| # taz.de -- Flüchtlingspolitik in Benin: Geld aus Europa – kaum Entwicklung | |
| > Benin ist Transitland, vor allem für Menschen aus Nigeria. Viele Beniner | |
| > versuchen in der Region zu bleiben und in Nachbarländern Jobs zu finden, | |
| > anstatt durch die Wüste Richtung Europa zu reisen. | |
| Bild: Der Präsident Benins, Patrice Talon, zu Besuch in Ankara | |
| Das kleine Land Benin mit seinen rund elf Millionen Einwohnern galt lange | |
| als das klassische Auswanderungsland. In verschiedenen Studien, die | |
| zwischen 2006 bis 2012 erschienen, wurde geschätzt, dass etwa drei | |
| Millionen Beniner außerhalb des Landes leben. Die Weltbank geht | |
| mittlerweile von vier Millionen aus, die 2013 insgesamt umgerechnet rund | |
| 112 Millionen Euro nach Benin transferiert haben. | |
| Laut Professor John Igue, Geograf, Hochschulprofessor und ehemaliger | |
| Industrieminister in Benin, wird es jedoch immer stärker auch zum | |
| Einwanderungsland, sodass laut Internationaler Organisation für Migration | |
| (IOM, International Organisation of Migration) 2,3 Prozent der Bevölkerung | |
| Migranten sind. Etwa drei Viertel stammen aus dem angrenzenden | |
| Nachbarländern Nigeria, Togo und Niger. | |
| Die Zahl der Beniner, die über den Landweg nach Europa gelangen wollen, | |
| hält sich allerdings weiterhin in Grenzen. 2015 wurden 845 Asylanträge in | |
| den EU-Mitgliedsstaaten, den USA, Kanada und Brasilien gestellt. Mit 363 | |
| Anträgen ist Deutschland das bedeutendste Land für Flüchtlinge und | |
| Migranten aus Benin. Die Aufnahmequote liegt weltweit jedoch nur bei 6,6 | |
| Prozent. In der Region beliebt bei Arbeitsmigranten beliebt sind indes | |
| andere Länder: die Elfenbeinküste, Gabun und weiterhin das Nachbarland | |
| Nigeria. Aktuelle, verlässliche Zahlen gibt es nicht, doch die ausgebauten | |
| Flugverbindungen deuten darauf hin, dass es zwischen diesen Ländern | |
| West-und Zentralafrikas mehr Reise- und Migrationsaufkommen gibt. | |
| Attraktiv ist Benins Wirtschaftsmetropole Cotonou – allerdings nicht nur | |
| für nationale Migranten, sondern für Menschen aus dem Süden Nigerias, die | |
| Benin als Transitland nutzen und von Cotonou aus ihre Reise in Richtung | |
| Nordafrika und ans Mittelmeer antreten. Anders als beispielsweise in den | |
| nigerianischen Städten Lagos oder Port Harcourt gibt es durchgehende Busse | |
| in die nigrische Hauptstadt Niamey. Möglich ist das durch das 1979 | |
| ratifizierte Abkommen zur Reise- und Aufenthaltsfreiheit (Protocol on Free | |
| Movement of Persons, Residence, and Establishment) der Westafrikanischen | |
| Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (Economic Community of West African States). | |
| Gefordert wird zwar beim Grenzübertritt von Nigeria nach Benin eigentlich | |
| ein ECOWAS-Reisepass. Gegen die Zahlung einer geringen Summe – etwa | |
| zwischen einem und drei Euro – ist zumindest am Grenzübergang Seme im | |
| äußersten Süden auch eine Überquerung ohne Papiere möglich. Einzelne | |
| Grenzbeamte betonen, dass es sich um eine Gebühr handelt. Häufig ist das | |
| jedoch unklar. | |
| Kein sicheres Herkunftsland | |
| Seme Border ist seit Jahren eine Großbaustelle, die bisher auf keiner Seite | |
| über technische Geräte, etwa für das Erfassen von Fingerabdrücken, | |
| verfügte. Alles wurde per Hand gemacht und auch so verzeichnet. Auch Pässe | |
| konnten nicht elektronisch erfasst werden. Gleiches gilt für den weitaus | |
| weniger frequentierten Übergang im Südwesten zum Nachbarland Togo. Der | |
| internationale Flughafen Cardinal Bernardin Gantin in Cotonou verfügt | |
| mittlerweile über Lesegeräte für Pässe. Jene Scanner für Fingerabdrücke | |
