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# taz.de -- Intimdesign mit Symbolwert: Einmal Hitler, bitte!
> Bestellt man in Brasilien „Hitler“, wissen alle, was gemeint ist: eine
> Schamhaar-Frisur. In Deutschland ist „Bikini completo“ angesagter.
Bild: Was als Ei geht, geht auch als Intimfrisur: der Hitlerbart
Wenn man in Brasilien das Wort „Hitler“ hört, drehen nicht gleich alle die
Köpfe und fragen sich, ob da gerade ein Nazi redet. Hitler ist in Brasilien
kein so seltener Vorname. Zwar weiß man auch in Brasilien, wer Hitler war,
sein Name wird aber nicht nur mit der Person, sondern auch mit einem
Intimdesign verbunden.
Hitler nennt man in Brasilien den Waxing-Stil, bei dem nur eine kleine
Haarstraße über der Scham nicht entfernt wird, was an Hitlers Schnurrbart
erinnert. Dieser Trend entstand in den 1990er Jahren an der Küste
Brasiliens, wo sich die Methode, mittels warmem Wachs oder Zuckermasse die
Schamhaare zu entfernen, zuerst großflächig verbreitet hat.
Die heute weltweit als „Brazilian Waxing“ bekannte Methode hatte mit den
immer kleiner werdenden Bikinis und der Verbreitung von Tangas und
Microkinis zu tun. Je weniger Stoff den Intimbereich bedeckte, desto mehr
wurde das, was auf Intimes hindeutete, entfernt.
Der „Bigode do Hitler“ (Hitlers Schnurrbart) oder „Bigodinho do Hitler“
(Hitlers Schnurrbärtchen) war eine Lösung für Frauen, die gern knappe
Bikinis tragen, aber nicht wie Zwölfjährige aussehen wollten.
## Niemand fragt nach „Hitler“
Ein paar Jahre nach dem Erfolg in Brasilien wurde Hitler in die USA und
nach Europa exportiert. In der Preisliste europäischer Waxing-Studios wird
Hitler aber nicht als Hitler, sondern als „Landing Strip“ verkauft. Ein
richtiger Hit ist er aber in Deutschland nicht. Hier ist die meistverlangte
Intimrasur die, bei der nichts übrig bleibt: „Bikini completo“, alles weg
(Arsch inklusive).
Die brasilianische Betreiberin der Waxing-Studio-Kette „Bella Brasil“ in
Deutschland, Silvana Hoffjann, erzählt, dass 90 Prozent ihrer Kunden
Deutsche sind. „Niemand kommt hierher und fragt nach ‚Hitler‘, sondern na…
‚Landing Strip‘.“
Anders als deutsche Frauen bevorzugten Brasilianerinnen den Schnurrbart von
Hitler, erzählt Hoffjann. Und das, obwohl er teurer ist. Der „Bikini
completo“ kostet 22 Euro, Hitler 24 Euro. Hitler, erklärt Silvana, sei viel
komplizierter und deshalb teurer. „Die Haare müssen symmetrisch geordnet
werden, so wie der Schnurrbart des Diktators. Und das ist schwieriger, als
man denkt“.
## Verschämte Brasilianerinnen
Die brasilianische Gesellschaft ist konservativer als die deutsche – auch
wenn das dem Bild, das man hier von Brasilien hat, widerspricht. Die
Brasilianerinnen sind verschämte Puritanerinnen, reden weniger offen über
Sex oder Waxing. Oben ohne oder FKK ist in Brasilien gesetzlich verboten,
überall.
Hoffjann ist aus Manaus, einer Provinz in Nordbrasilien. „Die meisten
Brasilianerinnen rasieren sich selbst zu Hause. Wenn sie doch in einen
Salon gehen, dann immer zu derselben Person. Die Deutschen öffnen die Beine
leichter. Sie haben keine Scham“, erzählt sie.
Sosehr die Globalisierung uns alle näher bringt, sie sorgt doch immer noch
für Überraschungen: Das Land, in dem Hitler groß wurde, möchte keinen
Hitler auf seiner Scham. Und das Land, in dem man nirgends öffentlich seine
Scham zeigt, hat mit Hitler kein Problem.
1 Jan 2017
## AUTOREN
Fernanda Pugliero
## TAGS
Brasilien
Adolf Hitler
Frühling
Sexismus
Schönheitschirurgie
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