# taz.de -- Misshandlungsvorwürfe an Berliner Kita: Kindergarten bleibt geöff… | |
> War es die Erzieherin oder steckt mehr dahinter? Bei der Aufarbeitung | |
> schwerer Vorwürfe setzt der Senat auf Kooperation mit dem Träger. | |
Bild: Der Aufarbeitungsprozess in einer Berliner Kita steht offenbar erst am An… | |
BERLIN taz | Nach dem Bekanntwerden von Misshandlungsvorwürfen gegen eine | |
Erzieherin in einer Kita hat das Landeskriminalamt Berlin Ermittlungen | |
aufgenommen. Eine Polizeisprecherin bestätigte der taz, dass die Beamten | |
wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen ermittelten. | |
Bislang richteten sich die Untersuchungen gegen eine Person, sagte die | |
Sprecherin. | |
Die taz hatte am Mittwoch [1][von dem Fall einer Erzieherin berichtet], der | |
vorgeworfen wird, in einer Kita in Prenzlauer Berg Kleinkinder, die nicht | |
schlafen wollten, fixiert zu haben. Auch soll sie Kinder zum Essen | |
gezwungen haben. Ein Sprecher der zuständigen Berliner Senatsverwaltung für | |
Bildung, Jugend und Familie sprach von „sehr ernsten und gravierenden | |
Vorwürfen“. | |
Der Träger der Kindertagesstätte, die Kubibe.Berlin gGmbH, die in Berlin | |
fünf Kitas mit ingesamt rund 120 MitarbeiterInnen und 450 Kindern betreibt, | |
hatte der Erzieherin zuvor fristlos gekündigt und die Leitung der | |
Kindertagesstätte von ihren Aufgaben entbunden. Offen ist allerdings | |
weiterhin, weshalb die Vorfälle aus dem Herbst 2016 erst im April der | |
Kita-Aufsicht des Landes gemeldet und erst Ende Mai den Eltern mitgeteilt | |
worden waren. | |
Nach Darstellung des Trägers sowie der Senatsverwaltung soll der | |
Geschäftsführer des Trägers am 28. Februar von den Vorwürfen erfahren | |
haben. Statt umgehend die Kita-Aufsicht einzuschalten, wurde zunächst | |
jedoch nur die hauseigene Kinderschutzbeauftragte eingebunden. Die | |
beschuldigte Mitarbeiterin meldete sich krank. | |
Erst Wochen später, am 5. April, ging laut Senatsverwaltung eine | |
Erstmeldung durch den Träger bei der Kita-Aufsicht ein. Diese Vorwürfe | |
sollen bereits Zwangsfüttern, die Fixierung durch eine Schlafdecke, laute | |
Ansprache und einen unangemessenen Umgang mit einer Praktikantin beinhaltet | |
haben, heißt es bei der Senatsverwaltung. | |
Im Laufe des Aprils und Mais meldeten sich weitere Personen bei der | |
Kita-Aufsicht, die Vorwürfe gegen die Kita-Leitung, aber auch gegen den | |
Träger formulierten. Daraufhin forderte die Kita-Aufsicht das Unternehmen | |
in einem Schreiben vom 23. Mai dazu auf, auch die Eltern über die Vorgänge | |
zu informieren. Dies geschah einen Tag später. | |
Die verzögerten Meldezeiten werfen deshalb Fragen auf, weil der Träger | |
beziehungsweise seine Rechtsvorgänger bereits in der Vergangenheit negativ | |
aufgefallen waren. | |
Im Dezember 2016 [2][berichtete die Zeit], damals in anonymisierter Form, | |
in einer umfassenden Recherche unter anderem über den Fall einer | |
Kindertagesstätte, die im Frühjahr 2016 über Wochen nur im Notbetrieb lief. | |
Schließlich wurden Kinder in einem anderen Haus notbetreut – ausgerechnet | |
in jener Kita im Prenzlauer Berg, die jetzt im Fokus steht. | |
Der Grund: Der Träger der damaligen Problemkita, die Kiezeulen im Wedding, | |
war der gleiche wie der Träger der Kita in Prenzlauer Berg, die heute in | |
der Kritik steht – allerdings änderte sich zwischenzeitlich die Rechtsform. | |
Aus dem einstigen Kulturverein Prenzlauer Berg wurde zunächst die KVPB | |
