# taz.de -- Fangesänge im britischen Fußball: Gefeierter Judenhass | |
> Mit rassistischen und antisemitischen Fangesängen werden in der Premier | |
> League sogar eigene Spieler bedacht. Nun mehren sich die Proteste. | |
Bild: Will von seinem Penis nichts hören: ManU-Stürmer Romelu Lukaku | |
MANCHESTER taz | Eigentlich hätte Scott Patterson beglückt nach Hause gehen | |
können nach dem Heimspiel von Manchester United gegen den FC Everton am | |
Sonntag. Seine Mannschaft hatte 4:0 gewonnen, ist damit auch nach dem | |
fünften Spieltag noch ungeschlagen und eroberte die Tabellenführung der | |
Premier League zurück. Doch Patterson war bestürzt über einen Gesang, den | |
Uniteds Fans neuerdings anstimmen. „Ich war empört, diesen Song zu hören. | |
Ich will nicht, dass wir so sind“, schrieb der Fan auf dem bekannten | |
[1][United-Blog „Republik of Mancunia“]. | |
Das Lied, das er meinte, hat eigentlich den Zweck, den neuen Angreifer | |
Romelu Lukaku zu würdigen. In den ersten sieben Spielen für den Klub | |
gelangen dem Belgier mit kongolesischer Abstammung sieben Tore. Doch in dem | |
Gesang bedienen sich die Fans stumpfer Klischees. Zur Melodie des Songs | |
„Made of Stone“ von der aus Manchester stammenden Band The Stone Roses | |
singen sie: „Romelu Lukaku, he’s our Belgian scoring genius with a 24 inch | |
penis.“ Zu Deutsch: Er ist unser belgisches Tor-Genie mit einem 60 | |
Zentimeter langen Penis. | |
Fan-Blogger Patterson hat eine klare Haltung zu dem Lied. „Wir haben einen | |
hochgradig begabten Stürmer, doch wir feiern ihn für die angebliche Größe | |
seines Penis. Weil das nun einmal bei allen schwarzen Männern so ist, you | |
know. Das ist ein billiges und verletzendes Stereotyp, das heutzutage | |
keinen Platz mehr hat“, schreibt er. Doch ihm ist auch klar, dass das viele | |
Fans vermutlich anders sehen. | |
In England haben fragwürdige Gesänge eine lange Tradition. Rassistische und | |
homophobe Lieder werden als das übliche Geplänkel unter rivalisierenden | |
Anhängern abgetan, als Folklore, die nun einmal zum Fußball dazu gehöre. | |
Oft haben die Lieder gar nicht den Zweck, den Adressaten zu beleidigen, wie | |
auch im Fall Lukakus. Dass das Liedgut dennoch problematisch ist, wollen | |
viele Fans nicht einsehen. Das hat sich durch die Gentrifizierung der | |
Stadien in der Premier League durch die Abschaffung der Stehplätze und | |
immer teurere Eintrittskarten nicht geändert. | |
## Auch der FC Chelsea ist betroffen | |
Die Organisation Kick It Out kämpft gegen Diskriminierung im Fußball und | |
wird dabei unter anderem von Manchester Citys Profi Yaya Touré, von Thomas | |
Hitzlsperger und auch von Lukaku selbst unterstützt. Sie hat Kontakt zu | |
Manchester United aufgenommen und will mit dem Verein und dem englischen | |
Verband daran arbeiten, den Gesang aus dem Stadion zu verbannen. „Der Text | |
ist beleidigend und diskriminierend. Rassistische Stereotype sind nie | |
akzeptabel im Fußball oder der Gesellschaft, egal, ob damit eigentlich ein | |
Spieler unterstützt werden soll“, teilte die Organisation mit. United | |
spricht von einer „Null-Toleranz-Politik“ bei Rassismus im Stadion und will | |
sich Hilfe von außerhalb holen. | |
Nicht nur wegen des Falls in Manchester wird in England diskutiert, wie | |
weit Fangesänge gehen dürfen. Auch der FC Chelsea hat mit einem | |
problematischen Lied zu tun. „He came from Real Madrid, he hates the | |
fucking yids!“, singen die Anhänger des englischen Meisters, um den aus | |
Spanien gekommenen Angreifer Álvaro Morata zu feiern. Yids ist eine | |
abwertende Bezeichnung für Juden. Doch auch die Fans von Chelseas Londoner | |
Rivalen Tottenham Hotspur nennen sich so, weil der Stadtteil jüdisch | |
geprägt ist. Schon seit Jahren wird bei Tottenham diskutiert, ob diese | |
Selbstbezeichnung angebracht ist. Immer wieder gibt es antisemitische | |
Ausfälle gegen den Klub. | |
Der FC Chelsea hat schnell reagiert, als der Morata-Gesang vor anderthalb | |
Wochen zum ersten Mal zu hören war. „Der Verein und die Spieler schätzen | |
die Unterstützung der Fans, aber die Sprache in diesem Lied ist absolut | |
nicht akzeptabel“, sagte ein Sprecher. Er berichtete, dass Morata unter | |
keinen Umständen mit dem Lied in Verbindung gebracht werden wolle, und | |
forderte die Fans auf, den Gesang aus dem Repertoire zu verbannen. Kick It | |
Out lobte den Verein für seine klare Haltung. | |
Morata selbst äußerte sich zurückhaltender. Über Twitter verlangte er | |
lediglich [2][respektvolles Verhalten, ganz grundsätzlich]. Es ist eben | |
nicht einfach, Probleme anzusprechen, die von vielen Fans gar nicht als | |
Probleme gesehen werden. | |
19 Sep 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://therepublikofmancunia.com/why-united-fans-should-bin-the-new-lukaku-… | |
[2] https://twitter.com/AlvaroMorata/status/906579973443608576 | |
## AUTOREN | |
Hendrik Buchheister | |
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