| # taz.de -- Real Madrids Präsident Florentino Perez: Der geheime König und se… | |
| > Florentino Pérez ist nicht nur Chef von Real Madrid. Auch Politik, | |
| > Wirtschaft und Medien steuert er nach seinen Interessen. | |
| Bild: Der König grüßt – Florentino Pérez bei seiner Wahl zum Clubpräside… | |
| Madrid taz | Wenn der Präsident ein Problem hat, nimmt er sich den Trainer | |
| zur Brust. So will es die Fußballfolklore. Nur beim berühmtesten Klub der | |
| Welt laufen die Dinge nicht ganz so einfach. Da finanziert der Präsident | |
| lieber ein fiktives Onlineportal, das dann mit fiktiven Journalisten den | |
| Trainer unter Druck setzt. | |
| Was nach einer Persiflage auf Verschwörungstheoretiker klingt, wurde vor | |
| zwei Wochen in Spanien publik. Danach finanzierte Real-Chef Florentino | |
| Pérez mit 300.000 Euro das „Diario Bernabéu“ – benannt nach dem mythisc… | |
| Stadion, in dem Bayern München am Dienstag zum Rückspiel im | |
| Champions-League-Viertelfinale antritt. | |
| Betreut werden die Deutschen von Carlo Ancelotti, dem Trainer, dem einst | |
| durch das vermeintlich unabhängige Portal eingeheizt wurde. SMS an Pérez | |
| verraten etwa eine Kampagne im Fall des Präsidentenlieblings Gareth Bale. | |
| An Tag eins wurden zwei Artikel veröffentlicht: „Bale fordert seinen Platz“ | |
| und „Ancelotti, lass Bale spielen“. An Tag zwei fragte der „Diario | |
| Bernabéu“-Chefredakteur in der Pressekonferenz dann den Trainer, ob es | |
| nicht ein „exzessiver Luxus“ sei, Bale auf der Bank zu lassen. Die Links zu | |
| Texten und Video schickte er an Pérez. „Bien“, gut, schrieb der zurück. | |
| Das mittlerweile eingestellte „Diario Bernabéu“ bearbeitete weitere Themen. | |
| Es beklagte angebliche Schiedsrichterbevorteilung des FC Barcelona, | |
| diskreditierte die klubinterne Opposition oder versuchte, die | |
| Nachrichtenlage am Transfermarkt zu steuern – Dinge, mit denen sich Pérez | |
| selbst ungern die Hände schmutzig macht. Noch interessanter ist, wie das | |
| journalistische Scheinprodukt überhaupt aufflog. Ermittler stießen auf die | |
| einschlägigen Telefonate und SMS im Rahmen der Púnica-Affäre, eines von | |
| Spaniens größten Korruptionsskandalen. | |
| Der Chefredakteur des „Diario Bernabéu“, Alejandro De Pedro, gilt als eine | |
| Schlüsselfigur eines Netzwerks aus Politikern, insbesondere der | |
| Regierungspartei PP, und Unternehmern, das gegen Schmiergelder öffentliche | |
| Bauaufträge im Wert von mindestens 250 Millionen Euro veruntreute. Zwar | |
| sagte Pérez im Prozess aus, beide habe nur eine flüchtige Bekanntschaft | |
| verbunden, die Untersuchungsprotokolle verraten indes Treffen und mehr als | |
| 100 SMS. De Pedro scheint zeitweise als eine Art persönlicher Imageberater | |
| fungiert zu haben. | |
| Außer Fußballpräsident ist Pérez auch Bauunternehmer, der größte des | |
| Landes. Seine Firmengruppe ACS ist die zweitgrößte der Welt. Und die | |
| Geschichte mit dem Fantasieportal passt bestens in das Geflecht aus | |
| Wahrheiten und Legenden, das sich um seine Macht rankt. Stellt er seine | |
| Geschäftstüchtigkeit in den Dienst Reals? Oder dient Real seinen | |
| Geschäften? Die Debatte existiert seit Jahren, sie trennt Freund und Feind. | |
| Nicht wenige sehen in Pérez den heimlichen König Spaniens – und im üppigen | |
| Logenbereich des Estadio Santiago Bernabéu seinen Hofstaat. | |
| ## „Die Fäden des Landes“ würden in Bernabéu gezogen | |
