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# taz.de -- Vater-Tochter-Komödie „Lucky Loser“: Der Versuch eines Lachers
> Wenn ein infantiler Vater mit seiner sehr erwachsenen Teenager-Tochter
> campen geht: „Lucky Loser – Ein Sommer in der Bredouille“ von Nico
> Sommer.
Bild: Vater, Tochter, Campingwagen: Einfache Mittel für eine leichte Unterhalt…
„Wer bist Du? Toni Erdmann?“ fragt eine Frau ihren Ex-Mann, der nachts im
Affenkostüm vor ihrem Haus steht. Eigentlich sollte man ja in einer
Kinokritik keine Pointen verraten. Aber diese wird zum einen schon vom
Filmverleih im Trailer der Komödie „Lucky Loser“ verbraten, und
andererseits zeigt sie auch, wie Regisseur Nico Sommer damit umgeht, dass
es da schon eine international erfolgreiche deutsche Komödie mit einem
ähnlichen Protagonisten und einer zumindest verwandten Grundsituation gibt.
Den Vergleich wird Sommer nicht vermeiden können und dabei ist es auch
unvermeidlich, dass er sehr schlecht dabei weg kommt. „Lucky Loser – Ein
Sommer in der Bredouille“ ist kein besonders guter Film: Das fängt schon
mit dem halb englischem, halb deutschem Titel an, der eher abschreckt als
in die Kinos lockt. Es sitzt auch nicht jede Pointe und bei so manchem
Wortspiel muss man eher schlucken als lachen.
## Ganze Szenen geschnitten
Woher das Affenkostüm in der anfangs beschriebenen Szene überhaupt kommt,
wird auch nicht erklärt – da scheinen ganze Szenen am Schneidetisch
weggekürzt worden zu sein. Und dennoch fällt es schwer, diesen Film über
einen auf den ersten Blick rettungslos infantilen Mann nicht zu mögen. Er
ist selber auch ein wenig wie sein Protagonist Mike – nicht immer ganz auf
der Höhe, manchmal chaotisch, aber wenn es darauf ankommt, kann man sich
auf ihn verlassen. Peter Trabner spielt ihn mit einem unwiderstehlich
treuen Blick und einer Unschuld, die ihn auch dann nicht verlässt, wenn er
nachts, weil er selbst besoffen ist, seine fünfzehnjährige Tochter ans
Steuer lässt.
„Der Nukleus des Films ist eine Vater-Tochter Geschichte, „bei der man
nicht so richtig weiß, wer der Erwachsene ist“, sagt Nico Sommer selber
über seinen Film. In dem hält sich Mike mit einem Job als ungelernter
Arbeiter über Wasser, während die Mutter seiner Tochter als Ärztin in einer
Klinik arbeitet. Der eine hat die Zeit, die andere das Geld und da ist es
klar, für wen sich die Tochter Hanna entscheidet. Sie will zu ihrem Vater
ziehen, doch der ist gerade obdachlos geworden.
So bekommt er von einem guten Freund einen heruntergekommenen Campingwagen
geliehen und zieht mit seiner Tochter auf einen Zeltplatz. Ihr heimlicher
Freund Otto, dessen Eltern aus Ghana stammen, reist ihnen nach. Mike stört
sich weniger an Ottos Hautfarbe, sondern daran, dass er viel zu alt für
seine Tochter ist. Zum Glück gibt es nur eine kurze Szene mit einem
ausländerfeindlichen Dorfbewohner und ein paar abfällige Bemerkungen von
anderen Campinggästen, bei denen dann auch mal das N-Wort fällt.
Aber davon abgesehen ist dies kein Film mit einem politischen Anspruch.
Dass Otto mit im Campingwagenbett (immerhin mit Mike in der Mitte) schläft,
wird zu einem Problem, als die Mutter Claudia ihrer Tochter nachreist. Für
ein paar Minuten droht der Film hier zu einer der typischen
Verwechslungskomödien mit mechanischem Humor zu werden.
## Witz von den Figuren
„Lucky Loser“hat durchaus komische Momente und zwar dann, wenn der Witz von
den Figuren kommt. So etwas kann nur mit einem guten Darstellerensemble
funktionieren. Mit Peter Trabner hat Sommer auch in seinen drei früheren
Spielfilmen gearbeitet. In denen war viel mehr improvisiert worden. Dies
ist sein erster Film mit einem festen Drehbuch, bei dem er allerdings, wie
er selber sagt, den Schauspielern „lockere Leine“ gelassen hat. Mit Annette
Frier als Claudia und Kai Wiesinger als deren versnobter Freund hat der
Film auch zwei prominente Mitspieler.
Frier und Wiesinger gelten als Publikumslieblinge, die vielleicht ein paar
Zuschauer in die Kinos oder vor den Fernseher locken. Und beide sind keine
Fehlbesetzungen. Frier ist wie immer komisch und Wiesinger gibt einen
schönen, fiesen Möpp. Die Taktik bei der Besetzung der Rollen ist ziemlich
durchsichtig und vielleicht auch den Produktionsbedingungen von deutschen
Komödien geschuldet. Denn „Lucky Loser“ ist ein Low-Budget-Film, der von
„Das kleine Fernsehspiel“ des ZDFs mitproduziert wurde. Mit Trapner, Emma
Bading als Hanna und Elvis Clausen als Otto sind nur neue Gesichter zu
sehen sind, was immer einen zusätzlichen Reiz ausmacht. Hier stellt sich
schon die Frage, ob die beiden vermeintlichen Zugpferde Frier und Wiesinger
wirklich nötig waren.
Und dann gibt es da noch die Hamburg-Falle: „Lucky Loser“ wurde
substanziell [1][von der Filmförderung Hamburg Schleswig Holstein
finanziert]. Deshalb wurde auch in Hamburg gedreht. Und es gibt
Außenaufnahmen von der Frontansicht des Universitätsklinikums Eppendorf,
bei denen man leider deutlich dessen Logo erkennt – obwohl die Geschichte
eigentlich in Brandenburg spielt.
10 Aug 2017
## LINKS
[1] http://www.ffhsh.de/de/termine/kinostarts/2017/20170714_lucky_loser_kinosta…
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Kinofilm
Komödie
Generationen
Toni Erdmann
Schwangerschaft
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