| werden sind zwar installiert, werden aber nicht genutzt. | |
| Zwischen Benin und Nigeria ist außerdem 2009 ein bilaterales Abkommen zur | |
| Bekämpfung des Menschenhandels, der ebenfalls häufig über Cotonou läuft, | |
| geschlossen worden. Es beinhaltet die Strafverfolgung der mutmaßlichen | |
| Täter sowie die Rückführung der Opfer ins Heimatland. 2011 folgte ein | |
| weiteres Abkommen gegen Kinderhandel mit der Demokratischen Republik Kongo. | |
| Benin wird von Deutschland nicht als sicheres Herkunftsland eingestuft, von | |
| der einstigen Kolonialmacht Frankreich jedoch schon; seit 2010 besteht ein | |
| bilaterales Rücknahmeabkommen. Ähnliche Verträge gibt es auch mit anderen | |
| ehemaligen Kolonien, etwa Burkina Faso und Kamerun. Generell gilt Benin als | |
| politisch stabil, was der friedliche Machtwechsel im März 2016 gezeigt hat. | |
| Anders als in den Nachbarländern werden Homosexuelle nicht verfolgt. | |
| Benin ist seit Jahrzehnten Liebling der europäischen | |
| Entwicklungszusammenarbeit. Das Land gilt als politisch stabil. Die | |
| Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist seit rund 35 | |
| Jahren vor Ort und hat 235 Mitarbeiter. Es gibt zahlreiche andere | |
| staatliche und private Kooperationen. Benin gilt als politisch stabil, was | |
| das Arbeiten vor Ort relativ leicht gestaltet. Benin ist jedoch weiterhin | |
| eines der am wenigsten entwickelten Länder. Im aktuellen Entwicklungsindex | |
| der Vereinten Nationen liegt es auf Platz 166 von 188. Im aktuellen | |
| Korruptionsindex von Transparency International (TI) belegt die ehemalige | |
| französische Kolonie Rang 83. Die Analphabetenrate lag 2008 bei 58,3 | |
| Prozent. | |
| In den vergangenen Jahren hat es mehrfach Projekte zur Migration gegeben. | |
| Ziel war es anfangs vor allem, fehlende Daten zu erheben. Ein weiteres – | |
| gemeinsam mit den Ländern Mali, Kamerun und Senegal – war das Programm | |
| Partnerschaft zum Management von Arbeitsmigration (Partnership for Labour | |
| Migration Management), das 2009 im Rahmen der EU-Afrika-Partnerschaft | |
| gestartet wurde. Ziele waren vor allem, internationale Stellenangebote | |
| öffentlich zu machen und eine bessere Vernetzung zwischen den | |
| westafrikanischen Ländern zu schaffen. | |
| Grundlage für die Kooperation zwischen der EU und Benin ist das | |
| Nationalprogramm (National Indicative Programme) 2014-2020, das Teil des | |
| aktuellen Europäischen Entwicklungsfonds für Afrika ist. Unterstützt werden | |
| die Bereiche gute Regierungsführung mit 184 Millionen Euro, nachhaltige | |
| Entwicklung in der Landwirtschaft mit 80 Millionen Euro. Weitere 80 | |
| Millionen Euro sind für den verbesserten Zugang zu Energieversorgung | |
| bestimmt. Auf die Unterstützung für die Zivilgesellschaft entfallen noch | |
| einmal 18 Millionen Euro. Die Summe im vorherigen Entwicklungsfonds der EU | |
| mit ähnlichen Schwerpunkten belief sich auf 380,37 Millionen Euro. | |
| Benin ist Standort des Multinationalen Maritimen Koordinationszentrums | |
| (MMCC, Multinational Maritime Coordination Center) der ECOWAS und dazu | |
| gezwungen, sich im Kampf gegen die Piraterie zu engagieren. Das Land ist | |
| wirtschaftlich stark von den Einnahmen aus dem Hafen abhängig, die etwa | |
| zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. 2013 hat die EU gut 4,5 | |
| Millionen Euro für das Programm Risikoreiche Seewege am Golf von Guinea | |
| (CRIMGO, Critical Maritime Routes in the Gulf of Guinea Programme) | |
| bereitgestellt. | |
| 12 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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