# taz.de -- Solidarische Medien: Studio für nachhaltige Klänge | |
> Ein ökologisch gebautes Ton-und Grafikstudio in Bremen soll Medien für | |
> jeden bezahlbar machen. Vorbild ist die solidarische Landwirtschaft | |
Bild: Haben die Klangstube gegründet: Sebastian Klann und Jessica Holling. | |
BREMEN taz | Ein Tonstudio und ein Grafikbüro wollen die Grafikdesignerin | |
Jessica Holling und der Audiotechniker Sebastian Klann in der Bremer | |
Überseestadt aufbauen. Das Besondere: Durch ein solidarisches | |
Wirtschaftskonzept soll [1][die Medienagentur „Klangstube“] für jede/n | |
bezahlbar sein. Der eine zahlt mehr, der andere weniger. Dadurch soll ein | |
Ausgleich entstehen. | |
„Du entscheidest unseren Stundensatz! Wir geben lediglich eine Empfehlung | |
ab“, erklärt Holling daher in ihrem Crowdfunding-Video. Denn das Projekt | |
soll durch Spenden finanziert werden. Die Kampagne auf der Plattform | |
Stepnext läuft noch bis Mitte November, 15.000 Euro sollen zusammenkommen. | |
Das Grundgerüst des 40 Quadratmeter großen Tonstudios steht bereits. Im | |
Ringelpulli steht Klann zwischen den Sperrholzwänden und erklärt im | |
Werbevideo das Projekt, während die Kamera in den vier Meter hohen Raum im | |
Künstlerhaus Use Akschen 91 schwenkt. Die MacherInnen wirken tatkräftig. So | |
wollen sie mindestens den Studioraum fertig bauen, auch wenn weniger | |
zusammenkommt. | |
In der „Klangstube“ soll dann die Produktion und Bearbeitung von | |
Audioaufnahmen, die Gestaltung von Print- und Onlinemedien sowie Fotografie | |
angeboten werden. Klann spielt nebenbei Bassgitarre und singt, Holling ist | |
Schlagzeugerin, deshalb wollen sie MusikerInnen auch bei der Vorproduktion | |
unterstützen, wenn es mal Startschwierigkeiten gibt. | |
## Budget in den Hintergrund rücken | |
Das solidarische Prinzip soll dabei der Kreativität mehr Raum geben und das | |
Budget in den Hintergrund rücken lassen. So soll auch guten Bands ohne | |
ausreichender Finanzierung ein Studio und Marketinginstrumente zur | |
Verfügung stehen, sagt Holling. | |
Konkret würde ein Mindestlohn von 20 Euro pro Stunde die laufenden Kosten | |
decken, die Empfehlung der GründerInnen liegt bei 30–40 Euro. Wer mehr | |
zahlt, ermögliche dadurch andere spannende Projekte, heißt es auf ihrer | |
Internetseite. Dort steht auch, wie genau sich der Stundensatz | |
zusammensetzt, das soll Transparenz schaffen. | |
Erfahrung mit Tonaufnahmen haben Klenn und Holling schon mit einem | |
provisorischen Studio im selben Gebäude gesammelt. Zu Beginn hätten sie | |
nach einem Konzert die Band einfach angesprochen und mit privatem Equipment | |
eine Aufnahme gemacht, auf Spendenbasis. | |
Die Band war zufrieden, das sprach sich rum. So entstand der Kontakt zum | |
Bremer Instrumentenbauer Suso Custom Drums, der mit seinem Projekt | |
Achromatic Percussion ebenfalls ihr Angebot nutzte. Doch die | |
Aufnahmequalität reichte bald nicht mehr aus, der Raum bot zu wenig | |
Kapazitäten. Die GründerInnen suchten deshalb nach einem neuen Konzept. | |
## Vorbild auf dem Acker | |
Ein Vorbild fanden sie in der „solidarischen Landwirtschaft“. 102 | |
Agrargemeinschaften gibt es in Deutschland schon. In einer sind Klenn und | |
Holling Mitglied, im Werbevideo sieht man ihn mit glücklichen Schweinen | |
spielen. In den sogenannten „So-La-Wis“ tragen mehrere private Haushalte | |
durch einen regelmäßigen Beitrag die Kosten eines landwirtschaftlichen | |
Betriebs und geben den ErzeugerInnen eine Abnahmegarantie. Im Gegenzug | |
erhalten die KonsumentInnen einen Teil des Ernteertrags. Landwirte sind so | |
unabhängig vom Preisdruck des Marktes, KonsumentInnen haben einen direkten | |
Einblick in die Produktion. | |
Die „Klangstube“ hat sich davon den solidarischen Preis und den die | |
Netzwerk-Idee abgeschaut, um kleinere Bands zu unterstützten. Und auch sie | |
wollen unabhängig vom Marktdruck sein, sagt Holling. „Wir versuchen | |
generell, alles nachhaltig zu machen, damit niemand Schaden nimmt und | |
künftige Generationen die gleichen Möglichkeiten haben, wie wir“, meint | |
Holling. | |
Deshalb verwenden sie Lehmplatten für ein ausgeglichenes Raumklima und | |
Holzfaserstoff für die Dämmung, statt der üblichen Steinwolle. Dass sei | |
gesundheitlich unbedenklich und entspreche den Brandschutzverordnungen. | |
Außerdem wünschen sich die jungen UnternehmerInnen, mit der „Klangstube“ | |
möglichst viele Jahre zu bestehen, so steht es auf ihrer Internetseite. | |
Auch das zeigt die konzeptionelle Nachhaltigkeit. | |
Damit sind die GründerInnen Teil einer innovativen Denkschule, die | |
solidarisch-nachhaltiges Wirtschaften zusammenbringt, Netzwerke nutzt und | |
bereits laufende Projekte – wie die solidarische Landwirtschaft – auf | |
andere Unternehmungen überträgt. Bisher habe es viele positive Resonanzen | |
gegeben, meint Holling. Nun müsse die „Crowd“ entscheiden, ob das Projekt | |
sinnvoll ist. | |
12 Oct 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.startnext.com/dieklangstube | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Nöfer | |
## TAGS | |
Crowdfunding | |
Medien | |
Bremen | |
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