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# taz.de -- Biologe Klaus Brunsing über Eisbärenzucht im Zoo: „Wir haben ge…
> Der Zoo Hannover wünscht sich ein Eisbärenbaby. Die potenzielle Mutter
> Milana wartet schon hinter den Kulissen.
Bild: Mmmhh, lecker: gefrorene Unterwasser-Torte.
taz: Herr Brunsing, warum wollen Sie im Zoo Hannover Eisbären züchten?
Klaus Brunsing: Freilebende Eisbären gehören zu den gefährdeten Tieren. Wir
schätzen, dass etwa 28.000 Eisbären in der Nordpolar-Region leben – Tendenz
abnehmend. Wegen der Klimaerwärmung werden die eisfreien Zeiten länger.
Dadurch ist es für die Eisbären immer schwieriger, ausreichend Nahrung zu
finden.
Was bringt es, die Art zu erhalten, wenn ihr Lebensraum nicht geschützt
wird?
Der Eisbär ist ein Botschafter für uns. Wir wollen die Menschen auf die
Problematik aufmerksam machen, und das geht am besten am lebenden Tier.
Außerdem wissen wir nicht, ob wir die Klimaerwärmung stoppen können und es
der Eisbär über Generationen schafft zu überleben. Deshalb ist es in Zoos
wichtig, eine Reservepopulation zu haben, um über eine Wiederansiedlung
nachdenken zu können.
Tierschützer sagen, dass es unmöglich sei, in Zoos gezüchtete, an Menschen
gewöhnte Tiere auszuwildern.
Das stimmt aber nicht. Es gibt viele Beispiele von Tierarten, die
erfolgreich wieder im Freiland angesiedelt wurden. In Hannover haben wir
zum Beispiel in den 80er- und 90er-Jahren gemeinsam mit anderen
europäischen und amerikanischen Zoos damit angefangen, verschiedene
Antilopen-Arten in ihrem ursprünglichem Verbreitungsgebiet in Nordafrika
wieder auszuwildern, die dort fast nicht mehr vorkamen.
Also geht es nicht vor allem darum, mit einem Eisbärenbaby eine Attraktion
zu haben?
Nein, darum geht es uns nicht. In unserem Zoo lebt gerade ein
Gorilla-Mädchen, das im November letzten Jahres geboren und von der Mutter
nicht angenommen wurde. Die Besucher können Yanga aber nicht sehen, weil
wir wollen, dass sie bald in eine Gorilla-Gruppe integriert wird, und da
ist es nicht von Vorteil, wenn sie zu viel Kontakt zu Menschen hat.
Wie bekommen Sie es hin, dass sich die Bären paaren?
Das ist Natur. Unser Eisbären-Weibchen Milana aus Moskau ist seit vier
Wochen da. Sie ist an den Stall gewöhnt und kommt im nächsten Schritt in
die Außenanlage. Dann können sich die Bären beschnüffeln. Unsere
Einflussmöglichkeiten sind natürlich begrenzt.
Wie vermeiden Sie Erbkrankheiten?
Für jedes Individuum haben wir Daten über den Stammbaum. Ein sogenannter
Art-Koordinator entscheidet, welche Tiere miteinander verpaart werden
sollen. Bei Eisbären ist Inzucht kein Problem, weil die Zoopopulation auf
viele Gründertiere zurückgeht.
Was heißt das?
Es sind Tiere, die mal aus dem Freiland gekommen sind.
Wie lange ist es her, dass sie gefangen wurden?
Mit der Einführung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens im Jahr 1975
gibt es Freilandentnahmen so gut wie gar nicht mehr. Eine Ausnahme ist,
wenn Waisenkinder gefunden werden. Diese Tiere werden in Zoos transferiert,
weil sie im Freiland keine Überlebenschancen haben.
Sie haben 2010 ein neues Eisbärengehege eröffnet. Worauf haben Sie beim Bau
geachtet?
Früher waren Eisbärenanlagen meistens Betonburgen. Man musste die Gehege
gut reinigen können. Wir haben da viel gelernt und versuchen Anlagen heute
abwechslungsreich zu gestalten. Es gibt bei uns unterschiedliche Böden –
Felsen, Rasen, Sand und Rindenmulch. Die Tiere haben Rückzugsmöglichkeiten
und bei Eisbären ist natürlich Wasser ein wichtiger Aspekt. Von den 2.600
Quadratmetern Gesamtfläche sind 900 Quadratmeter Wasserfläche.
Ist in dem Gehege noch Platz für einen dritten Eisbären? Eigentlich sind
die doch Einzelgänger.
Wir halten seit sieben Jahren erfolgreich Eisbären-Männchen zusammen. Das
ist eine Situation, die Sie so im Freiland nicht finden werden. Eisbären
sind über Nahrung gesteuert und jeder muss sehen, wo er bleibt. Doch es
gibt auch Situationen, in denen man viele Bären auf einem Fleck sieht, wenn
zum Beispiel ein Wal-Kadaver angespült wurde und genügend Nahrung da ist.
Unsere Tiere geraten eher in Stress, wenn man sie trennt, weil sie sich
auch miteinander beschäftigen.
Könnten die Männchen jetzt aneinandergeraten, wenn Milana dazukommt?
Klar. Deshalb haben wir die Jungs erst einmal getrennt.
Wollen Sie einen Bären weggeben?
Ja, das ist geplant.
Ist das nicht schwierig für die Männchen, weil sie sich aneinander gewöhnt
haben?
Das ist schwer zu beantworten. Aber bei unserem Arktos, den wir an einen
schottischen Zoo abgegeben haben, hat es gut geklappt, dass er sich an
einen anderen Eisbären gewöhnt hat.
Wann können die Besucher die neue Eisbärin sehen?
Das hängt davon ab, wie sich Milana eingewöhnt.
3 Mar 2017
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
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