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# taz.de -- Historischer Horror: Im Wald wohnt die Angst
> Der Bremer Leonardo Re dreht einen historischen Horror-Kurzfilm. Mit
> öffentlichem Geld gefördert, will „Incubo“ dem Genre neues Leben
> einhauchen
Bild: Gespenstisches Mädchen in einsamer Hütte: Dana Herfurth als Lisbeth.
BREMEN taz | Frühjahr 1945: Lisbeth (Dana Herfurth) und Johannes (Henning
Beeck) kämpfen sich durch die chaotischen letzten Tage des Zweiten
Weltkriegs. Das junge Geschwisterpaar ist auf dem Weg zur letzten lebenden
Verwandtschaft in Bremen. In einem dichten Waldstück bei Hannover entdecken
die beiden eine verlassene Hütte und entschließen sich, einige Tage lang
dort zu rasten, denn Johannes ist krank. Zu seinem Schrecken beginnt
Lisbeth sich zu verändern – als sei sie nicht mehr sie selbst.
„Für einen Horrorfilm bedienen wir ziemlich wenige Klischees“, findet
[1][Leonardo Re], der Mann hinter dem Kurzfilm „Incubo“. „Klar, die
verlassene Hütte im Wald ist keine neue Idee, aber irgendwo müssen die
Protagonisten ja ankommen.“ Man breche mit den jüngeren Horrortrends,
verlasse sich auch nicht auf billige Schockmomente: „Der Film kommt im
Grunde ohne Blut aus“, erzählt Re. Spannung entstehe nicht durch Effekte,
sondern durch Johannes’ Unwissenheit und Hilflosigkeit.
Auch die Zeit, in der „Incubo“ spielt, sei ihm wichtig gewesen, sagt der
Filmemacher: „Es geht um die Ausweglosigkeit der Charaktere. Die beiden
sind alleine und haben nur einander.“ Einerseits könnte der Film
prinzipiell auch zu jeder anderen Zeit spielen, aber das nun gewählte
Setting mache die Situation authentischer. „Jugendliche landen heute ja
nicht einfach so in einer verlassenen Hütte im Wald und haben kein
Handynetz“, sagt Re. Einen historischen Film zu drehen, habe sich in Sachen
Kostümbild und Ausstattung als Herausforderung gezeigt. Zusätzlich
verkompliziert wurde der Dreh durch einen Prolog, der im Jahr 1810 spielt.
Die Dreharbeiten fanden zum Großteil bei Friesoythe im Landkreis
Cloppenburg statt, in einem abgelegenen Waldstück, das tatsächlich im
tiefsten Funkloch liegt. Bei Drehbeginn war der Boden matschig, mehrfach
blieben Autos stecken. Eine weitere Schwierigkeit: Hauptdarsteller Henning
Beeck ist erst 14 Jahre alt. „Er durfte nur drei Stunden am Tag drehen und
maximal fünf Stunden am Set sein“, sagt Re. Der ohnehin enge Drehplan sei
dadurch noch schwieriger zu bewältigen gewesen. Dass der Zeitrahmen von
sechs Drehtagen dennoch eingehalten wurde, führt Re nun ausgerechnet auf
den Drehort zurück: „Durch die Umgebung kam bei allen Beteiligten Ruhe
auf“, erzählt er. Anders als bei einer Produktion in der Stadt sei man
abends nicht nach Hause gegangen, wo die alltägliche Probleme warteten.
„Wir konnten nach Drehschluss abschalten.“
## Zehn Jahre altes Drehbuch
Vor über zwei Jahren war der 1991 im niedersächsischen Vorwerk geborene Re
auf der Suche nach einem Drehbuch und wandte sich an einen AutorInnenkreis
des [2][Filmbüros Bremen]. Horst Vogelsangs Vorlage – Titel: „Hunger“ �…
zu dem Zeitpunkt seit zehn Jahren in irgendeiner Schublade. Anfangs sollte
dann auch der Film „Hunger“ heißen. Weil es unter diesem Titel jedoch schon
zu viele andere gegeben habe, sei das Team auf „Incubus“ gekommen. „Das i…
der Name eines Dämons“, erzählt Re. „Aber wegen der gleichnamigen Band
haben wir uns auch dagegen entschieden.“
Die Lösung lag dann aber nicht mehr fern: „Incubo“, lateinisch für „ich
brüte“ – oder „Albtraum“ im Italienischen. Beide Bedeutungen, findet R…
passten inhaltlich gut. Außerdem drücke so ein lateinischer Titel schnell
eine Verbindung zum Genre aus, sagt er. „Bei Horrorfilm muss ich
automatisch an Trash denken“, so Re weiter. Aber das Drehbuch habe ihn
überzeugt. „Der Psychohorror macht den Film besonders“, findet er: „Er i…
ein bisschen so, wie Horrorfilme früher waren.“
Zur Finanzierung wandte man sich an die Nordmedia, die gemeinsame
Fördereinrichtung für Niedersachsen und Bremen. Um Mittel bereitgestellt zu
bekommen, erzählt Re, „musste der gesamte Film schon durchgeplant sein“.
Dazu gehöre eine vollständige Berechnung der Kosten. Von den beantragten
35.000 Euro seien am Ende nur 15.000 bewilligt worden, „trotz einer sehr
realistischen Kalkulation“, sagt der Regisseur. „Wir mussten fünf Personen
und einen ganzen Drehtag aus unserem Budget streichen.“
Weitere Projektförderung wurde bei der Bremer Kulturbehörde beantragt.
Dabei stießen die Filmemacher auf einige bürokratische Probleme. „Die
machen dort allgemeine Kulturförderung“, sagt Re. „Viele Formulare passen
nicht, wenn es sich bei dem Projekt um einen Film handelt.“ So habe man
etwa Angaben zum „Ausstellungsort“ und der Dauer der Ausstellung machen
sollen. „Die Sachbearbeiter sind Filmkalkulationen einfach nicht gewohnt“,
sagt Re.
Gleichwohl hätten die Verantwortlichen „uns voll unterstützt“. Durch die
Förderung des Senats sowie private Unterstützung konnte der Regisseur das
Team wieder aufstocken und zudem besser entlohnen: „Ich möchte niemanden
als unbezahlten Praktikanten umsonst für mich arbeiten lassen.“
Derzeit steckt „Incubo“ in der Postproduktion. „Ende August wird der Film
komplett fertig sein“, sagt Re. Dann plane er ihn bei Filmfestspielen
einzureichen. „Die großen Namen wie Berlinale oder Cannes setzen häufig
voraus, dass der Film bei ihnen Weltpremiere hat“, erklärt er. Dadurch
könne „Incubo“ vorher nirgends öffentlich aufgeführt werden. „Es wird …
definitiv noch eine große Premierenfeier in Bremen geben.“ Ein Vertrieb
werde sich um die weitere Verbreitung kümmern, ihn etwa bei kleineren
Festivals einreichen oder online anbieten.
Mit finanziellem Gewinn rechne er bei alldem freilich nicht, sagt Re
lachend: „Mit Kurzfilmen verdient man kein Geld.“
19 Apr 2017
## LINKS
[1] https://leonardo.re/
[2] http://www.filmbuero-bremen.de/home/
## AUTOREN
Sebastian Krüger
## TAGS
Filmförderung
Kurzfilm
Horrorfilm
Horrorfilm
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