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# taz.de -- Risse im Holzwal: Mal eben das Universum kleben
> Die Sanierungen im Universum sollen den Betrieb nicht einschränken.
> Diplom-Holzwirt Johann Müller hat da so seine Zweifel. Er hat die Risse
> entdeckt.
Bild: Betreten der Baustelle nur mit Schutzhelm: Universum Bremen
Das Universum ist kaputt. 15.000 bis 30.000 Euro soll nach ersten Entwürfen
die Sanierung der Risse in der Holzkonstruktion kosten. Die seien
entstanden, weil Holz nun mal arbeite, sagt Bastian Bullwinkel, Sprecher
der 2000 eröffneten Wissenschafts-Ausstellung.
Betroffen sind neun Längsbalken im dritten Geschoss, die das Dach des
walförmigen Gebäudes tragen sollen: „Vereinzelt und an verschiedenen
Stellen sind dort Risse“, sagt Bullwinkel. Es seien keine akuten Schäden
und die Konstruktion sei nicht dafür verantwortlich: „Es ist ein normaler
Prozess.“ Spezialisten sollen nun die Risse kitten. Die leicht erreichbaren
Brüche sollen sie nach einem Gutachten zum Tragwerk binnen sechs Monaten
schließen, die höher gelegenen Bruchstellen innerhalb eines Jahres kleben.
Zwei Angebote von Dienstleistern liegen bereits vor, ein drittes steht noch
aus. Geplant ist, so Bullwinkel, die Sanierungsarbeiten „nach
Betriebsschluss durchzuführen“. Die Reparatur soll den Betrieb des Museums
nicht weiter beeinflussen. Wirklich genau könne man das jedoch erst sagen,
wenn sich die Museumsleitung auf die „genaue Ausgestaltung“ festgelegt hat.
Und die hänge noch von den Dienstleistern ab.
Mehrere Darstellungen berichteten, dass die Risse zufällig durch einen
Besucher entdeckt worden seien. Dem widerspricht Bullwinkel: Die Entdeckung
der Risse durch den Diplom-Holzwirt Johann Müller sei kein Zufall.
Bullwinkel sagt: „Er ist absolut vom Fach. Es ist gut, dass er uns darauf
hingewiesen hat.“
Das stimmt: Johann Müller hat fünf Jahre lang an der Normenreihe DIN 68800
zum Holzschutz gearbeitet – gegen Widerstände aus Industrie und
Materialprüfanstalten. Ins Universum ist er eigens für die Holzkonstruktion
gegangen. Und er hat noch einiges zum Thema zu sagen. Lesen Sie hier seinen
Gastbeitrag:
## Universum-Schäden waren schon länger bekannt
In der Holzkonstruktion des Universums sind an vielen Stellen Risse
aufgetreten. Nun liegt ein Gutachten vor, das Grundlage einer Sanierung
sein soll. Akute Schäden seien danach nicht vorhanden, eine sofortige
Sanierung somit nicht erforderlich.
Der Senatsvorlage für die vergangene Sitzung der städtischen Deputation für
Wirtschaft, Arbeit und Häfen ist zu entnehmen: Eine wiederholende Häufung
von Rissen an einer bestimmten Querschnittsstelle der Leimholzbinder wurde
nicht festgestellt, woraus geschlossen werden könne, dass bei der
Konstruktion keine systematischen Mängel vorlägen. Aufmerksame Besucher des
Universums mag diese Feststellung allerdings verwundern.
Denn im dritten Obergeschoss sind kaum Leimbinder zu finden, die keine
Risse aufweisen oder nicht bereits saniert wurden. Die verfüllten Risse
will man aber erst im Rahmen der Überprüfung des Dachtragwerks im
vergangenen Jahr gefunden haben. Dabei war es nicht möglich, den genauen
Zeitpunkt der Rissverpressung festzustellen. Wahrscheinlich sei, so die
Experten, dass diese noch während der Bauphase bis zum Jahr 2000 erfolgte.
Richtig viel Mühe hat man sich bei der Klärung dieser Frage aber wohl nicht
gemacht. Denn eine Anfrage bei der Nachfolgefirma des
Brettschichtholzlieferanten hätte dazu beitragen können. Dort liegt ein
Rissprotokoll für alle neun Binder vor, datiert vom 10. September 2002.
Die Risssanierung sei Ende 2002, Anfang 2003 durchgeführt worden, teilt die
Firma auf Nachfrage mit – also nicht während der Bauphase.
Entschuldigend wird festgestellt, dass das Gebäude in den ersten Jahren der
Stiftung Universum gehörte, bevor die Übernahme durch die
Besitzgesellschaft Science Center Bremen GmbH (BSC) erfolgte. Der lagen bei
der Übernahme keine Unterlagen zu den genannten Verpressungen vor.
Offenbar ist die Kommunikation zwischen den beteiligten Stellen nicht
optimal, denn der damalige Universum-Pressesprecher hat nach entsprechenden
Hinweisen bereits Ende Oktober 2015 die sanierten Stellen entdeckt und
bestätigt.
Ob das Universum während der nun geplanten Sanierung für das Publikum
gesperrt werden muss, kann Universum-Sprecherin Marena Grotheer noch nicht
sagen. Selbstverständlich würden aber die Verarbeitungshinweise der
einzusetzenden Produkte eingehalten, sagt sie.
Für die Sanierung von Rissen in Brettschichtholz gibt es nur wenige
zugelassene Mittel, zum Beispiel auf Basis von Epoxidharz. Sie sind mit
Risikohinweisen und Sicherheitsratschlägen wie „Sensibilisierung durch
Hautkontakt möglich“ und „Dampf/Aerosol nicht einatmen“ versehen. Als
Schutzmaßnahme wird eine gute Belüftung des Arbeitsplatzes gefordert, eine
Sanierung im laufenden Publikumsbetrieb dürfte somit also fraglich sein.
Autor Johann Müller ist Diplom-Holzwirt, Sachverständiger für Holz und
Holzschutz und arbeitet freischaffend als Fachjournalist
19 Jan 2017
## AUTOREN
Gareth Joswig
Johann Müller
## TAGS
Universum
Ausstellung
Holz
Schadstoffe
Bremen
Bremen
Universum
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