# taz.de -- Stiftung finanziert Politiker-Reisen: Mit Bosch ab nach Cape Cod | |
> Die Robert-Bosch-Stiftung lässt Bundestagsabgeordnete gratis in andere | |
> Länder fliegen – zu „Studienreisen“. Die Parlamentarier geben sich | |
> kleinlaut. | |
Bild: Und, bald zum Surfen in die USA? Vielleicht gibt es hier ja auch „wicht… | |
Berlin taz | Das Reiseprogramm der Robert-Bosch-Stiftung für | |
Bundestagsabgeordnete ist zielstrebig. Es „eröffnet neue Perspektiven auf | |
dringende politische Fragestellungen im globalen Kontext und regt zu einer | |
differenzierten Sicht auf eine immer komplexer werdende Welt an“, heißt es | |
im Prospekt für die Abgeordneten. | |
Seit vergangenem Jahr lädt die Stiftung einen erlesenen Kreis von jüngeren | |
Parlamentariern zu Studienreisen ein. Im Oktober flogen die Abgeordneten | |
nach Massachusetts. Auf der Halbinsel Cape Cod diskutierten sie in einem | |
Wochenendseminar über ihre Rolle als Parlamentarier – anschließend ging es | |
zu Vorlesungen nach Cambridge. Nach einer zweiten Reise in diesem März nach | |
Indonesien und Singapur bringt die Stiftung die Abgeordneten im Juni zu | |
einem „Abschlussworkshop“ in London zusammen. | |
Bewerben können sich die Parlamentarier nicht, sie werden von der Stiftung | |
eingeladen. Aus der Stiftung heißt es, man habe Abgeordnete ausgewählt, die | |
das Potenzial hätten, länger als eine Legislaturperiode im Bundestag zu | |
bleiben. Zu jung sollten sie auch nicht sein und außerdem „das Zeug“ für | |
das Studienprogramm haben. Das wurde den ausgewählten Abgeordneten | |
natürlich so nicht gesagt. Denn das hieße im Umkehrschluss, dass ihre nicht | |
eingeladenen Kollegen nicht intellektuell genug für die Reiseinhalte seien. | |
Merkwürdig ist, dass kaum jemand der rund 20 mitfahrenden Abgeordneten ihre | |
Teilnahme an der Bosch-Reise klipp und klar öffentlich gemacht hat. Der | |
CDU-Abgeordnete Tim Ostermann berichtet in seinem Newsletter über die | |
Reise, sein SPD-Kollege Sebastian Hartmann auf Facebook. Der | |
SPD-Abgeordnete Lars Klingbeil, als netzpolitischer Sprecher seiner | |
Fraktion ein Vielnutzer der sozialen Medien, postete aus Asien auf | |
Instagram ohne Zusammenhang zum Anlass vier Fotos: von einem Dessert in | |
einem Restaurant, von einem Swimmingpool und zwei Selfies. | |
## Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist ihr wichtig | |
Der Berliner Linken-MdB Stefan Liebich schrieb in seinem Blog von einer | |
„Weiterbildung“, die von der Bosch-Stiftung „vermittelt“ worden sei. Da… | |
die Stiftung die Reisen bezahlte, schreibt er nicht. Liebich vom | |
Reformerflügel ist der einzige Linkspolitiker, der bei den Reisen dabei | |
war. Die Teilnahme am Bosch-Reise-Programm ist in der Fraktion umstritten. | |
Alexander Neu, Linken-Obmann im Verteidigungsausschuss, sagt der taz: „Ich | |
kann mich nicht einmal daran erinnern, ob ich eingeladen worden bin, da es | |
für mich außer Frage steht, mich einladen und aushalten zu lassen.“ | |
Die Robert-Bosch-Stiftung ist einer der größten Projektförderer in | |
Deutschland. Durch ihren 91-Prozent-Anteil am Weltkonzern Bosch sind ihr | |
jedes Jahr Dividenden in Millionenhöhe garantiert. 2015 erhielt sie 90 | |
Millionen Euro an Dividenden, die sie für Stipendien oder verschiedene | |
Projekte ausgibt. Die Stiftung versteht sich als überparteilich und will | |
das philanthropische Erbe des Firmengründer Robert Bosch wahren. Politisch | |
beliebig ist sie natürlich nicht: So ist ihr das deutsch-amerikanische | |
Verhältnis wichtig. Auch Journalisten werden regelmäßig auf Bosch-Kosten zu | |
Auslandsaufenthalten eingeladen, darunter in der Vergangenheit auch welche | |
der taz. | |
## Gute interfraktionelle Stimmung | |
Das „Aushalten-Lassen“ dürfte ein Grund dafür sein, dass gerade die | |
rot-rot-grünen Abgeordneten schmallippig auf Anfragen reagierten, wie sie | |
die Reisen fanden. Stefan Liebich ließ mitteilen, dass die Reisen „für ihn | |
sehr informativ“ waren und ihm „wichtige Impulse“ für seine Arbeit gaben. | |
Dieter Janecek, der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, teilt mit, | |
dass derartige Reisen helfen, „den eigenen Horizont zu erweitern“ und | |
„wichtig für unsere politische Arbeit“ seien. | |
Am entspanntesten reagierte Anja Karliczek von der CDU. „Die Idee hinter | |
den Reisen finde ich gut. Wir Abgeordnete müssen ja über alles abstimmen, | |
obwohl wir fachlich auf unsere Ausschussarbeit konzentriert sind. Ich habe | |
viel gelernt über regionale und multiethnische Konflikte. Ich fand es zum | |
Beispiel interessant zu sehen, wie es der Staatenbund Asean schafft, | |
zwischen sehr unterschiedlichen Staaten Gemeinsamkeiten zu finden.“ Die | |
interfraktionelle Stimmung soll auf den Reisen gut gewesen sein. | |
5 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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