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# taz.de -- Korruptionsverdacht in Spanien: Für die Konservativen wird es eng
> Jetzt muss auch Regierungschef Rajoy aussagen. Die Korruption in Partei-
> und Staatsapparat ist allzu offenkundig.
Bild: Spaniens Regierungschef Rajoy will von Korruptionsvorwürfen nichts hören
Madrid taz | Die Luft wird immer dünner für Spaniens Konservative.
Verhaftungen, Rücktritte, Vorladungen – die Partido Popular (PP) kommt seit
Tagen nicht mehr aus den Schlagzeilen. Jetzt trifft es gar
Ministerpräsident Mariano Rajoy. Er muss als erster amtierender
Regierungschef Spaniens als Zeuge vor Gericht aussagen. Er soll im größten
Korruptionsprozess des Landes befragt werden.
In der Causa „Gürtel“ – so benannt nach der Übersetzung des Nachnamens …
Hauptangeklagten Francisco Correa – geht es um die systematische
Finanzierung von Rajoys Regierungspartei PP mit Geldern aus der Korruption
im Immobiliensektor, aber auch bei Geschäften mit Gemeinde- und
Regionalverwaltungen. Wann genau Rajoy vorgeladen wird, steht noch nicht
fest.
Das gilt nicht für seine Parteikollegin Esperanza Aguirre. Die ehemalige
Chefin der Madrider Regionalregierung (2003 –2012) muss am heutigen
Donnerstag im gleichen Verfahren als Zeugin vor dem obersten
Strafgerichtshof, der Audiencia Nacional, in Madrid erscheinen. In ihrer
Zeit soll die PP alle regionalen Wahlkämpfe mit Korruptionsgeldern
finanziert haben.
Ihre damalige Landesregierung nahm Unternehmen aus dem Umfeld Correas für
rund 7 Millionen Euro unter Vertrag. Hinzu kamen lukrative Geschäfte mit
Rathäusern überall in der Region, immer zu völlig überhöhten Preisen. Ein
Teil der Gelder floss dann als „Kickback“ an die Partei.
## Fake-News inklusive
Aguirres Vize und von 2012 bis 2015 Nachfolger an der Spitze der
Regionalregierung, Ignacio González, wurde am Mittwoch festgenommen. Die
Ermittlungsrichter werfen ihm vor, mit Geldern der regionalen
Wasserversorgung Canal Isabel II zu absurd überhöhten Preisen Unternehmen
in Lateinamerika aufgekauft zu haben. Auch dieses Geld floss, so der
Verdacht, teilweise in seine Taschen, teilweise in die Kasse der PP. Mit
millionenschweren Werbekampagnen sorgte die Wasserbehörde dafür, dass die
Presse der Regierung Aguirre wohlgesonnen war. Im Internet wurden sogar
„Nachrichtenwebs“ eingerichtet, die nur eine Aufgabe hatten: die Verdienste
der Konservativen zu preisen und die Opposition zu kritisieren.
Doch damit nicht genug. Anfang des Monats musste der Regierungschef der
Region Murcia, Pedro Antonio Sánchez, zurücktreten, nachdem dort ein
Gericht Ermittlungen gegen ihn einleitete. Es geht um Korruption im
Bausektor in seiner Zeit als Bürgermeister eines 15.000-Seelen-Ortes.
Und ein weiterer enger Vertrauter Rajoys, der ehemalige Wirtschaftsminister
und spätere geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds
(IWF), Rodrigo Rato, steht derzeit vor Gericht. Er soll im Amt Millionen
über Konten in Steuerparadiesen gewaschen und Staatsaufträge an eigene
Unternehmen vergeben haben. Für die großangelegte Bereicherung an der
Spitze der verstaatlichten Krisenbank Bankia wurde Rajoys Vorzeigeminister
Rato bereits zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.
Allein das Netzwerk „Gürtel“ hat – so Berechnungen der Presse – knapp …
Millionen Euro beiseitegeschafft. Correa bereicherte sich persönlich mit
119 Millionen Euro. Eine weitere Schlüsselfigur dieser Affäre, der
ehemalige PP-Buchhalter Luis Bárcenas, versteckte rund 90 Millionen Euro
auf ausländischen Konten. Bárcenas verteilte großzügig Umschläge mit
Schwarzgeld an wichtige Parteiführer. Auch Rajoy soll solche Zuwendungen
erhalten haben. Als die Polizei 2013 die PP-Geschäftsstelle in Madrid
durchsuchte, fand sie zwar die Computer von Bárcenas. Die Festplatten
jedoch waren herausgenommen und mehrmals gelöscht und anschließend mit
roher Gewalt zerstört worden. Auch dazu wird Rajoy wohl Rede und Antwort
stehen müssen.
Während die PP in einem Kommuniqué erklärt, dass die Vorladung Rajoys
„weder nützlich noch erforderlich“ sei, begrüßen die beiden
Oppositionsparteien, die sozialistische PSOE und Podemos, die Entscheidung
und verlangen eine parlamentarische Fragestunde zum Thema „Gürtel“.
Die rechtsliberale Ciudadanos, die sich den Kampf gegen die Korruption auf
die Fahnen geschrieben hatte, will die Minderheitsregierung Rajoy stützen,
solange dieser nicht angeklagt wird.
20 Apr 2017
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Mariano Rajoy
Schwerpunkt Korruption
Partido Popular
Podemos
Real Madrid
Spanien
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