# taz.de -- Krimiserie „The Missing“ im ZDF: Nur kurz nicht aufgepasst | |
> Der fünfjährige Sohn des Ehepaar Hughes verschwindet bei einer Party. | |
> „The Missing“ ist eine packende Krimiserie aus Großbritannien. | |
Bild: Tony Hughes (James Nesbitt) sucht verzweifelt nach Sohn Oliver | |
Plötzlich ist das Kind weg. Vielleicht für fünf Sekunden hatte man die Hand | |
des Kleinen losgelassen, um vor dem Supermarkt das Fahrrad aufzuschließen, | |
und schon ist das Kind im Gedränge verschwunden. Einfach weitergelaufen, | |
den Bürgersteig entlang – wenn man nur einen Meter groß ist, wird man von | |
der Menge schnell verschluckt. | |
Das Kind ist also weg, und man weiß für ein paar lange, heiße Sekunden, was | |
Panik ist. Dann taucht ein Fremder mit dem heulenden Kleinen an der Hand | |
auf, und die Welt dreht sich weiter. Alles ist gut. | |
Im Fall von Tony Hughes (James Nesbitt) gibt es keinen hilfsbereiten | |
Fremden und nichts wird gut: Eine feiernde Menschenmenge an einem | |
französischen Hotelpool, das Jahr 2006, Frankreich gewinnt im | |
Viertelfinale. Nur kurz lässt Tony die Hand seines fünfjährigen Sohnes | |
Ollie los. Schnitt. | |
Zehn Jahre später ist der Vater noch immer auf der Suche nach seinem | |
spurlos verschwundenen Kind, gemeinsam mit Kommissar Julien Baptiste | |
(Tchéky Karyo), der besessen ist von einem Fall, den er nie aufklären | |
konnte. „Die Schuld ist wie ein Krebs, man kann die Symptome lindern, aber | |
nicht die Ursache“, sagen hier gleich zwei Protagonisten. | |
„The Missing“ ist eine britische Mini-Serie – das ZDF zeigt die erste | |
Staffel von 2014 in vier Doppelfolgen – die von der BBC völlig verdient | |
bereits um eine zweite Staffel verlängert wurde. Harry und Jack Williams | |
(Buch) und Tom Shankland (Regie) schaffen es mit irgendeinem geheimen | |
Zaubertrick, eine seltsam dichte Atmosphäre zu weben, eine Art schwarzes | |
Loch, das den Zuschauer förmlich einsaugt und nach 60 Minuten wieder | |
ausspuckt: Oberflächlich wirkt alles ruhig, beinahe verlangsamt erzählt | |
durch die ständigen Wechsel der Zeitebenen, doch eigentlich ist alles in | |
furchtbarer Aufruhr. | |
Wie trauert man also um einen verlorenen Sohn? Wie lebt man weiter mit dem | |
Gefühl der Schuld, nicht aufgepasst zu haben? Emily Hughes (Frances | |
O’Connor), die Mutter, legt sich einen neuen Ehemann und eine andere Frisur | |
zu, und versucht, „zu leben“, wie sie sagt. „Das gelingt dir offenbar ganz | |
gut“, sagt ihr Ex-Mann, und das ist keinesfalls nett gemeint. Sie sagt, als | |
er ihr von der neuesten Spur erzählt, in die er sich verbissen hat: „Du | |
siehst am Himmel eine Wolke und versuchst, darin irgendwas zu erkennen, und | |
jedes Mal wenn du das tust, ziehst du mich damit hinein, weil du weißt, | |
dass ich sie auch sehen muss. Und dann reißt es mir das Herz in Stücke.“ | |
Wer den Auftakt von „The Missing“ verpasst hat, steigt jetzt am besten | |
schnell ein. Und zwischen den Folgen fix ins Kinderzimmer gucken, ob die | |
Kleinen auch wirklich noch im Bett liegen. | |
30 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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