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# taz.de -- Max Kruse bei Werder Bremen: Der gefeierte Böse
> Bei seiner Rückkehr nach Wolfsburg steht Werder-Stürmer Max Kruse im
> Blickpunkt. In Bremen schätzt man seine jüngsten Leistungen.
Bild: Mit der Nummer 10: Max Kruuuuuuuse
Bremen taz | Für eine normale Spieltags-Pressekonferenz war der Presseraum
im Weserstadion außergewöhnlich gut gefüllt. Schließlich präsentierte
Werder nach längerer Zeit mal wieder Max Kruse, der für gewöhnlich nicht so
gern mit der Presse redet. Aber vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg
führte an dem Ex-Wolfsburger natürlich kein Weg vorbei.
Alle hingen an den Lippen von Kruse, dem Unangepassten. So sieht er sich
zumindest selbst. Und in der gespannten Erwartung, einen
schlagzeilenverdächtigen Satz serviert zu bekommen, ging ein Satz unter,
der es auch ins Feuilleton hätte schaffen können.
Denn als der Kruse-Komplex über die skandalumwitterte Wolfsburger
Vergangenheit und die neue Führungsrolle in Bremen in zäher Kleinarbeit bis
ins letzte Detail seziert war, fiel jemandem noch die Frage an Trainer
Alexander Nouri ein, ob er sich manchmal bei dem Gedanken erwische, wo
Werder stehen könnte, wenn Kruse zu Saisonbeginn nicht so lange verletzt
gewesen wäre. „Ich habe noch keinen Weg gefunden, die Vergangenheit zu
beeinflussen“, sagte Nouri. „Deshalb schauen wir nach vorn.“
Diese Blickrichtung scheint der Öffentlichkeit bei Max Kruse schwer zu
fallen. Da kann er noch so gut spielen, sich zum Herrscher des Bremer
Offensivspiels aufschwingen und einen Claudio Pizarro vergessen lassen –
das Image des Bad Boys wird ihm stets hinterhergetragen. In Bremen tun sie
das umso genüsslicher, als vor Kurzem noch die Angst umging, Mannschaft und
sportliche Leitung könnten vielleicht zu nett sein.
## Kruse, Pizarro, Gnabry
Die an unbequemen Stars wie Johan Micoud oder Ailton nachgewiesenen
Resozialisierungsqualitäten hatten zuletzt bei Marko Arnautovic nicht
gegriffen. Dennoch zögerte Sportchef Frank Baumann nicht, als sich Anfang
dieser Saison die Chance ergab, den in Wolfsburg in Ungnade gefallenen
Kruse für einen annehmbaren Preis zu erwerben. Die Verkäufe von Jannik
Vestergaard und Anthony Ujah hatten genug Geld in die Kasse gespült, um die
Ablösesumme von rund sechs Millionen Euro zu zahlen.
In Bremen träumte man schon von einem magischen Dreieck Kruse, Pizarro,
Gnabry, das das Offensivspiel wieder zur alten Brillanz führen sollte. Doch
dann wurde der größte Teil der Hinrunde verletzungsbedingt zur One-Man-Show
des jungen Serge Gnabry und Werder stand von Anfang an im Tabellenkeller.
Seit Kruse wieder fit ist, prägt er das Bremer Spiel von Woche zu Woche
deutlicher. Obwohl er meist als Spitze nominiert wird, erstreckt sich sein
Aktionsradius fast über den ganzen Platz. Seit den Zeiten, als Pizarro hier
in Topform auflief, hatte Werder keinen so kompletten Spieler mehr, der
Ballsicherheit und Dynamik so in Einklang bringt.
## „Das ist ein Zocker“
Wenn Kruse den Ball hat, erinnert viel an die Aussagen von Uwe Harttgen,
der den damals 18-jährigen Hamburger als Leiter des Bremer
Leistungszentrums betreute: „Max ist ein Typ wie Thomas Müller, der ist
psychisch robust, den ficht nichts an“, sagte Harttgen. „Der nimmt den
Ball, geht drauf und löst damit etwas aus. Auch wenn er hängen bleibt – Max
geht weiter, das ist ein Zocker.“ Bedenkt man, dass Kruse zehn Jahre später
in Las Vegas bei einem erstklassig besetzten Zocker-Turnier seine Einnahmen
aufstockte, muss man Harttgen ein gutes Auge attestieren.
Dass Werder auch mit Kruse die ersten vier Spiele in diesem Jahr verlor,
lag auch daran, dass die wiedergewonnene Offensivkraft die unveränderten
Abwehrschwächen überdeckte. Der Sieg in Mainz am letzten Samstag wurde mit
einer wesentlich defensiveren Ausrichtung erzielt – die Werder wohl auch
heute Abend in Wolfsburg zeigen wird. Dabei wird Kruse noch mehr
Verantwortung auf den Schultern tragen, da die Mittelfeldstützen Clemens
Fritz (fünfte gelbe Karte) und Thomas Delaney (Gesichtsverletzung) fehlen.
Gut möglich, dass sich das Wolfsburger Publikum über die Bremer Nummer zehn
wundern wird. Man wird sich fragen, warum er nicht früher in Wolfsburg so
mitreißend und energievoll gespielt hat, und ihn möglicherweise auspfeifen.
Alexander Nouris würde wohl sagen: Das kann er sowieso nicht beeinflussen.
24 Feb 2017
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
## TAGS
Fußball
Fußball-Bundesliga
Werder Bremen
Max Kruse
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