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# taz.de -- Luftverschmutzung in London: Mit der Atemmaske in die Schule
> Sadiq Khan, Bürgermeister der britischen Hauptstadt, setzt sich für
> sinkende Stickstoffemissionen ein. Ein Mittel: eine Emissionsmaut im
> Zentrum.
Bild: Dicke Luft in London
London taz | Manchmal gibt es Anzeichen für ein Umdenken. Man merkt es an
Menschen wie dem 38jährigen Ian Beettlestone. Seit fünf Jahren ist er
Fahrer eines traditionellen schwarzen Londoner Taxis. Taxifahrer wie er
haben in der letzten Zeit oft laut und vernehmlich gegen die Zulassung von
Unternehmen wie Uber protestiert.
Gegen eine andere Verfügung jedoch haben sie überraschenderweise weniger
einzuwenden. Ab Ende dieses Jahres dürfen nur noch solche Neufahrzeuge als
Taxi zugelassen werden, die mindestens 30 Meilen (48.28 Kilometer)
emissionsfrei fahren können. Beettlestone findet das sogar gut. „Ich will
nicht nur wegen des Taxis an einer Umweltschädigung schuld sein oder die
Gesundheit von Kindern gefährden“, sagt er. Den schwarzen Taxen, die
derzeit noch alle mit Dieselmotoren laufen, werden bis zu einem Fünftel der
städtischen Stickstoffemissionen zugeschrieben.
Einige bemängeln, dass die alten Dieseltaxen, deren Zulassung nach 15
Jahren ausläuft, von der neuen Emisionsmaut befreit werden sollen, die der
Bürgermeister im November dieses Jahres im Stadtzentrum einführt. Ab April
2019 will Khan dann eine neue Zone schaffen, in die nur Autos mit saubere
Motoren kostenfrei dürfen. Diese Zone soll bis zum Jahr 2021 bis an die
Außengrenze der Stadt erweitert werden.
Besitzer von Benzinern ohne Euro IV Standard und Dieselfahrzeugen ohne Euro
VI werden dann für das Privileg innerhalb der Zone zu fahren, zur Kasse
gebeten werden. Zwischen 14.50 Euro und 117 Euro je nach Motorgröße. Hinzu
kommt eine City-Maut (Congestion Charge) für jene, die bis in das
Stadtzentrum wollen.
## Ein Wahlversprechen von Khan
Das sind nicht die einzigen Maßnahmen des neuen Bürgermeisters Sadiq Khan,
um gegen die Luftverschmutzung zu kämpfen. Die Londoner Luft ist teilweise
so schlecht, dass die jährlich legal zulässigen Stickstoffwerte schon
innerhalb von nur fünf Tagen erreicht werden. Einer Londoner Straße
überschritt 2016 das legale Höchstmaß sogar 1200 Mal.
Jährlich sterben daran 9000 Londoner. Vor allem werden Kinder trügen
dauerhafte gesundheitliche Schäden davon, behauptet Khan, der selber an
Asthma leidet. Gegen die Luftverschmutzung vorzugehen, war deswegen eines
seiner Wahlversprechen.
Sein Vorgänger Boris Johnson hatte seine Amtszeit lieber mit einem
Wahlgeschenck an Parteifreunde begonnen, indem er die Congestion Zone in
den politisch konservativen Innenstadtteilen aufhob. Er verabschiedete sich
aus dem Amt mit der Nicht-Veröffentlichung eines Berichts über die
Auswirkungen der Luftqualität auf Schulkinder.
Erst im letzten Jahr seiner Bürgermeisterexistenz hatte er unter großen
Druck Maßnahmen angekündigt. Seit Khan wissen alle, dass Kinder in über 430
Londoner Schulen einer gesetzeswidrigen Luftverschmutzung ausgesetzt sind.
Die Hälfte davon verursacht der Londoner Autoverkehr.
## Unabhängige Abgasteststelle
So verschärfte Khan die Vorschriften für die von Johnson geplante Zone,
zusammen mit dem Kauf schadstoffärmerer Busse und Katalysatoren für ältere
Modelle. Mit dem Bürgermeister von Paris will er eine unabhängige
Abgasteststelle gründen – mit einem herzlichen Tritt in den Arsch von VW.
Auch die britische Regierung müsste mehr tun, denn der Verkehr auf der
Themse und in der Luft sei Teil des Problems. Den von einem
Untersuchungsausschuss empfohlenen Plan für den Bau einer weiteren Start-
und Landebahn in London-Heathrow bemängelte er.
Trotzdem genehmigte Khan wohl aus Angst vor dem Brexit selber den Ausbau
des kleinen London City Flughafens, der sich inmitten von Wohnsiedlungen im
Osten Londons befindet. Die Regierung muss wegen zweier verlorener
Gerichtsverfahren der Lobbygruppe Client Earth konkrete Schritte gegen die
illegale Luftverschmutzung vorschlagen.
Jaqui Dyson, 47, einer in Stadtzentrum lebende Mutter zweier kleiner
Kinder, ist all das nicht genug. „Hier geht es um die Gesundheit meiner
Kinder.“ Ihre Lösung: „Wir kaufen jetzt teuere Feinstaubfilter und
Carbonfilter für unsere Wohnung“.
## Filter im Klassenzimmer
Dann erzählt die Elternbeirätin einer Schule, dass Eltern solche Filter für
jedes Klassenzimmer besorgen wollen. Nebenbei empfahl vergangene Woche eine
Stadtverwaltung in Südlondon, dass Kinder auf dem Schulweg Atemmasken
tragen sollen.
Die meisten Londoner begrüßen die neuen Maßnahmen, auch wenn einige
BesitzerInnen von Kleinlastern oder Allradantriebwagen darüber schimpfen.
Das Umdenken in Sachen Auto ist nicht mehr aufzuhalten.
8 Apr 2017
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
Großbritannien
London
Sadiq Khan
Emissionen
Fahrrad
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