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# taz.de -- Eine Luftbrücke der besonderen Art.: Die Kuhconnection nach Katar
> Weil seine Nachbarn das Emirat Katar politisch und wirtschaftlich
> isolieren, wird jetzt Holsteiner Buntvieh aus Deutschland eingeflogen.
Bild: Leistungsfähiges Rindvieh: Schwarzbunte Holsteiner wie „Krista“ soll…
Leer taz | Rinder aus Deutschland sollen eine Lebensmittelkrise in dem
Golf-Emirat Katar verhindern. Die ersten 165 Holsteiner Rinder sind letzten
Dienstag von Frankfurt aus in die Hauptstadt Doha geflogen worden. Sie sind
die erste Fuhre von insgesamt 50 weiteren Lieferungen, die in den nächsten
Wochen folgen sollen. Insgesamt sollen nach Informationen der katarischen
Behörde für Lebensmittelversorgung zunächst 4.000 Rinder in klimatisierten
Ausläufen mitten in die Wüste in Al-Chaur, nördlich von Doha aufgestellt
werden.
Katar hat ein Problem, denn es wird seit dem 5. Juni von seinen Nachbarn
Saudi Arabien und Bahrain boykottiert. Es ist aber bei allen
Versorgungsgütern von Importen abhängig. Seine Nachbarn werfen dem
reichsten Land der Welt unlautere Beziehungen zum Iran und Unterstützung
islamistischen Terrors vor. Katar hat sich gegen diese Vorwürfe verwahrt.
Der Boykott hat zu einer akuten Lebensmittelknappheit in dem Land mit 2,7
Millionen Einwohnern geführt. Rettung nahte zunächst aus der Türkei.
Inspiriert von den Rosinenbombern, mit denen die USA nach dem Zweiten
Weltkrieg Berlin aus der Luft versorgten, lieferte sie Lebensmittel per
Luftbrücke in das Emirat.
Jetzt sollen mindestens 1.000 Rinder aus Deutschland eingeflogen werden,
der Rest aus den USA und Australien. Die ersten 4.000 Tiere liefern Milch
für ein Drittel der Bevölkerung. Später soll der Bestand auf 25.000 Tiere
aufgefüllt werden. Schon heute gibt es in Katar mehr als 20.000 Schafe und
Ziegen.
„Damit wären alle Menschen in Katar ausreichend mit Milch versorgt“, sagt
ein Sprecher der Behörde für Lebensmittelversorgung. „Wir haben genug
Barreserven, um jeden Schock zu überstehen“, kommentiert der Chef der
katarischen Zentralbank in einem Interview die Kuhconnection. – Das
notwendige Futter muss gegen Cash laufend eingeflogen werden.
Obwohl die ersten Holsteiner von einem ungarischen Händler geliefert
wurden, wissen Branchenkenner, dass sie ursprünglich aus Deutschland
stammen. Aber in Norddeutschland will sich derzeit kein Zuchtviehverband
als aktueller oder zukünftiger Rinderlieferant nach Katar outen. „Wir haben
keine Kontakte nach Katar und auch keine anderen Kunden in Arabien“, sagt
eine Sprecherin der Rinderzuchtverbandes Schleswig-Holstein. „Wir würden
die Tiere auch nicht selbst liefern, sondern einen Zwischenhändler
einschalten. Der käme aber dann sicher aus Deutschland.“
Der größte Exporteur von Lebendvieh in Niedersachsen und Sachsen ist
„Masterrind“ aus Verden. „Wir haben Kunden in Arabien, aber aktuell liefe…
wir nicht nach Katar“, sagt Ralf Strassmeyer, zuständig für den Export bei
Masterrind. Er selbst sei zwar in Katar gewesen und habe sich Stallungen in
der Wüste angesehen, konkret verhandelt habe er aber nicht. Ähnlich
beantwortet Heiner Saathoff, Vermarktungsleiter des Vereins ostfriesischer
Stammviehzüchter VOST, die Frage nach einem Engagement für Katar. Aktuell
liefern die Ostfriesen Kühe nach Abu Dabi.
In der Regel würden die Tiere von Frankfurt, Amsterdam oder Belgien in
Frachtflugzeugen in Holzboxen von bis zu zehn Tieren verladen, sagt
Strassmeyer. „Die Planung ist etwas anspruchsvoll, aber der eigentlichen
Transport ist einfach.“ Von Frankfurt nach Doha dauere der Flug etwa fünf
Stunden, dann kämen die Tiere in Quarantäne und würden später auf die
Ställe verteilt. „Die sind klimatisiert und haben europäischen Standard“,
versichert Strassmeyer.
Als „völlig daneben und sinnlos“ bezeichnet Edmund Haferbeck,
Landwirtschaftsexperte der Tierschutzorganisation Peta, die Kuhconnection.
Zum einen würden die Tiere vorher durch halb Europa zu den Flughäfen
gekarrt; zum andern habe Katar weder das Know-how für eine Rinderzucht noch
die klimatischen und halterischen Möglichkeiten.
„Wenn ich höre, die Katarer hielten europäische Standards bei der
Tierhaltung ein, dann ist das eher ein Grund zur Besorgnis als zur
Beruhigung“, sagt der Peta-Mann. „Ich glaube sogar, in Katar gibt es nicht
einmal ein Tierschutzgesetz.“ Völlig unsinnig sei die Aktion ohnehin, sagt
Haferbeck, weil vielen Menschen in Arabien, ähnlich wie Asiaten, ein Enzym
im Körper fehle, das Milchprodukte verarbeiten könne.
16 Jul 2017
## AUTOREN
Thomas Schumacher
## TAGS
Milchkühe
Milchproduktion
Viehzucht
Katar
Sudan
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