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# taz.de -- Gunter Gabriel ist gestorben: Prolet, Kumpel, Bürgerschreck
> Der Schlagersänger Gunter Gabriel ist tot. Er war ewig in Geldnot und
> bekam bis zuletzt keinen echten Respekt. Trotzdem war er ein Guter.
Bild: Nahbar, freundlich, absolut kumpelig – Gunter Gabriel war immer auf Aug…
Dass er bis zu seinem letzten Tag keinen echten Respekt für sein Leben und
sein Werk gezollt bekam, mag mit dieser deutschen Eigenart zu tun haben,
dass alle Prominenz im Popbusiness in den Kreisen der Coolness erst zählt,
wenn sie die gewisse Tonalität der Bürgerlichkeit mit verströmt.
Das war allerdings nicht das Ding Gunter Gabriels, 1942 in Westfalen
geboren, und vom ersten Lied an in gewisser Weise ein Störenfried des
deutschen Schlagergeschäfts wie auch der Umtriebe der eher auf
intellektuellen Rock gebürsteten Zirkel: „Er ist ein Kerl (Er fährt 'nen
30-Tonner-Diesel“) war sein Entrée in den Siebzigern, es folgte knapp
darauf der Proletensong „Hey Boss, ich brauch' mehr Geld“. Sein größter
Chart-Erfolg war „Komm unter meine Decke“, ein in der Tat im
deutschsprachigen Kontext kaum für möglich gehaltenes innig-erotisches
Verlangen in größter Glaubwürdigkeit.
Gabriel zeigte sich mit diesen Liedern als unparfümiert, ohne Rüschen und
gelackten Textilien in der Rolle des Truckers, des klassischen Kerls, der
mit öligen Fuzzis und ästhetikkastrierten Oberschlaumeiern nichts anfangen
– wie er auch [1][vor vielen Jahren der taz versicherte].
Gunter Gabriel, das war auch eine Künstlerkarriere, die von hemmungsloser
Lebenslust handelte, von alkoholischer Entgrenzung, von etlichen Ehen,
Kindern und Unrast, die sich mit keiner bürgerlichen Vorstellung von
Sesshaftigkeit und Sittsamkeit in Einklang bringen ließ.
## Er war alt und brauchte das Geld
In den vielen der letzten Jahre jenseits seines Zenits lebte er im
Hamburger Hafen auf einem Wohnschiff, tingelte überall, wo es wenigstens
kleine Gage gab – und war ewig in Geldnot. Er hatte nichts dagegen, für
Bundeswehrsoldaten im Ausland zu spielen, er war im „Dschungelcamp“ – er
war einfach alt und brauchte das Geld.
Im Übrigen war er das, was man früher „leutselig“ nannte, eine nahbare
freundliche und absolut kumpelige Gestalt – nix mit Dünkel, immer auf
Augenhöhe. Ins schmierenhaft Joviale ging seine Freundlichkeit nie.
In einem Zeitungsgespräch bekannte er, der sich als Außenseiter verstand
und vielleicht der beste deutsche Johnny Cash war, den es in der deutschen
Kultur nicht gab, zur Frage, ob er Angst vor dem Tod habe: „Keinesfalls.
Ich sag’ dir auch warum: weil ich einen Haufen Zeugs gut gemacht habe in
meinem Leben. Nicht Kinder zeugen. Das kann jeder. Und als Vater war ich
schließlich ein Totalversager. Viermal verheiratet, da hab’ ich mich auch
nicht mit Ruhm bekleckert. Aber ich hab’ ein paar geile Songs geschrieben.
Und ich habe ein superinteressantes Leben gelebt mit allen Amplituden.“
Heute ist er an den Folgen eines Sturzes in Hamburg gestorben. Er war ein
Guter.
22 Jun 2017
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## AUTOREN
Jan Feddersen
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