Kindertagesstätten gGmbH und schließlich die heutige Kubibe.Berlin gGmbH. | |
Im Wedding leistete sich der Träger laut Zeit damals noch einen | |
gravierenden Fehler: Im Frühjahr 2016 wurde demnach ein Erzieherhelfer | |
eingesetzt, obwohl der Mann kein aktuelles, erweitertes polizeiliches | |
Führungszeugnis vorgelegt hatte. | |
Im Juni 2016 soll sich laut Zeit dann die Staatsanwaltschaft an die Kita | |
gewandt haben – mit dem Hinweis, dass sie wegen des Verdachts des Besitzes | |
von kinderpornografischem Material gegen den Mann ermittle. Dann immerhin | |
machte die Kita alles richtig: Sie kündigte der Aushilfskraft sofort und | |
informierte die Aufsicht. Ab August 2016 übernahm ein neuer Betreiber die | |
Kita. | |
Das war die Zeit, in der bei der KVPB Kindertagesstätten gGmbH ein neuer | |
Geschäftsführer eingesetzt wurde, der dem Kulturverein schon vorher | |
verbunden war: Thilo Schwarz-Schlüßler, der Geschäftsführer der heutigen | |
Kubibe.Berlin gGmbH. Er musste sich nun immerhin nicht mehr um die Probleme | |
im Wedding kümmern, sondern den Kita-Betrieb dort lediglich übergeben. | |
Für die Kita-Aufsicht beim Berliner Senat hätten die Vorkommnisse jedoch | |
ein Anlass sein können, die Entwicklung des Trägers umso enger zu | |
begleiten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, weshalb es nach | |
den Vorkommnissen, die im Herbst 2016 in einer anderen Kita des gleichen | |
Trägers in Prenzlauer Berg stattfanden, noch so lange dauerte, bis | |
Kita-Aufsicht und Eltern im Bild waren. | |
Ein Grund, warum sich der Kita-Aufsicht möglicherweise kein vollständiges | |
Bild ergab, könnte in dem Umstand liegen, wie die Berliner Kita-Aufsicht | |
ihre Akten führt. Auch [3][darauf geht der Zeit-Artikel ausführlich ein]. | |
Als bei den Kiezeulen im Wedding 2016 das Chaos immer größer wurde, sprang | |
schließlich ein anderer Träger ein. Nach den Vorfällen, die jetzt aus dem | |
Haus 1 der Gleimstrolche in Prenzlauer Berg bekannt wurden, ist das bislang | |
nicht geplant. In einem gemeinsamen Gespräch einigten sich am Donnerstag | |
die Berliner Staatssekretärin für Jugend, Sigrid Klebba, und der | |
Geschäftsführer der Trägergesellschaft Kubibe, Thilo Schwarz-Schlüßler, | |
darauf, den Weiterbetrieb der Kita in Prenzlauer Berg zu garantieren. | |
## Jetzt soll umfassend aufgeklärt werden | |
Von dort meldeten sich in den vergangenen Tagen etliche Eltern bei der taz, | |
die ihre Sorgen und zahlreiche negative Erfahrungen schilderten – aber auch | |
viele Eltern, die ihr Vertrauen in die verbleibenden Erzieherinnen zum | |
Ausdruck brachten und darauf hinwiesen, dass sie aus dem benachbarten Haus | |
2 der Kindertagesstätte, die ebenfalls vom gleichen Träger betrieben wird, | |
nur Gutes zu erzählen hätten. | |
Im Haus 1, der Einrichtung, aus der die Vorwürfe stammen, soll nun ein | |
umfassender Aufarbeitungsprozess beginnen. Dazu sollen etwa externe | |
Fachleute hinzugezogen und unabhängige Ansprechpartner für die Eltern | |
benannt werden. Die Senatsverwaltung setzt dabei auf Kooperation mit dem | |
bisherigen Träger. | |
2 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Misshandlungen-in-einer-Berliner-Kita/!5411266/ | |
[2] http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2016-12/kindertagesstaetten-qualita… | |
[3] http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2016-12/kindertagesstaetten-qualita… | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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