# taz.de -- Kolumne Berliner Galerien: Nicht von dieser Welt | |
> Kolumnistin Jana J. Bach empfiehlt Futuristisches bei Exile, Morbides bei | |
> Patrick Ebensperger und allerlei Schatten bei 48 Stunden Neukölln. | |
Bild: Pakui Hardware: „On Demand I“ (Detail), 2017 | |
Was ist eigentlich aus „Mars One“ geworden? Es klingt recht aberwitzig, | |
eine Astronauten-Crew mit One-Way-Ticket zum Bruderplaneten der Erde zu | |
senden. Schließlich mangelt es ihm immer noch an Grundlegendem, wie etwa | |
dem Nachweis von Wasser. | |
Ein Problem, das das Künstlerduo Pakui Hardware bei seinem Entwurf einer | |
futuristischen Marslandschaft in der [1][Galerie Exile] berücksichtigt zu | |
haben scheint: Wasserzungen in Azur durchziehen das Bassin am Boden; am | |
Beckenrand sprüht ein Miniluftbefeuchter Tröpfchen in die Atmosphäre. Für | |
die Gebilde, die daneben hinter Plexiglas wie gigantische Austern glänzen, | |
hat das Duo NASA-Aufnahmen des Wüstenplaneten als Vorlage benutzt. | |
Schon der lange Weg zum Mars würde den Erdenbewohner als soziales Wesen | |
fordern. Vielleicht hat Pakui Hardware den zukünftigen Mars daher zwar als | |
habitable, aber posthuman inszeniert, ergo: menschenleer. | |
Geisterhaftes Getier | |
Die pinkfarbene Katze im Rampenlicht ist ganz sicher nicht von diesem | |
Planeten. Es wirkt, als schmelze ihr Gesicht im gleißenden Licht. In Lindau | |
am Bodensee war der Porzellantiger eingelagert, dem Benjamin Heisenberg den | |
Kopf abschlug, um einen umgestülpten Frisierpuppenkopf aufzusetzen. Nun hat | |
er ihn, so wie den verwesten Vogel in Kunstharz, für seine dritte Soloschau | |
„Stabile Seitenlage“ in der [2][Galerie Patrick Ebensperger] wieder | |
ausgegraben. | |
Erweitert wird der auratisch-morbide Zirkel durch betextete Papierarbeiten, | |
etwa der Tod des Marat im Stile eines Caspar David Friedrich, Mönche in | |
Kutten oder ein Video, in dem Hoodie-Träger durchs Bild laufen. Spätestens | |
hier dünkt es, all das zur Schau gestellte Übel ist trotz des Geisterhaften | |
diesseitigen Ursprungs. | |
Raus aus dem Schatten | |
Real ist auch der Schrecken, dem sich die zehn Künstler_innen mit der | |
Ausstellung „Shades of Today: Picking up the Pieces“ im [3][Centrum] | |
stellen werden. Der Projektraum hat sie eingeladen, in Zeiten, da Trumps | |
Inauguration oder der Brexit die Spotlights bündeln, Realität als divers | |
aufzuzeigen. Eröffnet wird mit einer Performance von Kirstin Burckhard und | |
im Rahmen von [4][48 Stunden Neukölln]. | |
Das Festivalprogramm – gewähltes Leitmotiv „Schatten“ – ist enorm und | |
reicht von präsentierten Werken zum thailändischen Künstler Charlee | |
Sodprasert (Mareschka) bis zum arabischen Schattenspiel Muhammad Ibn | |
Daniyals (Out oft the Dark). Im Schillerpalais wird sogar das | |
Schattendasein seiner kümmerlichen Existenz enthoben: Hier kann ein | |
Follower gemietet werden, „echte Menschen, die Sie zum Späti oder Date | |
begleiten.“ | |
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer donnerstags in der Printausgabe der taz | |
21 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://exilegallery.org/ | |
[2] http://galerieebensperger.net/ | |
[3] http://www.centrumberlin.com/ | |
[4] http://48-stunden-neukoelln.de | |
## AUTOREN | |
Jana Janika Bach | |
## TAGS | |
Berliner Galerien | |
Kunst Berlin | |
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