Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne G-kacken: Selfies für Gerechtigkeit
> Ein Selfie als Statement zum G20? Global Citizen und die Drogeriekette
> Budnikowsky machen es möglich. Was für ein Festival der Demokratie.
Bild: Der kanadische Premier Justin Trudeau kennt sich mit Selfies aus
Im Rahmen des „Festivals der Demokratie“, das in meinem Viertel abgehalten
wird, wurde der Briefkasten in meiner Straße aus Sicherheitsgründen
verschlossen. Nur: Wenn so ein Journalistenmensch wie ich Artikel
veröffentlichen möchte, sieht das kapitalistische Verlagssystem die
Abtretung möglichst aller Rechte am Text vor. So kann der Verlag damit
weiter Geld machen, aber ich als Urheberin nicht. Das ist in Verträgen
geregelt, die die AutorInnen in den Postkasten werfen müssen, damit das
Okay für den Auftrag kommt.
Frage: Ist das bereits eine Maßnahme für eine bessere Welt, weil der
Drecksvertrag nun nicht abgeschickt werden kann, oder ist es eine weitere
Gängelung seitens des Kapitalismus, weil er mich nötigt, für meine eigene
Ausbeutung sehr, sehr weit zum nächsten Kasten zu gehen? Auf jeden Fall
bestätigt die Schließung zum 30. Juni meine Annahme, dass bei der Post
faule Säcke arbeiten. Würde man den Einwurf eines Sprengsatzes zur Störung
des Gipfels befürchten, würde es ja reichen, den Kasten mit dem 5. Juli
dicht zu machen. So aber ist klar: Die Bombe liegt da tagelang drin. Kein
Arsch leert das Ding regelmäßig.
Vor der Rindermarkthalle, einem Riesenbums für Lebensmittel, steht die
Polizei in Hellblau und beantwortet Fragen. Meine ist zu kompliziert, ich
bekomme ein Kärtchen mit der Nummer des Bürgertelefons. Auf der Rückseite
ist ein Kalender, Juli bis Dezember 2017. Voll die Checker-Suggestion
seitens des Senats, einfach so zu tun, als ginge das Leben nach dem
Gipfelwochenende normal weiter.
Vor der Markthalle sind nicht nur PolizistInnen, sondern auch komische
Aufbauten. Der eines Duschgelherstellers. Auf einer Bühne steht ein
attraktiver Mann im weißen Bademantel. Er tanzt. „Dusch-Paul“. Man kann
sich mit ihm fotografieren lassen und 1.000 Euro gewinnen. Aber es gibt
auch andere Fotoangebote: Die Organisation „Global Citizen“ und die
Drogeriekette „Budnikowsky“ haben Durchgänge aufgestellt. Sie tragen die
Themen „Zero Hunger“, „Gender Equality“, „Quality Education“ und �…
Poverty“. Man soll sich in einen stellen und ein Selfie machen. Als
Statement zum G20. Die Fotos werden Politikern geschickt, die ändern dann
bitte ihre Politik. 21.000 Selfies sollen am Freitag übergeben werden.
Als ich vom Einkaufen komme, trägt Dusch-Paul einen aufgeblasenen
Einhorn-Schwimmring um seine Hüfte, aus einer Düse ergießt sich Wasser über
ihm. Ein Kind lässt sich mit ihm fotografieren.
21.000 Selfies. Ich frage mich, wo die herkommen sollen, und denke,
Peinlichkeit ist keine Entschuldigung. Wenn sich nichts ändert, nur weil
ich mich mit meinem heuschnupfenverquollenen Gesicht und meinen
ungewaschenen Haaren nicht vor die Kamera stellen wollte, dann sind viele
Menschen mit Recht sehr sauer auf mich. Ich sollte dieser Tage das Haus
einfach nicht ohne Helm verlassen.
6 Jul 2017
## AUTOREN
Silke Burmester
## TAGS
G20-Gipfel
G20-Gipfel
G20-Gipfel
Schwerpunkt G20 in Hamburg
G20-Gipfel
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
G20-Gipfel
G20-Gipfel
G20-Gipfel
G20-Gipfel
G20-Gipfel
G20-Gipfel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne G-kacken: Wir hätten Trump erschießen können
Die Sicherheit an den Messehallen ist genau so hoch, dass man Trump das
Toupet vom Kopf ziehen könnte. Doch ein Problem? Gibt es hier nicht!
taz-Liveblog zum G20-Freitag: Schwere Krawalle im Schanzenviertel
Der G20-Freitag war von Gewalt geprägt. Tagsüber gab es friedliche
Proteste, abends randalierten Autonome. Bis zur Räumung von
Spezialeinheiten der Polizei.
Kolumne G-kacken: Wenn Trump sich davonschleicht
Hoffentlich verirrt sich der US-amerikanische Präsident nicht ins
Karoviertel. Da ist es für ihn im Moment nämlich eher nicht so great.
Kolumne G-nervt: Der Kanzlerin den Rücken stärken
Für die deutsche Linke ist die Welt durch Trump wieder einfacher geworden.
Dass man dabei andere vernachlässigt, ist eine intellektuelle
Bankrotterklärung.
Kolumne G-nervt: Protokolle der Weisen von Hamburg
Eine ganze Reihe bekannter „israelkritischer“ Gruppen steht hinter dem
Internationalistischen Block. Sie werden ihren Teil zur Mobilisierung
beitragen.
Kolumne G-kacken: Wer ein Auto hat, flieht ins Exil
Die bumsenden Berliner Polizisten sind in Hamburg auf Verständnis gestoßen.
Man hat hier eine lockere Haltung zum Austausch von Körperflüssigkeiten.
Kolumne G-nervt: Die Welt behält ihr Gleichgewicht
Vielleicht werden nach dem G20-Gipfel in der Roten Flora die Sektkorken
knallen. Aber erfolgreich werden Linke nicht sein.
Einsatzleiter beim G20-Gipfel: Der überzeugte harte Hund
Polizeiführer Hartmut Dudde prägte mit seiner Einsatz-Philosophie
bundesweit den Begriff der „Hamburger Linie“. Jetzt leitet er den
Gipfeleinsatz.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.