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# taz.de -- Wahl in Neuseeland: Jacinda Ardern, Superstar
> Eine 37-jährige Labour-Abgeordnete macht kurz vor der Wahl in Neuseeland
> von sich reden. Sie könnte die jüngste Regierungschefin des Landes
> werden.
Bild: Bald Regierungschefin in Neuseeland? Jacinda Ardern
Sydney taz | In den Straßen von Auckland und Christchurch gibt es einen
neuen Verkaufshit: T-Shirts, Tragetaschen und iPhone-Hüllen mit dem
Konterfei einer Politikerin. Jacinda Ardern, noch vor Wochen eine einfache
Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei, ist zum Superstar geworden.
Neuseeland befinde sich in „Jacindamania“, meinte jüngst eine Zeitung –
„Jacinda-Wahn“. Wenn der Trend anhält, könnte die 37-Jährige am 23.
September jüngste Regierungschefin der neuseeländischen Geschichte werden.
Die Sozialdemokratin verdankt einen Teil ihres Erfolgs einem
Ultrakonservativen. Kurz nachdem sie im August Oppositionschef Andrew
Little abgelöst hatte, stellte sie sich einem Radiointerview. Und wurde vom
rechtspopulistischen Moderator mit der Frage der Entscheidung zwischen
einer politischen Karriere und Kindern konfrontiert.
Ihre souveräne Antwort löste in sozialen Medien einen Sturm der
Unterstützung aus. Sie habe sich als Politikerin freiwillig der
Öffentlichkeit ausgesetzt, meinte sie, und sei bereit, zu antworten. Dann
aber wetterte sie, es sei „völlig unannehmbar, dass Frauen 2017 am
Arbeitsplatz auf eine solche Frage antworten sollen“. In Neuseeland ist es
Arbeitgebern nicht gestattet, Bewerberinnen Fragen zur Familienplanung zu
stellen.
Solche Vorfälle scheinen die Politikerin und ihre Partei nur zu stärken.
Labour hatte bis vor Kurzem gegen die seit acht Jahren regierende
konservative National Party keine Chance. Vergangene Woche lag die Partei
in einer Umfrage bei 43, die Konservativen bei 41 Prozent. Während einige
Beobachter dennoch von einem knappen Sieg der Konservativen ausgehen,
denken andere, Labour könnte mithilfe kleinerer Parteien wie den Grünen
eine Koalitionsregierung bilden.
Ein solches Szenario ist ein Alptraum für Arderns Gegner bei den
Konservativen. Die politische Beraterin von Exregierungschefin Helen Clark
„sei nicht fit“, das Amt zu übernehmen, so Kommentator Richard Prebble.
Doch das Argument, sie sei zu jung und politisch unerfahren, verliert bei
öffentlichen Auftritten an Kraft. In TV-Duellen stach sie Premier Bill
English aus. Ardern ist nicht nur über aktuelle Themen informiert, sie
nimmt auch gerne Stellung zu kontroversen Fragen. So sprach sie sich für
die Nutzung von Cannabis zu medizinischen Zwecken aus.
## Neuseeland steht wirtschaftlich gut da
Dass English um seinen Job fürchten muss, verblüfft Kommentatoren im
konservativen Lager. Denn es geht Neuseeland wirtschaftlich so gut wie
lange nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs 2016 um vier Prozent.
Zeichen von Inflation gibt es kaum. Die Arbeitslosenrate ist unter fünf
Prozent gefallen.
Trotz des Erdbebens, das 2011 weite Teile der Stadt Christchurch zerstört
hatte, ist der Haushaltsplan der Regierung nach einem Loch von 14
Milliarden neuseeländischen Dollar wieder im schwarzen Bereich. Ein näherer
Blick auf die Statistiken aber zeigt, dass der Graben zwischen Arm und
Reich wächst. Misst man das Wachstum pro Kopf der Bevölkerung, kommt man
auf ein Prozent.
Glaubt man der Jungpolitikerin, würde unter einer von Labour geführten
Regierung auch die Umwelt stärker beachtet. Sie hat sich für stärkere
Maßnahmen gegen den Klimawandel ausgesprochen. Neuseeland vermarktet sich
seit Jahren erfolgreich als „100 Prozent pur“ – als natürliche Urlaubsin…
par excellence.
Dem ist aber nicht so, zeigen Untersuchungen. Die Expansion der
Milchwirtschaft hat zu einer katastrophalen Verseuchung von Gewässern
geführt. Heute leben 10 Millionen Rinder im Antipodenstaat, 6,5 Millionen
für die Milchproduktion. Böse Zungen haben einen neuen Begriff gefunden.
Die „saubere und grüne“ Inselnation sei ein „grünes Gülleloch“.
21 Sep 2017
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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