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# taz.de -- Flughafen in Madeira umbenannt: CR7 hebt ab
> Der Flughafen auf seiner Heimatinsel Madeira wurde auf Cristiano Ronaldo
> getauft. Ein Museum und ein Hotel tragen schon seinen Namen.
Bild: Ronaldismus – Madeira führt neue Staatsreligion ein
Die Sonne schien, die Kinder hatten Blumen in der Hand und der
Premierminister schon Platz genommen, da stieg Cristiano Ronaldo aus einem
schwarzen Lieferwagen, seine neue Freundin Georgina im Schlepptau. Als kurz
darauf auch noch der Staatspräsident eintraf, konnte es losgehen mit der
„Hommage-Zeremonie“, wie diese in der Fußballgeschichte einmalige
Veranstaltung offiziell hieß: Cristiano Ronaldo, 32, hat jetzt seinen
eigenen Flughafen.
Genauer: Der bestehende internationale Flughafen von Madeira wurde nach ihm
benannt. Präsident und Premier befreiten die entsprechende Ehrenplakette
von einer portugiesischen Flagge, derweil parallel draußen über der
Eingangshalle sein künftig weit sichtbares Konterfei enthüllt wurde.
„Bom dia“ (Guten Tag), begann er seinen Beitrag im anschließenden Redeteil.
„Bom dia“, grüßten die vielen Kinder zurück, wie in der Schule. Dann wan…
er sich ans Publikum, namentlich die versammelten Honoratioren, souverän
bis ins letzte Detail. Dass ihn die anderen zum Teil ins Unermessliche
überhöhen, zum „Inspirationsquell aller Portugiesen“ (Präsident Rebelo de
Sousa), quittierte er mit nach oben gerecktem Daumen. „Ich werde immer
versuchen, Portugal und besonders Madeira zu ehren, mit Hingabe,
Opferwillen und Passion.“
Jetzt also der Flughafen. Hotel, Statue und Museum hatte Ronaldo ja schon
auf seiner Heimatinsel, und am Vorabend war sogar mal ein Requisit seiner
eigentlichen Kernaktivität hinzugekommen: ein Fußballspiel. Erstmals seit
Teenagertagen konnte er bei einem Test gegen Schweden den Insulanern wieder
direkt seine Künste zeigen.
Störend für die Festspiele erwies sich das Endergebnis von 2:3. Muss man
denn alles selber machen? Bis er unter donnerndem Applaus ausgewechselt
wurde, hatte Portugal geführt. Den ersten Treffer hatte er selbst erzielt,
das 71. Länderspieltor seiner Karriere, er ist damit der weltweit beste
aktive Schütze. Auf der Ehrentribüne zeigte sich Mutter María Dolores, die
Frau seines Lebens, gerührt, und Georgina, die Frau seines
Lebensabschnitts, protokollarisch. Zwischen ihnen saß der kleine Sohn,
dahinter stand Bruder Hugo.
In seinem alten Viertel hatten sich in den Tagen zuvor die Reporter
rumgetrieben. Einige stießen auf Hugo, wie er Karten spielte in der alten
Bar nahe dem inzwischen abgerissenen Haus in der Rua Quinta da Falcão, das
die Familie in Ronaldos Kindheit bewohnte. Eine Nachrichtenagentur brachte
es zu weltweiter Aufmerksamkeit mit der Aussage eines ehemaligen
Mitspielers von Cristianos erstem Klub Andorinha: Der kleine Ronaldo habe
jedes Mal geweint, wenn er verlor.
Für die Leute in den Hügeln über Funchal war das keine Neuigkeit. Im
Viertel Santo Antonio und auf der Terrasse des Vereinsheims wissen alle:
Ronaldo weinte sogar schon vor dem Spiel, wenn er ahnte, dass es
verlorengehen würde. Sein Vater musste ihn dann bearbeiten, damit er
überhaupt antrat; er verstarb an den Folgen jahrelangen Alkoholismus, da
war Cristiano Profi in Manchester. Oder sein Bruder, heroinabhängig, dem er
von seinem ersten Profigehalt eine Therapie bezahlte, nicht die einzige,
bis Hugo von der Droge wegkam.
Das war Ronaldos Wirklichkeit als Kind: ein stolzer, aber trinkender Vater,
eine Mutter von vier Kindern, die nicht umsonst so eine große Rolle in
seinem Leben spielt. Sie hielt die Familie irgendwie beieinander in einem
Viertel, wo man noch heute die Armut sehen kann, halbfertige Häuser,
eingeschlagene Fensterscheiben, gelangweilte Jugendliche.
Eine Heulsuse schafft es nicht, sich aus solchen Verhältnissen
herauszuarbeiten, und auch das erzählen sie am Vereinsheim von Andorinha:
Immer wenn Ronaldo greinend ging, kam er umso besser wieder zurück, am
nächsten Tag, zum nächsten Spiel.
## PR-Stunt für den Tourismus
Der Kampfgeist ist auch jetzt da, am Flughafen. Ohne sie namentlich zu
erwähnen, geht Ronaldo auf die Kritiker ein, die es auch gibt an dieser
Umbenennung. Als „eine Herausforderung an die Grenzen der Lächerlichkeit“,
bezeichnete sie der ehemalige Diplomat Francisco Seixas da Costa. Der
Schriftsteller und populäre Kommentator Miguel Sousa Tavares lästerte,
offenbar habe Madeira noch nie einen Architekten, Musiker, Maler, Literaten
oder Entdecker hervorgebracht: „Jetzt fehlt nur noch, die ganze Insel nach
Cristiano Ronaldo zu benennen.“ Und auch die Insulaner zeigen sich nicht
einstimmig beeindruckt: In Umfragen und Leserbriefen bewerteten viele
Bürger die Aktion als bloßen PR-Stunt für den Tourismus.
„Alles in Ordnung, wir sind frei und leben in einer Demokratie, jeder hat
das Recht zu seiner Meinung“, entgegnete Ronaldo. Dann wurden Verträge
unterzeichnet, Hände geschüttelt und eine Ausstellung mit Karikaturen zu
seinen Ehren in der Flughafenhalle besichtigt. Draußen gab es Freisaft für
Jung und Alt.
29 Mar 2017
## AUTOREN
Florian Haupt
## TAGS
Cristiano Ronaldo
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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Ronaldos Karriere komplett. Und er wäre besser als Messi.
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