# taz.de -- Protest gegen prekäre Beschäftigungen: „Stehe vor dem Nichts“ | |
> Honorarlehrkräfte des Goethe-Instituts in Bremen wollen plötzliche | |
> „Entlassung“ nicht hinnehmen | |
Bild: Hat einen super Ruf, beschäftigt aber vorwiegend Honorarkräfte: Das Goe… | |
taz: Sie möchten Ihren Namen lieber nicht nennen. Warum? | |
N.N: Es ist möglich, aber unwahrscheinlich, dass der Vorstand und das | |
Präsidium des Goethe-Instituts zurücktreten. Wenn dann noch Tarifverträge | |
geschaffen würden, wäre ich eventuell bereit, wieder für das Institut zu | |
arbeiten. | |
Warum arbeiten Sie nicht mehr als Deutschlehrerin am Goethe-Institut? | |
Ich habe vier Jahre als Honorarlehrkraft Deutschkurse am Institut gegeben. | |
Vor zwei Wochen kam dann die Nachricht, dass keine neue Honorarverträge | |
mehr geschlossen werden. Kurse, die mir und anderen Honorarkräften bereits | |
mündlich zugesagt wurden, finden nun nicht statt. | |
Kam das überraschend? | |
Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet. Das Goethe-Institut war mein | |
einziger Arbeitgeber, nun stehe ich vor dem Nichts und musste mich | |
arbeitssuchend melden. In einem unverschämten Schreiben behauptet die | |
Leitung dann auch noch, dass sie die Nachricht, dass die Deutsche | |
Rentenversicherung Scheinselbstständigkeit vermute, überrascht habe. | |
Hätte die Leitung das denn ahnen können? | |
Natürlich. Denn alle freien Mitarbeiter haben vor zwei Jahren ein Schreiben | |
von der Rentenversicherung bekommen, in dem sie Angaben zu ihrem | |
Beschäftigungsverhältnis machen sollten. Außerdem fordert die Gewerkschaft | |
GEW seit Jahren Tarifverträge für die freien Mitarbeiter. | |
Welche Anzeichen für eine Scheinselbstständigkeit konnten Sie als | |
Arbeitnehmerin feststellen? | |
Die meisten Honorarkräfte arbeiten ausschließlich für das Goethe-Institut | |
und sind damit von ihm abhängig. Bis vor Kurzen hatten wir sogar Fächer mit | |
eigenem Namen. Das zeigt, dass Honorarkräfte wie Festangestellte | |
eingegliedert sind. Außerdem sind wir stark an die Weisungen des Instituts | |
gebunden. Es wird uns vorgegeben, wann die Prüfungen sind und welche Bücher | |
in den Kursen benutzt werden müssen. | |
Wie sind die Arbeitsbedingungen beim Goethe-Institut? | |
Prekär. 70 Prozent aller Mitarbeiter sind wie ich auch Honorarkräfte. Damit | |
haben wir trotz gleicher Qualifikation wie die festgestellten Mitarbeiter | |
keinen Anspruch auf Urlaub und zahlen unsere Kranken- und | |
Rentenversicherungsbeiträge aus eigener Tasche. Außerdem werden die | |
Verträge oft sehr kurzfristig geschlossen. Montags finden Einstufungstests | |
statt und wir erfahren erst am Abend, welches Niveau wir ab dem nächsten | |
Tag unterrichten sollen. Der Vertrag wird dann kurz vor Kursbeginn am | |
Dienstagmorgen unterschrieben. | |
Warum würden Sie trotz der schlechten Arbeitsbedingungen erneut beim | |
Goethe-Institut arbeiten? | |
Ich arbeite sehr gerne als Sprachlehrerin für Erwachsene. In meinen Kursen | |
lerne ich viele interessante Menschen und ihre Kulturen kennen. | |
Demonstration „Wir sind Goethe. Fair statt prekär“: 15.02., 13 Uhr, | |
Boulevard der Universität Bremen | |
14 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Vanessa Reiber | |
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