# taz.de -- Trainernachfolge FC Bayern München: Müsli-Thomas vs. Wurst-Uli | |
> In München wird diskutiert: Können Tuchel und Hoeneß miteinander? Dabei | |
> müssten die Fragen lauten: Wollen wir Tuchel? Und wohin mit Uli? | |
Bild: Thomas Tuchel aka Müsli-Thomas | |
Manchmal ist es nach Trainerwechseln ja so: Da kannst du [1][nach der | |
Entlassung des einen Übungsleiters] einen rauchenden Affen auf die Bank | |
setzen, die Mannschaft wird siegen. Allein der Umstand, dass die Spieler | |
den alten Coach los sind, reicht aus, um aus Ackergäulen Rennpferde werden | |
zu lassen. Der Effekt hält meistens zwei Wochen an. Oder drei. Wenn's | |
richtig gut läuft auch vier. Aber spätestens dann sollte den Spielern | |
aufgefallen sein, dass da auf der Bank eben doch nur ein rauchender Affe | |
sitzt – und das selbst aus dem schönsten Ackergaul nur schwerlich ein | |
Rennpferd wird. | |
Beim FC Bayern haben sie natürlich keinen rauchenden Affen als | |
Interimstrainer installiert, sondern einen altgedienten Fußballer des Klubs | |
und bisherigen Co-Trainer: Willy Sagnol. Vielleicht gab es genau deswegen | |
auch nicht den oben beschriebenen Effekt. 2:2 spielten die Münchener im | |
Berliner Olympiastadion gegen Hertha BSC. Und es war kein glückliches | |
Berliner 2:2 mit Bayern-Torwartpatzer und Hertha-Toren aus dem Nichts. Es | |
war das gerechte Ergebnis zwischen zwei Mannschaften, die gleich gut waren. | |
Es war Spiel eins nach Carlo Ancelotti – und es machte deutlich, wie sehr | |
die Bayern einen neuen Trainer brauchen. Dass sie sich nicht mit | |
Interimslösungen werden durchwurschteln können. In anderen Branchen würde | |
jetzt vermutlich der Name Silvia Neid in die Diskussion geworfen, | |
schließlich hat die doch schon ein Unternehmen in der Branche geleitet und | |
da die Bilanz ordentlich poliert. | |
## Vorhersehbare Kandidaten | |
Aber wir sind ja nicht in irgendeiner Branche: Wir sind im Fußball. Und der | |
ist ebenso überraschend wie vorhersehbar. Und so werden jetzt die Namen | |
gehandelt, die eh jeder auf dem Zettel hatte für die Ancelotti-Nachfolge: | |
Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann. (Nur beim Sport1-„Doppelpass“ wurde | |
auch Lothar Matthäus ins Spiel gebracht) | |
Wie gesagt: vorhersehbar. | |
Überraschend ist nur, dass die Nachfolge nicht im Sommer 2018, sondern | |
jetzt in der Länderspielpause nach dem siebten Spieltag der Bundesliga | |
geregelt werden muss. Und so ist aus dem Favoriten (Nagelsmann) plötzlich | |
ein Außenseiter geworden. Denn können die Hoffenheimer den Vater (das Wort | |
klingt im Zusammenhang mit dem 30-Jährigen zwar unpassend, entspricht aber | |
schlicht der Wahrheit) ihres aktuellen Erfolges wirklich gehen lassen? | |
Eigentlich nicht. Denn die TSG würde ein fatales Signal senden, wie damals | |
als sie im Winter Luiz Gustavo ziehen ließ, Trainer Ralf Rangnick daraufhin | |
die Brocken hinschmiss und das Fußball-auf-dem-Dorf-Projekt niederging. | |
Aber wenn Nagelsmann nicht kann, bleibt aktuell eigentlich nur Tuchel. Bild | |
und Sport Bild haben am Samstag schon mal ein Foto von dem ehemaligen | |
BVB-Coach abgedruckt, wie er in einen Flieger nach München steigt – | |
[2][anscheinend ohne die Rechte für das Bild zu haben]. | |
Nun ist die überall diskutierte Frage – neben der, ob Springer bereit ist, | |
den Fotografen des Tuchel-Bilds zu entschädigen – ob das gutgehen kann mit | |
Müsli-Thomas und Wurst-Uli. Hier der Asket, dort die | |
Mia-san-mia-Verkörperung. Der eine soll das Pastaessen in Dortmund verboten | |
haben, der andere hat nichts das geringste Verständnis für Vegetarier. | |
Nur müsste die Frage nicht eigentlich lauten: Wie lang kann das mit Uli | |
Hoeneß und dem FC Bayern noch gutgehen? Als der Steuerhinterzieher Anfang | |
2016 aus der Haft entlassen und Ende 2016 wieder zum Präsidenten des FC | |
Bayern gewählt worden war, hatten viele erwartet, dass da nun ein | |
geläuterter Hoeneß die Geschicke leitet. Tja, war nichts. Hoeneß verteilt | |
wieder verbale Ohrfeigen, zuletzt an Ancelotti und an Vorstandschef Kalle | |
Rummenigge. | |
Tuchel soll sich jede Einmischung verbitten, so heißt es. Er sei stur, sehr | |
akribisch, so ein bisschen wie Guardiola. Vielleicht noch uncooler, noch | |
unlockerer. Wenn die Bayern so einen haben wollen, so einen Trainer, der | |
aus einer Mannschaft noch ein bisschen mehr rauskitzelt als sie kann, weil | |
er es einfach kann, weil er selbst an und über Grenzen geht, dann müssten | |
die Verantwortlichen in Vorstand und Aufsichtsrat eigentlich zu dem Schluss | |
kommen, dass dann aber kein Platz mehr für Hoeneß ist. Und eigentlich auch | |
nicht für Rummenigge. | |
Nur blöd, dass im Aufsichtsrat gefühlt nur Hoeneß-Homies sitzen: | |
Ex-Ministerpräsident Stoiber, Ex-VW-Chef Winterkorn, Ex-Adidas-Chef Hainer | |
und so weiter. Acht ältere Herren, die alle zu ihrem neunten | |
Tafelrunde-Mitglied Uli Hoeneß halten werden. | |
Es gibt Studien, die nahelegen, dass Unternehmen, die in der Führung divers | |
aufgestellt sind, also auch solch absurde Randgruppen wie Frauen oder | |
Ausländer ans Ruder ließen, auf Veränderungen besser reagieren könnten. | |
Beim FC Bayern haben sie diese Studien vermutlich nie gelesen. | |
2 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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