# taz.de -- Kolumne Kapitalozän: Eine Frage an die Alienforschung | |
> Könnte man ein zivilisiertes Insekt fachgerecht wickeln? Sollte das | |
> Weltall voller Kapitalisten sein, ließe sich die Frage durchaus | |
> beantworten. | |
Bild: So was will niemand wickeln: sechs Beine und Fühler. | |
Es ist sehr gut, dass mein Sohn kein Käfer ist. Wie er strampelt, beim | |
Wickeln, so vergnügt und doch mit gewisser Ernsthaftigkeit, da denke ich | |
mir oft: Hätte er sechs Beinchen, ich wäre komplett überfordert. Es ist | |
auch sehr gut, dass mein Sohn kein Marsmännchen ist. Er hasst es sehr, wenn | |
ich ihm einen Strampler über den Kopf ziehe; nicht auszudenken, was | |
passierte, wenn da auch noch zwei an Fühlern baumelnde Augen im Weg wären. | |
Was mich zur eigentlichen Frage bringt. Sie ist noch nie von einem | |
Journalisten zuvor gestellt worden: Falls es außerirdische Zivilisationen | |
gibt, sind das dann kapitalistische Gesellschaften? Die Frage ist | |
berechtigt. Sie lässt sich direkt aus dem Glaubensbekenntnis unseres | |
ökonomischen Systems ableiten: „Ich bekenne im Namen der unsichtbaren Hand | |
des Marktes, dass nur der Kapitalismus Fortschritt brachte und bringt. | |
Amen.“ Damit brachte der Kapitalismus auch unsere Fähigkeit, das All zu | |
erforschen. Und jetzt erkläre mir mal einer, warum das bei zivilisierten | |
Aliens anders sein sollte. | |
Zu dieser These habe ich zwei Experten befragt: den US-Astronom Seth | |
Shostak, Leiter das Seti-Instituts in Mountain View, Kalifornien; sowie den | |
kasachischen Astrobiologen Maxim Makukov vom Fesenkov Astrophysical | |
Institute in Almaty. | |
Am Seti-Institut suchen sie das All nach Signalen außerirdischer | |
Zivilisationen ab, bisher erfolglos. Vor ein paar Jahren hab ich Shostak | |
besucht, er ist sehr sympathisch und sammelt in seinem Büro | |
Alien-Knubbelfiguren, die ihm Fans schicken. Makukov wiederum | |
veröffentlichte im Juli im renommierten International Journal of | |
Astrobiology eine [1][von der Fachwelt völlig ignorierte Arbeit]. Darin | |
vertritt er folgende These: Vor Hunderten Millionen Jahren schickten | |
Außerirdische interstellare Roboterraumsonden zu entfernten Planeten, um | |
dort Einzeller abzusetzen und so das Leben zu verbreiten. Auch zur Erde. | |
Francis Crick, Entdecker der DNS-Doppelhelix, [2][vertrat diese These | |
übrigens auch]. Makukov will nun eine Signatur der Aliens in unser aller | |
DNA entdeckt haben. | |
Shostak schrieb mir zurück, meine These sei sehr interessant. „Sicher | |
dürfte sein, dass die Ausbeutung von Ressourcen in unserem Sonnensystem – | |
was in den nächsten 100 Jahren kommen könnte – von privaten Unternehmen | |
getrieben sein wird.“ Aber generell gebe es Raumfahrt auf der Erde aber | |
auch in nichtkapitalistischen Gesellschaften. Ich entgegne da nur: Ja, | |
klar, Sputnik, Hündin Laika und Juri Gagarin. Alles Kommunisten. Aber Marx | |
nicht gelesen? Ohne Kapitalismus kein Kommunismus. | |
Makukov schrieb: „Intelligenz ist ohne Gesellschaft nicht möglich.“ | |
Evolution sei der einzige bekannte Mechanismus, der komplexe biologische | |
Systeme hervorbringe. Da kooperiere ständig alles. Deshalb, so Makukov, sei | |
nicht zu erwarten, dass es intelligente außerirdische Wolken oder schlaue | |
Ozeane gebe. „Falls wir Außerirdische treffen und die sich als Kapitalisten | |
entpuppen, mich würde das nicht überraschen“, so Makukov. | |
Mich würde das deprimieren. Aber einmal zuschauen, wie man sechsbeinige | |
Babys wickelt, dafür nehm ich auch Kapitalistenaliens. | |
27 Oct 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.cambridge.org/core/journals/international-journal-of-astrobiolo… | |
[2] https://profiles.nlm.nih.gov/ps/access/SCBCCP.pdf | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Kapitalozän | |
Aliens | |
Börse | |
Kapitalozän | |
Bitcoin | |
Kapitalozän | |
Kapitalozän | |
Kapitalozän | |
Kapitalozän | |
Kapitalozän | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Kapitalozän: Börsenabstürze als Entgiftungskur | |
Ich freue mich über die Kursstürze an den Aktienbörsen. Es wird Zeit zur | |
vollständigen Finanzapokalypse. Denn ich will nur eines: Rache. | |
Kolumne Kapitalozän: Am einfachsten wäre, wir stürben alle | |
Nichtvermehren ist das neue Öko – als Erste-Welt-Parasit ziemt es sich | |
nicht, ein Kind zu bekommen, sagen manche. Ich bin da leider raus. | |
Kolumne Kapitalozän: Poe’s X-Wing Fighter statt Bitcoin | |
Bitcoin, Bitcoin, Bitcoin, Bitcoin, Bitcoin, Bitcoin, Bitcoin, Bitcoin. Der | |
Hype ist unerträglich. Und er schmerzt. Die wahre Geschichte einer | |
Fehlinvestition. | |
Kolumne Kapitalozän: Hetzt Drogenfahnder auf Vermieter | |
Jamaika redet auch über die Mietpreisbremse. Das ist nett. Bringt aber | |
wenig, so lange Vermieter auf Regeln scheißen. Und Mieter gegeneinander | |
aufhetzen. | |
Kolumne Kapitalozän: Schaut auf die Hunde! | |
Unternehmen wir eine Zeitreise – nicht nur in die Zukunft der SPD, sondern | |
in die gesamtdeutsche, ach was: in die globale und liberale! | |
Kolumne Kapitalozän: Von Söhnen und Hurensöhnen | |
Die FDP könnte vom Linkssein gelangweilte Linke als neue Wählerschicht | |
ansprechen. Was also tun, wenn mein Kind ein Neoliberaler wird? | |
Kolumne Kapitalozän: Wachstumsfeld Nase | |
302.017 Jahre Kapitalismus, Zeit für ein Zwischenfazit: Unabhängig von | |
Martin Schulz sollten Sie neue Freunde suchen und den Hund aussetzen. | |
Kolumne Kapitalozän: Verteidigt den Standort Deutschland! | |
Der Standort Deutschland ist in Gefahr! Wegen Diesel und Autokartell. | |
Schadenfroh? Nein. Linksökos brauchen die Knete, darum: Kämpft! |