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# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Im Innern des Kunst-Films
> Kultur-Tipp der Woche: Rauminstallationen und Filmarbeiten von Alexandra
> Ranner im Georg Kolbe Museum. Die taz sprach mit der Künstlerin.
Bild: Aus der Apathie erwacht: „Glückseelige Männer“, 2016, HD Film, 12 m…
Im unmittelbaren Abstand liegt die größte Intimität. In [1][Alexandra
Ranners] neuer Filmarbeit „Flur“, die derzeit als Teil ihrer
Einzelausstellung [2][“Karmakollaps“] im Georg Kolbe Museum zu sehen ist,
klafft er zwischen den Figuren, die dicht gedrängt, aber jede für sich
vollkommen allein ihr Warten dem Tanztheater gleich in eine unmittelbar
spürbare Körperpräsenz übersetzen.
Es arbeitet sichtbar in jeder dieser einsamen Figuren. Nur auf den ersten
Blick irren sie umher, denn jede Bewegung ist platziert. Ziellost ist
vielmehr der unbestimmbare Ort: dystopischer Beton, meditatives Grün,
Bürotüren und ein Wellnessteppich statten diesen endlosen Flur aus, der
sich dank einer perfekten Greenscreen-Montage scheinbar unendlich in die
Tiefen des undefinierbaren Gebäudes zieht.
Ausgerechnet kleinbürgerliche Jalousien, die langsam herunter rattern,
schenken diesen Menschen ohne Orientierungspunkte in der Halbdunkelheit am
Ende einen Moment der Ruhe. Nebeneinander sinken sie in sich zusammen,
miteinander können sie nicht sein. Oder ist da doch eine stillschweigende
Solidarität, die niemand sieht, die noch kommen mag, die unmittelbar bevor
steht?
## Ich bin in einem Film und doch schaue ich auf einen Fernseher
Auch dem bewegten Bild scheint in Alexandra Ranners Werk stets ein
Abstandhalter als Filter beigegeben: Ein Raumteiler rahmt den Blick auf ein
Video zweier Männer, die zunächst wie künstliche Wachsfiguren wirken, bis
sie – scheinbar durch ein Fernsehsignal aus der Apathie geweckt – zu einem
lebhaften Tänzchen aus ihren Sesseln kugeln.
Die Schauspieler Jürgen Verch und Klaus Stephan verleihen den
„Glückseeligen Männern“ (ebenfalls 2016) eine Aura verzückter Entrückth…
Intim wird das Schauen auch hier: der gestreifte Teppich, die Wollsocken,
die weißen Unterhemden, die Dunkelheit, sie ziehen das Publikum in die
Tiefen eines Heimkinos, genannt Fernsehkeller, in dem sich die
Protagonisten zwillingsartig zu spiegeln scheinen, bis ihre Verspieltheit
die Seherwartungen unterläuft.
Ein vermeintlicher Einwegspiegel schließlich wird zum Trägerstoff optischer
Illusion. Durch die Tür in die Rauminstallation „Schlafzimmer II“ hindurch,
und es ist, als befinde man sich im Innern eines David-Lynch-Films, einer
surrealen, in bläuliches Schummerlicht getauchten Parallelwelt.
Den dunklen Teppichboden unter den Füßen lässt sich das Unterbewusste
sofort auf diese Traumsequenz ein, die eine Spiegelung suggeriert, wo nur
Luft ist. Ein Röhrenfernseher spiegelt sich, doch das ungemachte Bett, auf
das der Blick fällt, gibt es nur einmal. Trotzdem will der Sehrsinn mit
aller Kraft – bis zum titelgebenden Karmakollaps – diese virtuelle Realität
akzeptieren, die eigentlich nicht sein kann.
## Einblick (646): Alexandra Ranner, Bildende Künstlerin und Professorin an
der UdK Berlin
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie zuletzt an- oder auch aufgeregt?
Und warum?
Alexandra Ranner: Julian Rosefeldts „Manifesto“ im Hamburger Bahnhof, ich
war schon immer ein Fan seiner Kunst. Ich mag den Moment der
Gleichzeitigkeit, den er immer präzise findet, nicht nur den der formalen
Gleichzeitigkeit, sondern besonders den der emotionalen Gleichzeitigkeit.
Unterschiedlichste und konträre Begebenheiten und Gefühle existieren im
selben Moment nebeneinander, sind verbunden in einer offenen,
unauflöslichen Widersprüchlichkeit. Das versuche ich in meiner Kunst auch,
formal anders natürlich. Daher finde ich meine Ausstellung „Karmakollaps“
auch durchaus aufregend....!
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin können Sie empfehlen?
Das bedaure ich tatsächlich sehr, dass ich keine Zeit mehr habe, mich über
die aktuelle Musikszene zu informieren. Eigentlich liebe ich es, auf
Konzerte zu gehen. Daher kann ich nur sagen was ich gerne sehen würde:
China Women, Radiohead, Rammstein, ja tatsächlich auch Peter Fox, sehr gern
sogar, Rodriguez und viele mehr.
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie zurzeit
durch den Alltag?
Joachim Meyerhoffs autobiografische Bücher. Ich kenne niemanden, der
Menschen so intensiv beschreiben kann, dass man diese danach zu seinem
eigenen Freundes – und Verwandtenkreis zählt. Man kann sich ein Leben ohne
sie kaum mehr vorstellen.
Ich würde Herrn Meyerhoff so gerne die Menschen in meinen Filmen
beschreiben lassen, aber ich traue mich nicht ihn zu fragen. Daher ist dies
ja vielleicht ein guter Weg, an ihn zu appellieren – denn vielleicht liest
er die taz und ruft mich an, dann würde ich allerdings in Ohnmacht fallen!
Was ist Ihr nächstes Projekt?
Mein Atelier aufräumen.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen am meisten
Freude?
Da gibt es mehrere Dinge: Tegernseer Helles, Chiemseer Helles, Hexamer
Sauvignon Blanc, Knewitz Chardonnay – alles dann ab 9 Uhr Abends und auch
ein paar Zigaretten…
Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und
Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz
8 Nov 2016
## LINKS
[1] http://alexandra-ranner.com/
[2] http://www.georg-kolbe-museum.de/2016/10/alexandra-ranner-karmakollaps-2/
## AUTOREN
Noemi Molitor
## TAGS
Kunst Berlin
Einblick
Rauminstallation
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