# taz.de -- Browser-Add-on „Web of Trust“: Offenbar Nutzer ausgespäht | |
> Die Browser-Erweiterung „Web of Trust“ soll schützen. Nun steht die | |
> Software im Verdacht, die Daten von Millionen Anwendern zu sammeln. | |
Bild: Besser erstmal nicht verwenden: „Web of Trust“ als Add-on für den Br… | |
BERLIN taz | Es ließen sich haufenweise naheliegende Witze machen. Über den | |
Namen des Browser-Add-ons Web of Trust und die Halbwertzeit von Vertrauen | |
im Netz zum Beispiel. Aber dafür ist die Sache zu ernst. Eine | |
Browser-Erweiterung, die für den Schutz der persönlichen Daten sorgen soll | |
und am Ende genau das Gegenteil tut, wie nun [1][eine NDR-Recherche | |
nahelegt] – wenn es noch etwas brauchte, um die | |
Ist-mir-doch-egal-haben-doch-eh-alle-meine-Daten-Haltung vieler Nutzer zu | |
festigen, dann das. | |
Dabei ist Web of Trust mit der gleichnamigen Erweiterung für den Browser | |
eigentlich eine brauchbare Idee: Nutzer bewerten die Vertrauenswürdigkeit | |
von Webseiten. Kommen viele positive oder negative Bewertungen zusammen, | |
können sich andere Nutzer damit ein Bild machen und entscheiden, ob sie dem | |
Anbieter etwa persönliche Daten anvertrauen. Oder eher nicht. Grün, Gelb, | |
Rot – ein Ampelsystem zeigt die Reputation der angesurften Seite. | |
Der Vorteil des nutzerbasierten Ansatzes ist aber auch ein Nachteil: Mit | |
der Popularität der Erweiterung machten Berichte von gekauften Bewertungen | |
die Runde. Beliebt ist das Add-on trotzdem: Über 140 Millionen Mal wurde es | |
nach Angaben der Firma bisher heruntergeladen. Das dürfte sich ändern: | |
Seitdem der NDR mit einer Recherche publik gemacht hat, dass die hinter dem | |
Add-on stehende Firma Nutzerdaten verkauft, die alles andere als anonym | |
sind, häufen sich auch in der Community des Anbieters die kritischen | |
Kommentare. Auf Anfrage der taz verweist das Unternehmen jediglich auf | |
seine Datenschutz-Bestimmungen. | |
Was das Problem Web of Trust nun zu einem Problem über den Einzelfall | |
hinaus macht, ist folgendes: Auch wenn nicht bei der Anonymisierung | |
geschlampt wird, ist es schwierig, dass eine Software, die der Privatsphäre | |
dienen soll, die Daten der Nutzer verkauft. Mit diesem Dilemma ist das | |
Unternehmen aber nicht allein. | |
## Was gesammelt wird, landet in den falschen Händen | |
Denn die Bereitschaft von Nutzern, für Software zu zahlen, ist gering. Eine | |
App für 99 Cent kratzt meist schon an der Grenze der | |
Investitionsbereitschaft. Aber wenn die Nutzer nicht zahlen, wenn es keine | |
Einnahmen aus Werbung gibt, kein selbstloser Investor oder eine | |
gemeinnützige Stiftung dahintersteht, die ProgrammiererInnen aber trotzdem | |
nicht ehrenamtlich arbeiten – woher kommt dann das Geld? | |
Svea Eckert, eine der AutorInnen des NDR-Beitrags, sagt, dass sie Add-ons | |
mittlerweile generell kritisch sieht. „Man muss eine Art Browser-Hygiene | |
betreiben“, empfiehlt sie. Also: Wenn überhaupt, nur wenige Add-ons | |
installieren. Wenn Add-ons, dann die Datenschutzbedingungen lesen und das | |
nicht nur beim Installieren, schließlich können sie sich ändern. Strenge | |
Privatsphäre-Einstellungen im Browser, am besten gleich zwei Browser | |
nutzen. Einen, mit dem man sich bei Diensten einloggt, da ist die | |
Anonymität sowieso dahin, einen weiteren fürs anonyme Surfen. Der | |
Tor-Browser könnte so ein zweiter sein. | |
Schützt der am Ende wirksam die Privatsphäre? Auch hier geht es am Ende um | |
Vertrauen. Wie ganz grundsätzlich bei Software. Schließlich hat kaum jemand | |
die Möglichkeit, das Wissen und die technischen Kenntnisse, sich mal eben | |
in den Datenstrom zu klemmen und zu analysieren, was eine App nach Hause | |
telefoniert. Im Fall Web of Trust vermutet Eckert, dass ein Verkauf an | |
einen Investor den Ausschlag gab, die Nutzerdaten zu Geld zu machen. Auch | |
dass ein Verkauf manches ändert, ist kein Einzelfall: Ganz aktuell etwa mit | |
den persönlichen Daten, die WhatsApp an Facebook weitergibt, zwei Jahre | |
nach der Übernahme. | |
Am Ende ist die Regel doch die: Was gesammelt wird, landet irgendwann in | |
den falschen Händen. Etwas, auf das man vertrauen kann. | |
2 Nov 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ndr.de/nachrichten/netzwelt/Nackt-im-Netz-Millionen-Nutzer-ausge… | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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