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# taz.de -- Eröffnung des Kino Delphi Lux: Vielfalt in der Schuhschachtel
> Die Lux-Eröffnung ist ein gutes Signal für die Branche, aber kein Zeichen
> für eine Renaissance des Kinostandorts in der City West.
Bild: Blick aufs Kino Lux
Wenn just an jener Stelle, wo vor 30 Jahren das große Westberliner
Kinosterben begann, jetzt wieder ein Filmtheater eröffnet, ist das
natürlich eine gute Nachricht. Seit Donnerstag zeigt das Delphi Lux, das
zur Yorck-Kinogruppe gehört, in sieben Sälen sein Programm.
Vom großen alten Delphi-Filmpalast an der Kantstraße sind es nur ein paar
Meter hinüber zum kleinteiligen Lux in der Fußgängerpassage Yva-Bogen am
Bahnhof Zoo. Hinter viel Glas, mit schickem Design und in bunte Farben
getaucht, erinnert hier wenig an die Ödnis vergangener Tage vor Ort. Rund
um den Bahnhof hatten nach dem Mauerfall 1989 die Lichtspielhäuser
reihenweise dichtmachen müssen. Das war eine Folge der
Umstrukturierungsprozesse sowohl in der City West als auch in ganz Berlin.
Das Olympia, das Gloria und die Gloriette, das Marmorhaus, Smoky, Aki und
die Broadwaykinos, die Filmbühne Wien und die am Steinplatz sowie der
Royalpalast sind in dem Quartier verschwunden. Mit den sieben Lux-Kinos
findet eine kleine cineastische Rückeroberung des zu großen Teilen
verlorenen gegangenen Terrains statt. Charlottenburgs Bezirksbürgermeister
Reinhard Naumann spricht von der „Pionierrolle im kulturellen Bereich“, die
das Lux in der City West spielen könnte. Dem könnte man zustimmen.
Doch wenn von einer „Renaissance“ des historischen Kinostandorts die Rede
ist, weil das Lux an die „großen Traditionen der Kinomeile am
Kurfürstendamm anknüpft“, wie Christian Bräuer, einer der Geschäftsführer
der Yorck-Kinogruppe meint, sollte man vorsichtig sein. Es ist da – wie oft
im Filmbusiness – etwas Bluff und Euphemismus mit im Spiel.
Denn zum kulturellen Alleinstellungsmerkmal zwischen Bahnhof Zoo und
Ku’damm taugt das Yorck-Kinoprojekt nicht. Es ist weniger Antreiber als
Mitläufer der Wiederbelebung und kulturellen Aufwertung der dortigen
Stadtentwicklung. Im Umfeld des neuen Luxushotels Waldorf Astoria haben
andere kulturelle und bauliche Akzente gesetzt: das Fotomuseum, die
C/O-Galerie, das sanierte Bikinihaus.
Entscheidender ist jedoch, dass weder die Dimension noch die Struktur des
Lux an eine Wiedergeburt der großen Lichtspielhäuser im Umfeld des Bahnhof
Zoo denken lässt. Angesichts der kleinen Säle wird man eher an die Zeit der
„Schachtelkinos“ erinnert, die zu den Totengräbern der Kinolandschaft
zählten. Das Lux spiegelt somit ein kulturelles und wirtschaftlich
profitables Modell wider, wie heute Kino gemacht werden kann, ja muss.
Nach der Statistik der Filmförderanstalt FFA wurden in Berlin 2016
insgesamt 93 Spielstätten inklusive den Multiplexen betrieben. Von 275
Leinwänden flimmerten die Filme. Wesentliche Schließungen von Kinos und
Rückgänge von Zuschauern (über 11 Millionen) im Vergleich zu den Vorjahren
verzeichnete die FFA nicht.
Die Zahlen blieben nicht nur konstant. Neue Kiez- und Arthouse-Kinos wie
das Klick, das Wolf oder das Krokodil kamen hinzu. Dabei haben sich die
Betreiber spezialisiert auf räumlich kleine, modernisierte, flexibel
nutzbare und technisch sehr gut ausgestattete Kinos für anspruchsvolle
Zuschauer. Joachim Flebbe, Eigentümer des Zoo-Palasts, meint sogar, dass
eine neue Zeit bequemer „Neo-Filmklubs“ vor der Tür stehe – was dem
Klischee und Bedürfnissen der Monster-Flachbildschirm-Cineasten und
Tabletnutzern entsprechen würde.
Das flexible Programm- und Marktmodell des Lux ist für die Ansprüche eines
kleinen Publikums, individuelle Vorführungen und coole Studioprogramme bis
hin zur Vermietung eines 36-Plätze-Saals, um seine digitalen Urlaubsvideos
zu zeigen, ebenso geeignet wie für Festivalpremieren und Filmkunst vor 150
Zuschauern.
Mit dem Thema „Renaissance“ sollte man schließlich auch vorsichtig bleiben,
weil unweit des Lux derzeit ein Kinogebäude abgerissen wird. Das Gloria mit
seiner 50er-Jahre-Kinoarchitektur versinkt im Bauschutt. Und ob das
Yorck-Stammhaus in Riehmers Hofgarten in Kreuzberg überlebt, ist offen. Der
Eigentümer will dort Wohnungen errichten. Man sei in Verhandlungen, um die
Kinos zu erhalten, so eine Yorck-Sprecherin.
7 Sep 2017
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
## TAGS
Kino
Eröffnung
taz.gazete
Jarosław Kaczyński
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