# taz.de -- Grand-Slam-Sieger Roger Federer: Der Sehnsuchtsspeicher ist voll | |
> Nach dem Triumph von Melbourne lässt sich Tennisstar Federer von aller | |
> Welt feiern. Es ist eine fast schon zu kitschige Comeback-Geschichte. | |
Bild: Federer gibt sich am Tag danach im Botanischen Garten von Melbourne gewoh… | |
Melbourne taz | Und, wie war das, hatte er wirklich wie ein Rockstar | |
gefeiert? Zwölf Stunden nach seiner vollmundigen Ankündigung stand Roger | |
Federer beim offiziellen Fototermin in einem Park, und man sah ihm nicht | |
an, dass er nur eine Stunde geschlafen hatte; das schwarze Polohemd saß so | |
perfekt wie die Rückhand während des Turniers. Also, wie feiert ein | |
Rockstar? | |
„Da geht man nicht ins Zimmer, da geht man mit der Tennistasche in einen | |
Club, in eine Bar mit unseren Freunden und Familien. Ich wusste gar nicht, | |
wo es hingeht, es war alles super organisiert. Wir hatten einen DJ, und wir | |
konnten sagen, welche Musik wir gerne hätten.“ | |
Selbst Federer gab im Botanischen Garten zu, es habe schon heftigere Feiern | |
in seinem Leben gegeben. Aber dazu fehlten halt ein paar Stunden, die er | |
dazu gebraucht hatte, seinen 18. Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Ein Titel, | |
der in seiner Symbolkraft von Melbourne bis nach Basel leuchtet. | |
Auf der persönlichen Ebene ging es nicht darum, diesen 18. zu gewinnen, | |
sondern nach den Schwierigkeiten der vergangenen Jahre und der sechs Monate | |
dauernden Pause überhaupt wieder ein Ding zu drehen. „Es ist schwierig, | |
immer wieder zu sagen, ich kann noch große Titel gewinnen, ich kann das | |
noch! Die Fans, die Medien – niemand hat mir geglaubt.“ | |
## Nicht im Rückwärtsgang | |
Wahrscheinlich klappte es aber gerade deshalb, weil er nicht mit allzu | |
großen Erwartungen ins Comeback gestartet war. Die in der zweiten Hälfte | |
2016 entstandene Distanz zum Tennis half ihm, alle Speicher aufzuladen, | |
auch den der Sehnsucht. Und sie half ihm, auf eine Art zu spielen, die ihm | |
selbst gefällt und von der er weiß, was sie den Leuten weltweit bedeutet. | |
Kontrollierte Offensive, in diesem Fall begünstigt von einem Untergrund, | |
der im Vergleich zu den vergangenen Jahren ein schnelleres Spiel zuließ. | |
Die Behauptung, man könne heutzutage nicht mehr erfolgreich | |
Serve-and-Volley spielen, ist bis auf Weiteres widerlegt, auch mit Federers | |
Hilfe, der beschlossen hatte: Was es auch kostet, den Punkt zu gewinnen, | |
ich will es nicht im Rückwärtsgang tun. | |
Er sagt, dieser Sieg bedeute ihm so viel wie der erste in Wimbledon 2003 | |
oder der erste und einzige in Paris 2009. Aber selbst nachdem er eine | |
Stunde geschlafen hatte, kam ihm die ganze Sache immer noch unwirklich vor. | |
Er ging aus dem Zimmer, stand plötzlich im Flur und dachte: Stimmt, ich | |
hab’ wirklich gewonnen, das ist nicht nur ein Traum gewesen. | |
## Zwischen drei und halb sieben in der Nacht | |
„In der Vergangenheit ist es mir leichter gefallen, das alles zu fassen, | |
diesmal ist es unglaublich. Ich merke auch, es ist viel mehr Aufmerksamkeit | |
da, das ist noch mal pompöser, größer als jemals zuvor.“ Er sagt, es bewege | |
ihn, wie viele Menschen sich mit ihm freuen; es scheint eine Welt voller | |
Liebe zu sein, in der er sich bewegt, angefangen auf dem Fußboden mit | |
seinen Söhnen Leo und Lenny, die ihre Spielsachen in den Pokal legten, als | |
er ihn morgens präsentierte, während die Mädchen Myla und Charlene sich | |
gleich daran machten, den Pokal zu polieren. | |
Wie die Sache weitergehen wird? Zwölf Stunden nach dem ersten Sieg gegen | |
Rafael Nadal bei einem Grand-Slam-Turnier nach zehn Jahren taten ihm alle | |
Knochen weh, auch der Rücken. Das allerdings hatte nicht nur mit den | |
Anstrengungen des Spiels zu tun, sondern mit diversen Tänzen zwischen drei | |
und halb sieben in der Nacht. | |
Am Abend machte sich die Reisegruppe Federer auf den Weg nach Hause. Danach | |
stehen drei Wochen Pause auf dem Programm – die Töchter wollen Skifahren | |
gehen. Ende Februar wird man den Meister beim Turnier in Dubai, Anfang März | |
in Indian Wells wiedersehen. Und generell? Federers langjähriger Coach | |
Severin Lüthi meinte nach dem Finale: „Dieser Sieg hat sicher dazu | |
beigetragen, dass Roger noch länger spielen kann und will.“ | |
Bei der Siegerehrung hatte sich der Schweizer von den Fans mit den Worten | |
„vielleicht bis nächstes Jahr“ verabschiedet, und manche wollten darin eine | |
Andeutung erkennen, dies könnte sein letzter Start in Melbourne gewesen | |
sein. Nein, sagte er später dazu, so sei das nicht gemeint gewesen. „Aber | |
du weißt nie genau, wann dein letzter Grand Slam sein wird – vielleicht | |
verletze ich mich ja wieder.“ | |
30 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Doris Henkel | |
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