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# taz.de -- Spannende Weihnachtszeit: „Ich liebe Menschen mit Fehlern“
> Der Bremer Nils Willbrandt hat den TV-Thriller Der Thriller „Mörderisches
> Tal -Pregau“ geschrieben und inszeniert, der in Österreich spielt
Bild: Trotz stereotyper Gesten: Der Thriller vom mörderischen Tal Pregau ist s…
taz: Herr Willbrandt, wie kommt ein gebürtiger Bremer dazu, in Österreich
einen Film zu machen?
Nils Willbrandt: Ich bin als 18-Jähriger aus Bremen weggegangen und habe
dann in München und Hamburg studiert. Später habe ich mich umgeschaut, wo
ich meine Geschichten überhaupt erzählen kann. Dabei ergab sich irgendwann
eine bestimmte Verbundenheit mit den Österreichern, die ich gar nicht
richtig begründen kann. Vielleicht haben die Wiener und die Norddeutschen
ja einen ähnlichen Schmäh. Jedenfalls gab es dann plötzlich in Österreich
Freunde und Leute, die meine Arbeit mochten, mit denen ich solch ein großes
Ding auf die Beine stellen konnte.
Ihr Vierteiler „Mörderisches Tal – Pregau“ wirkt mit seinem schwarzen Hu…
wie ein Krimi der Wiener Tradition. Aber spielt das Norddeutsch-Sein eine
Rolle?
Absolut! Es ist wohl einfach so, dass meine abgründige Art, eine Geschichte
zu erzählen, da gut funktioniert hat.
Was war die Grundidee für diese knapp sechs Stunden lange Geschichte vom
Untergang der Mächtigen in einem Dorf in der Provinz?
Der Kernpunkt von all meinen Filmen ist ja die Ambivalenz des Menschen. Wie
wir darum kämpfen, gut zu sein, aber es dann doch nie ganz schaffen.
In ihrem Vierteiler entsteht die Spannung dadurch, dass man sich ständig
fragt, ob jemand aus einer scheinbar heillos verfahrenen Situation wieder
herauskommt. Und bis auf die ganz Schwachen gibt es keine wirklich
positiven Figuren. Ist es nicht ein Wagnis, solch eine pessimistische
Geschichte im Fernsehen zu erzählen?
Es ist tatsächlich schwer, so etwas im Fernsehen zu schildern, weil es im
Grund ein total empathisches Medium ist, bei dem die Zuschauer ihre Helden
gerne rückhaltlos lieben, aber ich liebe nun mal Menschen mit Fehlern.
Mit dem Polizisten Hannes gibt es einen eher gebrochenen zentralen Helden,
der auch der Erzähler ist. Warum erzählen Sie das so?
Das gibt dem Film von Anfang an eine Perspektive. Man muss ja zugeben, dass
ich da sehr viele Figuren auftische, und da haben wir versucht, ein so
starkes Zentrum zu finden, dass der Zuschauer merkt, wie sich alle um
diesen einen Kerl zentrieren. Denn die Kerngeschichte ist die seines
Versagens. Ich wusste, es gibt 53 Personen, die sind sehr schräg und die
Geschichte ist ungeheuer komplex. Wir haben das dann auch in Kinos getestet
und dabei gemerkt, dass die Zuschauer das alles aufnehmen können.
Nun wird „Mörderisches Tal – Pregau“ von der ARD über die
Weihnachtsfeiertage ausgestrahlt. Was denken sie über diese Terminierung?
Ich habe mich gewundert, aber als Filmemacher stecke ich in diesem ganzen
Terminierungsprozess ja nicht drin. Ich habe keine Ahnung, ob das gut oder
schlecht ist, aber solch ein großes Forum ist natürlich erst einmal ein
Geschenk. „Pregau“ lief schon in Österreich beim ORF mit sehr gutem Erfolg
und da wurde er im September am Montag, Dienstag, Freitag und dem nächsten
Montag gezeigt.
Wieso hat Ihr Film in Österreich einen anderen Titel?
Bei mir hieß der Film immer nur „Pregau“. Die Österreicher haben dann „…
Weg zurück“ hinzugefügt und in Deutschland heisst er jetzt „Mörderisches
Tal“. Das geht vom Sender aus. Da geht es um eine möglichst klare
Genrepositionierung.
Ihr Pregau wirkt wie die Hölle auf Erden, also ein Genreparadies. Schon,
dass das wichtigste Unternehmen des Ortes die Tierkörperverwertungsanstalt
ist, klingt gruselig. Ist das alles erfunden?
Es gibt diesen Ort in Österreich wirklich, mit der gleichen Firma, der
Familie und der Autobahn-Ausfahrt. Nur heißt er natürlich anders. Ich bin
da mal vorbeigefahren und hab’ gedacht, das ist wohl kein schönes
Touristendorf.
Hatten Sie als Deutscher Schwierigkeiten mit der österreichischen Kultur?
Ich hatte da schon Schwierigkeiten, die geheimen Informationen der Kultur
richtig zu lesen. Ich verstehe nicht immer den Subtext der österreichischen
Botschaften und umgekehrt geht es denen ähnlich. Mein Film ist also ein
kultureller Zwitter.
Könnten Sie als nächstes nicht zu ihren Wurzeln zurückkehren und ein
ähnliches Epos über ein Dorf in Niedersachsen machen?
Unbedingt! Das habe ich auch schon geschrieben. Ich bin als Zehnjähriger
von Bremen aufs Land nach Leeste bei Brinkum gezogen und in einer
Reihenhaussiedlung groß geworden. Mein Drehbuch heißt „Die Siedlung“ und
spielt genau dort.
23 Dec 2016
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
ORF
Film
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