# taz.de -- Protest gegen Arbeitsbedingungen: Leiharbeit im Auftrag der Polizei | |
> Zeitarbeiter, die in Marzahn für die Polizei Knöllchen einscannen, | |
> demonstrieren für ihre Festanstellung. Die Innenverwaltung hält sich da | |
> lieber raus. | |
Bild: Der eine hat sie, der andere nicht: die Festanstellung | |
„Super, Franzi, noch eine Runde“, ruft die Frau mit dem roten | |
IG-Metall-Basecap ins Mikrofon. Unter dem Klang von Trommeln und mit einer | |
Gewerkschaftsfahne in der Hand trabt Franzi tapfer um die kleine Grünfläche | |
vor dem Eingang des Polizeiabschnitts 62 in Biesdorf. In dem Plattenbau | |
sind auch Firmen untergebracht, hier arbeitet die junge Frau: Beim | |
Dienstleister Atos scannt sie seit elf Jahren Strafzettel der Polizei ein. | |
Mit der kleinen, aber lautstarken Demonstration wollen Franzi und ein | |
Dutzend KollegInnen am Freitag auf ihre prekäre Arbeitssituation aufmerksam | |
machen: Obwohl sie seit über zehn Jahren dieselbe Arbeit erledigen und | |
mittlerweile darauf spezialisiert sind, haben sie keine Aufsicht auf eine | |
Festanstellung. Ihr Arbeitgeber ist die Zeitarbeitsfirma Randstad, die sie | |
an Atos ausleiht. Bei Atos arbeiten auch Festangestellte, die die Situation | |
der Leiharbeiter unerträglich finden. | |
Carola Kühn, die Betriebsratsvorsitzende, demonstriert mit. „Für die | |
Leihbeschäftigten ist das auch ein finanzieller Nachteil“, sagt sie. „Sie | |
verdienen 13 Euro in der Stunde, mit einem Festvertrag würden sie 5 Euro | |
mehr bekommen. | |
Im Mai hatten die Atos-Beschäftigten schon einmal demonstriert, daraufhin | |
signalisierte das Unternehmen erst einmal Gesprächsbereitschaft. Aus der | |
Ankündigung, eine Festanstellung zu prüfen, ist aber bis heute nichts | |
geworden. Mittlerweile hat sich auch die Rechtslage geändert, erklärt | |
Susanne Steinborn, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall, die Frau am | |
Mikrofon. „Weil künftig Leiharbeitsverhältnisse nur noch 18 Monate dauern | |
dürfen, müssten die bei Atos Beschäftigten ab Oktober 2018 ihre Jobs | |
aufgeben, in die sie bestens eingearbeitet sind.“ Atos habe auch | |
durchblicken lassen, dass es die Leiharbeiter in ein weiteres Unternehmen | |
outsourcen würde – „aber damit würden die Leute ja noch mehr verarscht.“ | |
## Druck auf Senator Geisel | |
Unterstützung bekommt die Gruppe vom frisch gewählten | |
Bundestagsabgeordneten der Linken, Pascal Meiser. „Ich gehöre zwar nicht | |
dem Senat an“, sagt er durchs Mikrofon. „Aber ich werde tun, was ich kann, | |
um Druck auf die Innenverwaltung auszuüben.“ Senator Andreas Geisel (SPD) | |
sei indirekt für diese Situation verantwortlich, schließlich arbeiteten die | |
KollegInnen im Auftrag der Polizei. „Und im Koalitionsvertrag steht, dass | |
das Land Berlin in seinem Zuständigkeitsbereich keine schlecht bezahlten | |
und unsicheren Jobs mehr dulden wird.“ | |
Die Innenverwaltung weist auf taz-Anfrage die Zuständigkeit von sich: Man | |
sei nicht der Auftraggeber, sondern nur Fachaufsicht für die | |
Polizeibehörde. Von dieser war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu | |
erhalten. | |
29 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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