| # taz.de -- Journalistin über Verdachtsberichte: „Gehörn S’ jetzt zua Maf… | |
| > Petra Reski beschäftigt sich seit Jahren mit der Mafia in Deutschland. | |
| > Passagen eines ihrer Bücher müssen nach einem Gerichtsurteil geschwärzt | |
| > bleiben. | |
| Bild: Immer schön unauffällig bleiben: Tatort des Mafia-Massakers von Duisbur… | |
| taz: Frau Reski, am vergangenen Donnerstag hat der Europäischen Gerichtshof | |
| für Menschenrechte (EGMR) eine Beschwerde Ihres Verlages [1][abgelehnt]. Es | |
| ging um verordnete Schwärzungen in Ihrem Buch „Mafia. Von Paten, Pizzerien | |
| und falschen Priestern“. Der EGMR hat einem italienischen Gastronomen recht | |
| gegeben, der sein Persönlichkeitsrecht verletzt sah, weil er darin mit der | |
| organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht wurde. Dabei haben Sie | |
| doch nur einen Verdacht geäußert? | |
| Petra Reski: Genau das ist das Problem. Es geht bei diesen Prozessen nicht | |
| darum, zu beweisen, ob jemand zur Mafia gehört oder nicht. Es geht darum, | |
| ob Verdachtsberichterstattung möglich sein kann oder nicht. So wie die | |
| Urteile aussehen, ist daraus zu schließen, dass Verdachtsberichterstattung | |
| in der Materie Mafia in Deutschland nicht möglich ist. | |
| Woher hatten Sie Ihre Informationen? | |
| Ich habe mich nicht nur auf verschiedene BKA-Berichte über die Mafia in | |
| Deutschland gestützt, sondern auch auf verschiedene Ermittlungsunterlagen, | |
| sowohl deutscher als auch italienischer Polizisten und Staatsanwälte, | |
| ferner eidesstattliche Erklärungen sowohl von deutschen Ermittlern als auch | |
| hochrangiger Anti-Mafia-Ermittler von der nationalen | |
| Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft in Rom, plus der Darlegung, dass diese zu | |
| Zeugenaussagen bereit sind. Ich nehme mal an, dass ich mehr Material | |
| zusammengetragen habe als Polizei und Staatsanwaltschaften in Deutschland. | |
| All das habe ich auch vor Gericht angeführt, und es wurde mit einem | |
| Federstrich weggewischt. Eine Richterin hat während einer Verhandlung in | |
| München den Kläger gefragt: „Ja gehörn s’ jetzt zua Mafia oder ned?“ D… | |
| Niveau finde ich schon ziemlich bedauerlich. | |
| Was ist Ihr Fazit aus dem Urteil? | |
| Ich nehme das zur Kenntnis. Meine Schlüsse habe ich schon vor langer Zeit | |
| daraus gezogen. Richter akzeptieren nur Beweistatsachen für eine | |
| Verdachtsberichterstattung. Was an sich widersinnig ist: Das wären ja nur | |
| letztinstanzliche Urteile, diese kann es in Deutschland zur Mafia gar nicht | |
| geben. Die Zugehörigkeit ist kein Straftatbestand. Es gibt zwar die | |
| kriminelle Vereinigung nach Art der Mafia, aber da muss eine konkrete | |
| Vorbereitung einer Straftat nachgewiesen werden. Dieser widersinnige Umgang | |
| mit Verdachtsberichterstattung betrifft allerdings nicht nur mich, sondern | |
| praktisch jeden, der auf die unglückselige Idee kommt, über die [2][Mafia | |
| in Deutschland] zu berichten. Zuletzt war auch der [3][MDR] davon | |
| betroffen. Absurd an der Sache ist, dass in [4][Italien], wo reihenweise | |
| Journalisten wegen Berichterstattung über die Mafia verklagt werden, mir | |
| kein Fall bekannt ist, dass ein Journalist seinen Prozess verloren hätte, | |
| der so viele Ermittlungsunterlagen wie ich bei italienischen Gerichten | |
| vorlegt. Es gibt in Italien auch keine geschwärzten Bücher – auch nicht in | |
| England, Amerika, Spanien oder Holland. | |
| Wie gehen Sie mit der Situation um? | |
| Ich schreibe seit 2014 nur noch in Romanform über die Mafia. Ich nehme zur | |
| Kenntnis, dass das Thema „Mafia in Deutschland“ ein Tabu ist. In | |
| Deutschland kenne ich keinen Politiker, der das Wort Mafia jemals in den | |
| Mund genommen hätte. | |
| Haben Sie eine Erklärung, warum der Name des Klägers auf einigen | |
| [5][Onlineseiten] noch zu [6][lesen] ist? | |
| Das weiß ich nicht. Ich kann nur von mir berichten – und aus Erfahrung weiß | |
| ich: Wenn man einmal ins Fadenkreuz geraten ist, dann kommt man auch nicht | |
| mehr so schnell raus. Bei mir zieht sich das seit 2008 hin. Ich werde | |
| kontinuierlich überwacht. Alles was ich tue, wird registriert. Grade | |
| aktuell habe ich das auch schwarz auf weiß: Die Gerichte werden überflutet | |
| mit hunderten von Seiten, in denen jede Äußerung von mir oder über mich | |
| dokumentiert wurde – offenbar mit der Absicht, mich dazu zu bringen, zu dem | |
| Thema Mafia in Deutschland gar nicht mehr zu äußern. Und wenn Journalisten | |
| wie [7][Jakob Augstein] den diffamierenden Vorwurf äußern, ich hätte | |
| [8][Fake-News] verbreitet und mich zudem auf den Rechtskosten sitzen | |
| lassen, dann geht die Strategie, an mir ein Exempel zu statuieren leider | |
| sehr erfolgreich auf. Sowohl bei Journalisten, die zweimal überlegen: Soll | |
| ich mir das jetzt antun, dass ich verklagt werden könnte? Als auch bei | |
| Redaktionen: Wollen wir das Risiko hoher Gerichtskosten eingehen? | |
| Wie kommt es, dass Sie einfach weitermachen? | |
| Ich will die deutsche Öffentlichkeit sensibilisieren. Die Mafia ist ein | |
| europäisches Problem. Das hat man zuletzt an dem [9][Mord an der | |
| maltesischen Journalistin] Daphne Caruana Galizia gesehen. | |
| Wie gehen Sie mit den Anfeindungen um? | |
| Ich ziehe daraus [10][Inspiration]. Das Interessante sind nicht die Mafiosi | |
| selbst, die sind relativ berechenbar. Das Interessante sind die | |
| [11][Abgründe der vermeintlich Guten]. | |
| 26 Oct 2017 | |
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| [5] http://www.zeit.de/2008/49/Italienische-Mafia | |
| [6] http://www.sueddeutsche.de/politik/kriminalitaet-pizzerien-sind-ideale-stue… | |
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| [10] http://www.hoffmann-und-campe.de/autoren-info/petra-reski/ | |
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| ## AUTOREN | |
| Lisa Ecke | |
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