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# taz.de -- Stadtentwicklung Potsdam: Neuer Stadtteil auf alter Kaserne
> Brandenburgs Landeshauptstadt wächst stark. Deshalb sollen neue Wohnungen
> auf dem alten Kasernengelände Krampnitz entstehen.
Bild: Da muss einiges saniert werden: Blick auf die einstigen Kasernen in Kramp…
Vom Dach eines alten Funkturms bietet sich mit 48 Metern Höhe ein passabler
Überblick auf das Gelände. Neben dem nahen Ufer des Krampnitzsees breitet
sich ein Meer aus grünem Laub aus. Ab und zu ragen ein paar demolierte
Ziegeldächer heraus. Sie lassen erkennen, dass dieser Ort einmal von
Menschen gestaltet worden sein muss. Im Moment hat aber eindeutig die Natur
die Oberhand.
Das soll sich bald ändern. Auf dem früheren Kasernengelände Krampnitz, nur
etwa 6 Kilometer vom Berliner Stadtteil Kladow entfernt, will sich
Brandenburgs boomende Landeshauptstadt Potsdam einen neuen Stadtteil
gönnen. Bis zu 7.000 Menschen sollen dort in den kommenden Jahren
einziehen.
Potsdam, das so schnell wächst wie keine andere Landeshauptstadt, braucht
den neuen Stadtteil. Und die Lage dürfte das Viertel auch für Zuzügler aus
Berlin attraktiv machen. „Das ist das wichtigste Projekt der Stadt in den
nächsten Jahren“, sagt Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos).
Eigentlich läuft es nicht schlecht für die Stadt. Die Einwohnerzahl ist
innerhalb von zwölf Monaten um 2,5 Prozent gewachsen. Erst Anfang August
gab es dickes Lob vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen.
Die Stadt bewältige den Zuzug besser als Berlin, hieß es.
Tatsächlich wird in Potsdam viel gebaut. Im vergangenen Jahr 2016 wurden
mehr als 1.600 Neubauwohnungen fertiggestellt – ein Rekord. Das sind 9,7
Wohnungen pro 1.000 Einwohner. Der Wert ist mehr als doppelt so hoch wie in
Berlin. Doch langsam gehen der Stadt die Bauflächen aus. Lücken sind
bereits geschlossen. Nun rückt die Peripherie in den Blick.
## Kyrillische Schriftzeichen
In der obersten Etage des alten Funkturms sind kyrillische Schriftzeichen
in die dicke graue Farbschicht auf den Ziegeln geritzt. Berdjansk, Perm,
Barnaul – Ortsnamen in der Ukraine, dem Ural und in Sibirien. Die Funker
der Sowjetarmee, die hier auf dem Gelände stationiert war, hatten offenbar
auch mal Muße während ihres Dienstes. Künftig soll der Turm mit seinen 186
Stufen den Eingang zum neuen Wohnviertel weithin sichtbar markieren.
Nun soll es vorangehen: Noch im August will die Stadtverwaltung einen
städtebaulichen Realisierungswettbewerb für große Teile des künftigen
Stadtteils starten. Dabei soll die beste Lösung für die städtebauliche
Struktur des Wohngebiets gefunden werden. Klar ist bereits jetzt, dass der
Stadtteil ganz anders aussehen wird, als es die Stadt bei der Entscheidung
für die Entwicklung des Areals im Jahr 2012 beabsichtigt hat.
Damals war noch von einer lockeren Bebauung mit sogenannten Angerdörfern
abseits der denkmalgeschützten Kasernengebäude die Rede. Doch das ist nun
hinfällig. Das Gebiet soll zu 75 Prozent mit Geschosswohnungen bebaut
werden. Hintergrund ist der enorme Wohnungsbedarf. „Wir müssen das
Potenzial optimal nutzen“, erklärt Stadtplanungschef Andreas Goetzmann.
Zudem müsse man umplanen, weil nach einem Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ein 11 Hektar großes Areal an
der „Schönen Aussicht“ im Krampnitzer Süden weggefallen sei. Die
Grundstückseigentümer hatten geklagt, dass ihre Flächen für das
Entwicklungsgebiet nicht notwendig seien – und bekamen recht.
Über einen Umbau des Kasernenareals zu einem Wohnviertel wird schon seit
einem Jahrzehnt geredet. Damals verkaufte das Land Brandenburg die Flächen
an einen Investor. Allerdings stellte sich bald heraus, dass es sich nicht
wie gedacht um einen großen dänischen Immobilienkonzern handelte, sondern
nur um eine Firma mit ähnlichem Namen. Das Land verlangte die
Rückabwicklung des Verkaufs. Ein jahrelanger Rechtsstreit begann. Mit dem
Deal beschäftigte sich auch ein Untersuchungsausschuss des Brandenburger
Landtags.
In der Hauptsache wurden die juristischen Auseinandersetzungen um Krampnitz
im Frühjahr beendet. Im März stieg mit dem börsennotierten
Immobilienkonzern Deutsche Wohnen einer der großen Player der Branche ein
und fand eine Lösung mit dem Alteigentümer. Das Land bekam das Grundstück
zurück und verkaufte es für 5,2 Millionen Euro an den städtischen
Entwicklungsträger, der wiederum 18 Prozent der Fläche und den Großteil der
denkmalgeschützten Gebäude an die Deutsche Wohnen weiterverkaufte.
Dort gibt man sich zuversichtlich, was die Erhaltung der historischen
Substanz angeht. „Wir haben viel Erfahrung in der Sanierung“, sagt der
Vorstandsvorsitzende Michael Zahn.
Die Kasernengebäude aus den 1930ern seien in ihrer Substanz überwiegend in
einem guten Zustand. Die Fassaden sollen ihre ursprüngliche Klinkeroptik
zurückbekommen. In der Zeit, als die Kaserne von der Sowjetarmee genutzt
wurde, waren die Fassaden mit grauem Betonschlamm verkleidet worden.
Rund 500 Wohnungen sollen allein in den denkmalgeschützten Altbauten
untergebracht werden. 900 weitere will das Unternehmen neu bauen – ohne
Fördermittel für Sozialwohnungen. Die Zielgruppe sei „die Mittelschicht“,
so Zahn. Anfang 2019 sollen die Bauarbeiten auf den Flächen rund um den
Turm am Eingang des Areals an der Bundesstraße 2 beginnen. Aus dem früheren
Offizierskasino könnte ein Supermarkt werden.
Eine Kernfrage bei der Entwicklung des neuen Stadtteils ist die
Verkehrsanbindung. Denn Krampnitz liegt weitab des Potsdamer Zentrums
(siehe Grafik) und ist mit der Stadt nur über eine einzige Straße
verbunden. Die führt zudem über zwei Brücken. Schon jetzt ist die
einspurige Bundesstraße 2, die Potsdam mit Spandau verbindet, stark
belastet. Damit der Verkehr nach Potsdam künftig nicht zusammenbricht,
sollen so viele Krampnitzer wie möglich auf ein Auto verzichten.
Die Stadt würde gern eine Tramstrecke nach Krampnitz bauen. Doch ohne
Fördermittel könnte der Bau der gut 6 Kilometer langen Trasse für die Stadt
zu kostspielig werden. Experten gehen bei Straßenbahnstrecken von Kosten
von etwa 10 Millionen Euro pro Kilometer aus. Die idyllische Lage im Grünen
könnte sich also noch als problematisch erweisen.
24 Aug 2017
## AUTOREN
Marco Zschieck
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