaltsam präsentieren kann, dann ist das für mich ein Vorbild. | |
Tatsächlich sind ja das Spielen und Kinder zwei wichtige Leitmotive Ihres | |
Films. Sie zeigen, wie Kinder in der Ausstellung vor einem Zerrspiegel | |
spielen. Ist ihr Film nicht auch das Porträt des Künstlers als Kindskopf? | |
So muss man ihn verstehen. Bei der Ausstellung haben Kinder die optischen | |
Phänomen oft viel schneller verstanden als die Erwachsenen. Die hatten noch | |
diesen unschuldigen, unmittelbaren Blick und den hat auch Werner Nekes sich | |
bewahrt. | |
Werner Nekes ist im Januar gestorben. Hat er den Film noch gesehen ? | |
Da war er schon im Krankenhaus, aber keiner hatte damit gerechnet, dass er | |
sterben würde. Wir haben ihm den Rohschnitt auf einem großen Monitor | |
gezeigt. Er hat wegen der Krankheit wenig gesagt, aber er mochte ihn und | |
meinte, es wäre ein „reicher Film“. Das fand ich schön zu hören. | |
Der Film läuft am 3.11. auf den [1][Nordischen Filmtagen in Lübeck]. | |
Kinostart ist der 9.11. | |
1 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.luebeck.de/filmtage/de/index.html | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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