| „In der Loge des Bernabéu werden die Fäden des Landes gezogen“, klagte | |
| Barcelonas Verteidiger Gerard Piqué kürzlich und spielte als Beispiel für | |
| anrüchige Informalitäten bei Kroketten und Cava auf Marta Silva an, zu | |
| Pérez erster Amtszeit (2000 bis 2006) im Vorstand Real, später | |
| Generalstaatsanwältin. „Die Person, die Messi und Neymar anklagte und, | |
| zufällig, bei Cristiano nicht diesen Weg ging.“ | |
| Piqués Darstellung der Affären um Steuern (Messi und Ronaldo) oder | |
| Kommissionen (Neymar) war holzschnittartig. Doch das Geschmäckle nährt sich | |
| dadurch, dass Silva just in den Tagen der „Football-Leaks“-Publikationen | |
| über Ronaldo abberufen wurde, wie auch durch die Anekdote, dass sie vorige | |
| Saison nach dem 3:0 von Madrid im Viertelfinale gegen Wolfsburg von Ronaldo | |
| einen Ball für ihren Sohn unterschreiben ließ. | |
| In seiner zweiten Amtszeit (seit 2009) hat Pérez den Ehrenbereich immer | |
| weiter in die VIP-Tribüne hineingebaut. Die Gäste kommen aus allen | |
| gesellschaftlichen Bereichen, besonders gern aus PP, Business und Justiz. | |
| Der einflussreiche Exregierungschef José María Aznar gehört dazu, auch der | |
| aktuelle Premier Mariano Rajoy ist Real-Fan. | |
| Der ehemalige PP-Schatzmeister Luis Bárcenas sagte in der „Gürtel-Affäre�… | |
| Spaniens größtem Korruptionsprozess der letzten Jahre, es sei ja wohl ein | |
| „Witz“, zu denken, dass Pérez ihn gebraucht habe, um zwischen Baufirmen wie | |
| ACS und Ministern zu vermitteln. Es gebe direktere Wege. „Die PP hat die | |
| Loge des Bernabéu, um Geschäfte zu machen.“ | |
| Real Madrids größtes Geschäft unter Pérez war zu Beginn des Jahrtausends | |
| die Umdeklarierung des alten Trainingsgeländes zu Bauland und sein Verkauf. | |
| Auf dem Areal nahe dem Bernabéu stehen heute vier Wolkenkratzer, die der | |
| Volksmund nach den Spielern Zidane (der heutige Trainer), Ronaldo (der | |
| Ältere), Figo und Beckham benannt hat – weil der mit der PP-Stadtverwaltung | |
| eingefädelte Deal ihre Transfers finanzierte. Die EU-Kommission ermittelte, | |
| konnte aber keine Unregelmäßigkeiten nachweisen. | |
| Anders als in einem jüngeren Fall: Ein Vereinsliegenschaft soll binnen | |
| wenigen Jahren um das 22-fache an Wert gewonnen haben, was selbst im | |
| Immobiliengoldrausch dieser Zeiten etwas zu absurd klingt. Die EU | |
| verdonnerte den Klub zu einer Rückzahlung in zweistelliger Millionenhöhe. | |
| Pérez selbst erklärte die angeblich sinistren Machenschaften in seiner Loge | |
| zum Mythos. Es handele sich vielmehr um „einen Begegnungsort, an dem Werte | |
| vermittelt werden“. Und damit die auch dem Fanvolk nicht entgehen, setzt | |
| Pérez auf eine aggressive Kommunikationspolitik. | |
| ## Die meisten Sportblätter sind auf Vereinslinie | |
| Dass sich in den unzähligen TV- und Radiodebatten über Real Madrid vom Klub | |
| bezahlte Journalisten tummeln, ist ein gern geglaubtes Gerücht. Und seine | |
| Einflussnahme auf Zeitungsredaktionen brachte in jüngerer Zeit klare | |
| Erfolge. Das zwischenzeitlich etwas distanziertere Sportblatt Marca ist | |
| nach dem letzten Chefredakteurswechsel wieder stramm auf Linie, und der | |
| Klubreporter von El País, der jahrelang etwas zu genau hinter die Kulissen | |
| blickte, wurde von Spaniens renommiertester Zeitung abgezogen. Wohl eher | |
| kein Zufall, dass der El-País-Chefredakteur auch schon in der Loge des | |
| Bernabéu gesehen wurde. | |
| Nur am wichtigsten Gegner hat sich Pérez bisher immer die Zähne ausgebissen | |
| – auch wenn eine von Real lancierte Kampagne dem FC Barcelona sogar mal | |
| systematisches Doping unterstellte. In Barcelona sind nicht nur Paranoiker | |
| daher der festen Meinung, dass hinter den Prozessen gegen Messi und Neymar | |
| eine „schwarze Hand“ stecke, eine Art politisch-justiziell-sportlicher | |
| Komplex aus PP, Staatsanwaltschaft und Pérez. | |
| Es mag Indizien dafür geben: etwa wenn eine Staatsanwältin den | |
| Weltfußballer Messi im Prozess um eine für Prominentenverhältnisse | |
| letztlich relativ handelsübliche Steuerhinterziehung mit dem „Capo einer | |
| kriminellen Struktur“ vergleicht. Auf der anderen Seite hat Barcelona | |
| niemand gezwungen, bei der Verpflichtung Neymars eine Reihe krummer | |
| Verträge aufzusetzen; die übrigens erstmals von einem Vereinsmitglied und | |
| glühenden Unabhängigkeitsbefürworter angezeigt wurden. Wobei es natürlich | |
| auch diejenigen gibt, die auch das nur für eine besonders perfide Allianz | |
| von Pérez halten – einer „für die Gesellschaft extrem negativen | |
| Persönlichkeit, die mit gezinkten Karten spielt“, so ein Intimfeind, der | |
| bekannte Sportjournalist José María García. | |
| „Florentino hat viel Macht, und das ist überhaupt keine Legende, sondern | |
| die Realität“, sagt Alberto Garzón, Sprecher des Linksbündnisses im | |
| spanischen Parlament. In den Verschwörungstheorien wird sie manchmal bis | |
| ins Unendliche erhöht. Pérez findet das möglicherweise gar nicht so | |
| schlecht. | |
| 17 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Florian Haupt | |
| ## TAGS | |
| Real Madrid | |
| Schwerpunkt Korruption | |
| Primera Division | |
| Spanien | |
| Fußball | |
| FC Barcelona | |
| Fußball | |
| Spanien | |
| Champions League | |
| Fußball | |
| Champions League | |
| Champions League | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Rekordtransfer Coutinho geht zu Barça: Verschärfter Entertainmentmodus | |
| Mit dem Kauf von Philippe Coutinho will der FC Barcelona wieder echtes | |
| Spektakel bieten. Nur der Zeitpunkt des übereilten Wechsels ist merkwürdig. | |
| Real Madrid in der Krise: Ermattete Helden | |
| Real Madrid punktet so wenig wie lange nicht mehr. Kritisiert wird die | |
| Personalpolitik und gar Klublegende und Trainer Zinédine Zidane. | |
| Korruptionsverdacht in Spanien: Für die Konservativen wird es eng | |
| Jetzt muss auch Regierungschef Rajoy aussagen. Die Korruption in Partei- | |
| und Staatsapparat ist allzu offenkundig. | |
| Bayern München in Champions League: Erfrischende Köpfe gesucht | |
| Vor dem Rückspiel gegen Real Madrid wirken die Bayern angespannt. | |
| Schmerzhaft zeigt sich die Abhängigkeit von Stürmer Robert Lewandowski. | |
| Bayerns Niederlage gegen Real Madrid: Planlos in Unterzahl | |
| Die Bayern verlieren ihr Viertelfinalhinspiel in der Champions League mit | |
| 1:2 gegen Real Madrid – und sind damit noch gut bedient. | |
| CL-Spiel München gegen Madrid: Schüler gegen Lehrer | |
| Reals Schreckgespenst: Trainer Carlo Ancelotti trifft mit dem FC Bayern auf | |
| seinen Ex-Klub und ehemaligen Assistenten Zinédine Zidane. | |
| Reform der Fußball-Champions-League: Die reichen Clubs werden noch reicher | |
| Die UEFA beugt sich dem Druck der großen Vereine. Die vier besten Ligen | |
| haben künftig die Hälfte aller Startplätze sicher. Auch das Geld wird neu | |
| verteilt. |